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„Es gibt keinen Kaufpreis!“

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FURCHE: Herr Abgeordneter, die FPÖ hat in ihrer Erklärung vom Jänner festgestellt, sie werde keine Koalition mit der SPÖ eingehen, sondern nur die ÖVP bei der Regierungsbildung unterstützen. Hält die FPÖ trotz des schlechten Wahlergebnisses und trotz der recht schleppenden Regierungsverhandlungen an dieser Erklärung fest?

ZEILINGER: Die Erklärung, die wir damals abgegeben haben, steht nach wie vor im Räume und wir fühlen uns daran gebunden. FURCHE: Würde sich diese Erklärung auch auf eine parlamentarische Unterstützung der SPÖ durch die FPÖ im Falle einer Minderheitsregierung beziehen? ZEILINGER: Ich muß vorausschicken, daß wir ausdrücklich festgelegt haben, daß unsere derzeitigen Entscheidungen sich nur auf die gegebene Situation beziehen, das heißt auf Bildung einer großen Koalition. Sollte die große Koalition nicht zustande kommen, wird die FPÖ-Partei-führung neu beraten. Eine parlamentarische Unterstützung durch die FPÖ wird, gleichgültig, ob es eine Minderheitsregierung oder eine große Koalition gibt, allein von den eingebrachten Gesetzen von Fall zu Fall entschieden werden.

FURCHE: Sie würden sich also nicht bereit finden, unter Umständen ein SPÖ-Minderheits-kabinett zu unterstützen oder aber ein solches Kabinett mit der ÖVP gemeinsam durch eine Vertrauensfrage zu stürzen? ZEILINGER: Die Regierung um jeden Preis zu stürzen, kommt für uns nicht in Frage. Wenn die Sozialisten Gesetze ins Haus bringen, die den Intentionen der Freiheitlichen entsprechen, werden wir diese selbstverständlich unterstützen. Darf ich ein Beispiel heranziehen? Wenn die Sozialisten ein neues Wahlrecht ins Haus bringen, das den Forderungen von uns Feiheitlichen, die wir seit 20 Jahren an ÖVP und SPÖ gerichtet haben, entspricht, dann werden wir dieses Gesetz auf jeden Fall annehmen. FURCHE: Würden Sie sich also durch ein Wahlrecht, das Ihren Intentionen entspricht, von der SPÖ auch zu einem Consensus in anderen Fragen ... ZEILINGER: Nein, auch eine Wahlrechtsreform oder ein ähnliches Gesetz könnte nie Kaufpreis für eine Unterstützung der SPÖ auch in anderen Fragen sein. Es hängt ausdrücklich von Entscheidungen von Fall zu Fall ab, ob wir ein Gesetz annehmen oder nicht.

FURCHE: Könnte etwa der dritte Nationalratspräsident später ein solcher Kaufpreis sein? ZEILIGER: Nein, es gibt keinen Kaufpreis für eine generelle Unterstützung. Es kann nur eine Unterstützung von Gesetz zu Gesetz in Frage kommen. FURCHE: Würden Sie im Falle des Scheiterns der derzeitigen Koalitionsverhandlungen noch eine Koalition ÖVPIFPÖ für möglich halten?

ZEILINGER: Diese Frage ist insofern nicht aktuell, als die ÖVP derzeit nur mit den Sozialisten verhandelt und in Richtung einer Koalition mit uns in der ÖVP überhaupt keine Tendenzen festzustellen sind. Die ÖVP sieht nur zwei Möglichkeiten: Koalition mit der SPÖ oder Opposition. Es wäre daher unzeitgemäß, von uns aus eine diesbezügliche Festlegung zu erneuern, aber ich darf noch einmal wiederholen: der Weg dazu ist auf Grund unserer Jännererklärung offen.

FURCHE: Noch offen — das würde also heißen, daß Sie eine Koalition der „Verlierer“, wie die SPÖ es nennt, noch für durchaus möglich halten?

ZEILINGER: Sie liegt theoretisch „drinnen“, ich halte es jedoch praktisch nicht mehr für realisierbar.

FURCHE: Fürchten Sie nicht, daß sich im Falle einer ÖVP-SPÖ-Koalition, der Trend zum Zweiparteiensystem verstärkt und daß damit eine solche Koalition der Anfang vom Ende der FPÖ sein könnte?

ZEILINGER: Ich nicht, <Ienn in der Zeit der großen Koalition hat die FPÖ an und für sich mehr Erfolge gehabt als während der Alleinregierung. Das zeigt, daß auch in Zeiten der großen Koalition Platz für eine dritte Partei vorhanden ist.

FURCHE: Würde eine solche große Koalition nach Ihrer Meinung wieder zu einer Lähmung oder einer Minderung ihrer parlamentarischen Arbeit führen? ZEILINGER: Das hängt wesentlich von der Koalitionsvereinbarung ab. Die Verhandlungen Scheinen aber in der Richtung zu laufen, daß man aus gegenseitigem Mißtrauen immer mehr den parlamentarischen Raum einengt. Ich möchte wiederholen: eine große Koalition zwischen den konservativen und marxistischen Kräften ist von Natur aus widersinnig. FURCHE: Dr. Kreisky sagt aber, die Sozialisten seien heute ein genauso demokratische Volkspartei wie die anderen Parteien. Auch unabhängige Fachleute erklären, die SPÖ habe sich vom Marxismus weit entfernt. Halten Sie das für richtig? ZEILINGER: Ich halte alle drei im Parlament vertretenen Parteien für demokratisch und kann daher die Äußerung Withalms, eine Koalition mit den Freiheitlichen würde der Bundespräsident nicht akzeptieren, nur für einen Versuch halten, die FPÖ wieder auf den Standard der fünfziger Jahre zu bringen. Und muß sie als eine „taktische Verleumdung“ ansehen.

* Mit Abg. Gustav Zeilinger sprach in der Salzburger FPÖ-Zentrale „Furche“-Mitarbeiter Georg Manhardt.

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