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Erste Schritte eines neuen Anleihenmarktes

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Im Schatten der ungarischen Parlamentswahlen Ist es zu einer wichtigen Neuerung auf dem ungarischen Kapitalmarkt gekommen. Mit der Emission der ersten konvertiblen Forint-Anleihe am 27. Mai 1994 hat der ungarische Staat Neuland betreten und deutliche Schritte zur Öffnung des Anleihenmarktes für Ausländer gesetzt. Bereits Ende 1992 wurde zwar eine Anleihe begeben, die auch für Ausländer erwerbbar war, doch war einerseits die Ausstattung relativ unattraktiv und andererseits war diese Anleihe für Ausländer nicht handelbar.

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Im Schatten der ungarischen Parlamentswahlen Ist es zu einer wichtigen Neuerung auf dem ungarischen Kapitalmarkt gekommen. Mit der Emission der ersten konvertiblen Forint-Anleihe am 27. Mai 1994 hat der ungarische Staat Neuland betreten und deutliche Schritte zur Öffnung des Anleihenmarktes für Ausländer gesetzt. Bereits Ende 1992 wurde zwar eine Anleihe begeben, die auch für Ausländer erwerbbar war, doch war einerseits die Ausstattung relativ unattraktiv und andererseits war diese Anleihe für Ausländer nicht handelbar.

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Mit der neuen Anleihe ist die Handelbarkeit gewährleistet und die Couponausstattung von 25 Prozent bei drei Jahren Laufzeit sollten auch für Investoren aus dem Westen ein interessanter Anreiz sein.

Diese Emission ist aller Voraussicht nach nur der Beginn einer weitergehenden Öffnung des ungarischen Anleihenmarktes. Laut Ankündigung der Notenbank soll bereits im August dieses Jahres die nächste konver-tible Anleihe folgen. Von der ursprünglichen Ankündigung, etwa jedes zweite Monat eine Emission mit einem Volumen von rund 15 Mrd. Forint durchzuführen, ist man zwar wieder abgegangen, dafür will man aber im Einzelfall eine Entscheidung darüber treffen, ob die jeweilige Anleihe nur für den Inlandsmarkt emittiert werden soll oder auch für Ausländer zugänglich gemacht wird.

Steigende Volumina...

Als relativ junger Markt bestehen am ungarischen Anleihenmarkt selbstverständlich noch einige Probleme, wie zum Beispiel das der mangelnden Liquidität. Rasches Wachstum verringert diese Schwierigkeiten allerdings laufend.

Noch 1992 hat es im wesentlichen nur einen Floater mit einem Volumen von 15 Mrd. Forint gegeben. Bis Ende 1993 ist das Volumen der Staatsanleihen auf knapp 240 Mrd. Forint angewachsen und soll heuer noch auf 420 Mrd. Forint gesteigert werden. Den bei weitem überwiegenden Teil der Nachfrage stellen mit deutlich über 90 Prozent inländische institutionelle Investoren. Ausländer waren ja bis vor kurzem nicht zugelassen und der

Retail-Sektor beginnt sich erst langsam zu beleben. Mit einer Änderung der Besteuerung von Privatpersonen sollte hier aber eine deutliche Stärkung der Nachfrage herbeigeführt werden: Seit 1993 können bestimmte Anleihenkäufe (Aktienkäufe seit 1991) bis zu einer Höhe von 30 Prozent von der Einkommenssteuer abgesetzt werden.

Hintergrund dieser Maßnahme ist der Versuch der ungarischen Behörden, die Sparquote in der Bevölkerung zu heben, um die Finanzierung des Budgetdefizi-tes zu erleichtern, ohne gleichzeitig durch crowding-out-Effekte den Kapitalmarkt insgesamt stark zu beeinträchtigen.

... bei mittleren und kurzen Laufzeiten.

