Europa im Lernprozess

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Sage noch einer, die europäischen Institutionen seien nicht lernfähig. Die Ablehnung des italienischen Kommissars Rocco Buttiglione, der für Innen- und Justizpolitik der EU-Kommission vorgesehen war, durch das europäische Parlament und der Rückzieher von Kommissionspräsident Barroso ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung der politischen Union.

Die Äußerungen des Italieners, der außerdem noch Berater des Papstes ist, zu den Fragen Homosexualität und Frauenberufstätigkeit wurden zunächst ja von der Fraktion der Konservativen im Parlament als "durchaus tolerabel innerhalb der europäischen Wertegemeinschaft" hingenommen, bis nicht nur Sozialdemokraten und Grüne, sondern auch Liberale gegen den Geist, der aus Buttigliones Worten drang, protestierten. Der europäische Wertekonsens, oft beschworen, selten ernst genommen, hat sich gerade in den Bereichen Homosexualität und Emanzipation eindeutig entwickelt - weit über den Stand der 50er Jahre hinaus, bei dem manche Konservative und offenkundig der Vatikan stehen geblieben sind. Schließlich gibt es für beides Richtlinien der EU, die diesen Wertekonsens festschreiben.

Hinter einen erreichten Konsens zurückzufallen, kann sich die EU gerade in der schwierigen Phase des Zusammenführens von alten und neuen Mitgliedsstaaten nicht leisten, ohne die Glaubwürdigkeit des gesamten Projekts zu gefährden.

Zu hoffen ist, dass der Grundrechtskatalog, den die neue EU-Verfassung enthält, auch in anderen Fragen gilt und nicht zugunsten kurzfristiger Partialinteressen aufgegeben wird: z.B in der Frage des wirtschaftspolitischen Kurses der EU oder in der Frage des Kampfes gegen den Terror. Fürs erste hat das europäische Parlament jedenfalls bewiesen, dass es für mehr steht als nur für populistische Spesendebatten.

Die Autorin war ORF-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

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