Fairer Handel - nun auch im Supermarkt

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TransFair und Interspar: Verbesserungsfähige Partnerschaft.

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TransFair und Interspar: Verbesserungsfähige Partnerschaft.

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Ist soziale Gerechtigkeit dem Normalverbraucher einige Schillinge wert? Am vergangenen Samstag begann ein großflächiger Test, der es zeigen soll. Ort: Alle 45 österreichischen Interspar-Märkte. Dort gibt es nun jeweils einen Ständer mit Drittweltprodukten, deren TransFair-Siegel garantiert, daß Kaffee, Tee und Schokolade, die auf diese Weise ausgeschildert sind, von kleinbäuerlichen Produzenten stammen und daß der erhöhte Preis diesen tatsächlich zugute kommt. Die Präsentation dieser Zusammenarbeit könnte allerdings liebloser nicht sein.

Der faire Handel konnte sich in den letzten Jahren in seiner Marktnische fest etablieren. Gemessen am Weltverbrauch, mag der Umsatz der Drittweltläden gering anmuten, aber für eine steigende Zahl von Kleinbauern bedeutete die Einbindung in den fairen Handel eine wesentliche Verbesserung ihrer Situation, wovon sich der Autor vor einigen Jahren in Nicaragua und Costa Rica selbst überzeugen durfte. Der Unterschied zwischen dem Weltmarktpreis und dem vom fairen Handel gebotenen bedeutet für den Konsumenten kaum eine Belastung. Für die Produzenten bedeutet er aber, daß sie ihre Zukunft planen können, da der faire Handel Abnahmegarantien bietet, daß sie in ihre Zukunft investieren können, da die Ernte bis zu 60 Prozent vorfinanziert wird, er bedeutet Selbstbestimmtheit, Schulbildung für die Kinder, bessere Gesundheitsversorgung.

Der faire Handel läuft über die Drittwelt-Importorganisation EZA 3 WELT. TransFair selbst, so dessen Geschäftsführer Helmut Adam, hat vor allem die Einhaltung der Bedingungen des fairen Handels zu überwachen und ihn in den Abnehmerländern zu fördern. Da fairer Handel nicht nur Freunde hat, wurde dann und wann versucht, ihn zu diskreditieren, was stets mit einer Enttäuschung der Gegner endete. Das positive Ergebnis für die beteiligten Kleinbauern ist unleugbar. Es sollten bloß ihrer viel mehr sein. Beim Kaffee stammen derzeit 17 Prozent der Weltproduktion von Kleinbauern. Der Löwenanteil gelangt als anonyme Massenware in den Handel. Auf der Produktionsseite wäre das Potential für den fairen Handel also gewaltig. Doch auch auf der Absatzseite ist es noch lange nicht ausgeschöpft. "Moral food" ist nicht nur in Österreich im Kommen.

Der faire Handel appelliert auch an das Eigeninteresse: Biologische Produktion, ein immer stärkeres Verkaufsargument, kann durch die Zusammenarbeit mit den Produzenten gefördert, kontrolliert und dem Konsumenten vermittelt werden.

Das Abkommen mit Spar ist ein Schritt aus dem wichtigen, aber kleinen Bereich der Drittweltläden in die große Welt der Supermärkte. TransFair und EZA erhoffen sich eine Ausweitung ihres Marktanteils. Für Spar wird der erzielbare zusätzliche Umsatz selbst im günstigsten Fall kaum ins Gewicht fallen, doch spielt hier der Image-Faktor eine wichtige Rolle. Unter den Menschen, die in den Supermärkten einkaufen, befindet sich mit Sicherheit ein Potential von Konsumenten, die für die Argumente des fairen Handels ansprechbar sind.

Lieblose Präsentation Der Versuch läuft bis Jahresende. Spar will die Regale nicht besonders intensiv bewerben: Man bietet den Produkten eine Chance, durchsetzen müssen sie sich selbst. Allerdings sollte der Konsument auf eine solche Innovation doch aufmerksam gemacht werden. Das Schild "Alles neu" und die üblichen Interspar-Logos sind dafür zuwenig. Es gibt nicht einmal einen Hinweis "Drittweltprodukte". Die Packungen müssen für sich selber sprechen, kleine Prospekte hängen völlig unauffällig herum.

Über die Minimal-Voraussetzungen für eine Weiterführung über das Jahresende hinaus schwieg sich Spar-Manager Manfred Häupl bei der Vorstellung der Zusammenarbeit mit TransFair und EZA aus. Sollte der fair gehandelte Kaffee "an die schwächsten Regio-Sorten" (Spars preisgünstige Eigenmarke) herankommen, wäre dies, so Häupl, "ein schöner Erfolg". Auch einen zwanzigfachen Umschlag der Erstausstattung der Regale fände man in Ordnung.

In den ersten dem fairen Handel gewidmeten Regalen einer österreichischen Lebensmittel-Kette liegen jeweils zwölf Produkte: Drei Mahlkaffees, ein Löskaffee, ein Grün- und ein Schwarztee sowie sechs Schokoladen. Die Erstausstattung umfaßt 24 Packungen Kaffee, 12 Packungen Tee und 22 Schokoladetafeln jeder Sorte. Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich unter den Kunden der Interspar-Märkte jeweils mindestens einige hundert finden, die den fairen Handel mittragen. Damit wird der "Spar-Test" auch Aufschlüsse über die Einstellung der Österreicher gegenüber der Dritten Welt liefern.

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