Es herrscht weiterhin Hunger neben vollen Töpfen

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Derzeit wird genug Nahrung erzeugt, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Wenn hunderte Millionen dennoch hungern, liegt es an der ungerechten Verteilung der Güter. Die Lösung der Ernährungsfrage stellt eine Herausforderung für den Globalisierungsprozeß dar.

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Derzeit wird genug Nahrung erzeugt, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Wenn hunderte Millionen dennoch hungern, liegt es an der ungerechten Verteilung der Güter. Die Lösung der Ernährungsfrage stellt eine Herausforderung für den Globalisierungsprozeß dar.

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Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erwartet für die kommenden Jahre eine weiter wachsende Weltbevölkerung, geht aber auch von einem leichten Rückgang der Zahl unterernährter Menschen aus. In den letzten Jahren (1995 bis 1997) waren rund 825 Millionen Menschen, davon 790 Millionen in Entwicklungsländern (darunter 180 Millionen Kinder), chronisch unterernährt.

Die Weltbevölkerung überschritt im Oktober 1999 die Sechs-Milliarden-Marke. Sie wächst in den letzten Jahren verhaltener um jährlich 75 Millionen. Die FAO rechnet für 2010 mit annähernd 7 Milliarden, für 2020 mit 7,5 Milliarden und für 2025 mit mehr als 8 Milliarden Menschen.

Der Bevölkerungszuwachs wird sich zu 97 Prozent auf die Entwicklungsländer und dort wiederum auf die städtischen Regionen konzentrieren. Und diese Entwicklung wird regional sehr differenziert verlaufen. 2025 werden nach Prognosen der UNO 85 Prozent der Weltbevölkerung in Entwicklungsländern leben; dabei werden Asien mit 54 Prozent und Subsahara-Afrika mit 15 Prozent über zwei Drittel der Weltbevölkerung aufnehmen müssen.

Die in den neunziger Jahren weltweit erreichten Erntemengen bei Getreide, Ölsaaten und Wurzel- und Knollenfrüchten sowie das Aufkommen an Fleischerzeugnissen und Fisch könnten nach Schätzungen der FAO ausreichen, um die heutige Bevölkerung zu ernähren. 1990-91 standen nämlich pro Kopf der Weltbevölkerung etwa 2.700 Kilokalorien pro Tag (kcal) an Nahrungsenergie zur Verfügung. Das bedeutet, daß theoretisch genügend Nahrung vorhanden ist, wenn man davon ausgeht, daß 2.500 kcal und 55 Gramm Eiweiß pro Tag für einen erwachsenen Menschen ausreichend sind.

Wie sich die Ernährungssituation im Licht der absehbaren Bevölkerungsentwicklung zukünftig darstellen wird, das wird in der derzeit weltweit laufenden Globalisierungsdebatte von Optimisten, Pessimisten und Realisten sehr unterschiedlich beurteilt, wie im Buch "Weltkulturen unter Globalisierungsdruck"1 nachzulesen ist. Befürworter und Gegner der Globalisierung streiten um Segen oder Fluch der neuen Modernisierungsoffensive (siehe Dossier Seite 13-15).

Neue Perspektive Die ungezügelte Entfaltung des Weltmarktes hat tiefreichende Folgen für Kulturen, Identitäten und Lebensstile in den außereuropäischen Großregionen: Es ergibt sich - so der brasilianische Präsident Cardoso - "eine völlig neue Perspektive für unser Auftreten auf der internationalen Bühne".

Die zentralen Fragen für die außereuropäischen Gesellschaften lauten: Sind sie fähig, sich rasch auf wirtschaftlichen und sozialen Wandel einzustellen? Wie viel Unterwerfung unter die Zwänge des Weltmarktes muß sein, wie viel Selbstbehauptung ist erforderlich, um die Identität und damit den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht zu stark zu strapazieren?

Fragen, die von der globalen Wirtschafts- und Umweltpolitik nicht unbeantwortet bleiben dürfen, zumal das Pulverfaß "Hunger und Wasserknappheit" ökonomische Kurskorrekturen erfordert. Wasser könnte im 21. Jahrhundert jene Ressource sein, die sich immer mehr Menschen teilen müssen. Bereits jetzt hat ein Drittel der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Übrigens ist Österreich, was die Wasserversorgung anbelangt, eine "Insel der Seligen": Weniger als drei Prozent des gesamten Wasservorkommens, das sind 2,6 von insgesamt 84,0 Milliarden Kubikmetern vorhandenen Wassers, werden verbraucht.

Der Autor ist Gruppenleiter im Bundesministerium für Land-, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Herausgeber: Rainer Tetzlaff; Verlag J.H.W. Dietz, 384 Seiten, Bonn 2000; Preis: ATS 181,

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