Die Fristigkeit der meisten Anleihen ist eher kurz und reicht bis zu maximal fünf Jahre. Diese relativ kurzen Laufzeiten sind auf allen osteuropäischen ..Märkten dominant, wobei der Übergang zu längeren Laufzeiten ein sukzessiver Prozeß sein sollte und einhergehen wird mit der zunehmenden monetären Stabilisierung in den einzelnen Staaten. Die Zinssätze in Ungarn sind wieder relativ hoch, was sich einerseits aus den Inflationserwartungen und andererseits aus den Problemen der Finanzierung des Budgetdefizits ergibt. Im Jahresverlauf, vor allem aber in den nächsten Jahren wird von allen Seiten mit zurückgehenden Inflationsraten gerechnet, was auch die Anleihezinsen deutlich nach unten drücken sollte.

Die erste konvertible Anleihe

Nach vorläufigem Ergebnis sind vom geplanten Emissionsvolumen von 15 Mrd. Forint 8,75 Mrd. Forint untergebracht worden.

Das Interesse der Ausländer war unter Berücksichtigung des eher ungünstigen Ausgabezeitpunktes - politische Unsicherheit durch die Parlamentswahlen - beachtlich: angeblich dürften knapp 2 Mrd. Forint durch Ausländer geordert worden sein. Global Adviser des Finanzministeriums war die GiroCredit Bank, das.. Leadmanagement hat die OTP Übernommen. Bei einer rein inländischen Anleihe, die Mitte April begeben wurde und ebenfalls einen Coupon von 25 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren auswies, konnten vom geplanten Emissionsvolumen von 15 Mrd. Forint nur rund 700 Mio. Forint untergebracht werden. Die Nationalbank ist jedoch entsprechend dem Budgetgesetz 1994 verpflichtet, Anleihen im Wert von 80 Mrd. Forint pro Jahr anzukaufen, wenn sich sonst keine Käufer finden.

Trotz erwarteter HUF-Abwertungen...

Die im Vordergrund stehende Frage der Einschätzung des Wechselkursrisikos wurde bereits eingehend in den Osteuropa-Perspektiven im März 1994 abgehandelt. Unsere Einschätzung dazu hat sich nicht geändert.

Ausgehend von der Überlegung, daß die ungarische Nationalbank in den letzten Jahren laut unseren Berechnungen und nach ihren eigenen Aussagen den real effektiven Wechselkurs konstant gehalten hat bzw. 1991 sogar real effektiv aufgewertet hat und bisher keine Änderung dieser Politik angekündigt worden ist, ergeben sich je nach USD/DEM-Ein-schätzung Abwertungsszenarien* gegenüber dem USD von maximal 14 Prozent (bei DEM/USD 1,80) und gegenüber der DEM von max. 14 Prozent (bei DEM/USD 1,66) bis Jahresende 1994.

... ein lukratives Investment?

Nun sind erstens schon zwei Abwertungen 1994 gegenüber dem Währungskorb erfolgt und zweitens ist es zweckdienlicher, die Perioden Mai 1994 bis Mai 1995 usw. miteinander zu vergleichen. Gleichzeitig ist die Situation der ungarischen Leistungsbilanz seit mehr als einem Jahr - u. a. in Folge der Nachfrageschwäche im Westen wenig erfreulich, so daß nicht zuletzt unter einer neuen Regierung noch größere Abwertungsschritte erfolgen könnten, Doch selbst dann bleibt die Anleihe laut unseren Berechnungen ein attraktives Investment, dessen Return den von ungarischen Staatsanleihen in Fremdwährungen - szenarienabhängig - erheblich übertrifft oder zumindest knapp übertrifft**. Hält die ungarische Regierung an ihren Plänen fest, den Anleihenmarkt nach und nach für ausländische Investoren immer weiter freizugeben, so dürfte sich, wie der erste Schritt zeigt, ein weiteres interessantes Investmentfeld zu den traditionellen Märkten hinzugesellen.

Mag. Heinz Bednar GiroCredit Research

* vgl. Osteuropa-Perspektiveh März 1994 (Seite 22) ** Der ungarische Geld- & Rentenmarkt sowie diverse Investmentszenarios sind ausführlich in der GiroCredit Research Publikation „The Hungarian Financial Markets”, Spring 1994, dargestellt.

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