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Flug ins Kostendiaos

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„Die rasche technische Entwicklung verhindert eine echte wirtschaftliche Ausnützung des Flugverkehrs“, erklärte ein Vertreter der Deutschen Lufthansa vor wenigen Tagen angesichts der Kostenmisere, in der sich derzeit alle Weltfluglinien befinden. Die einen haben mit einem totalen finanziellen Desaster zu rechnen, die anderen — heute noch aktiv — rechnen bereits für die Zeit von 1970 bis 1980 mit einer wesentlichen Ab-schwächung der Expansion. Und hinzu kommt noch ein sehr schnelles Veralten der Fluggeräte, viel schneller als bisher, durch die rasante Entwicklung auf technischem Gebiet: Boeing 747, eine „neue“ Riesenmaschine, ist heute schon nur noch begrenzt einsatzfähig.

Als die Lufthansa — ebenso wie andere Fluggesellschaften — die neue Boeing 747 noch als „den“ Hit des Jahres 1970 anpries, verhandelte sie bereits über den Einkauf von DC-10-Maschinen der neuesten Type der Douglas-Werke. Grund dafür: Die Alitalia verkündete dieser Tage, nicht mehr warten zu wollen, sondern den Ankauf der DC-10 auf jeden Fall in eigener Regie vornehmen zu wollen. Die ersten Maschinen seien bereits in Auftrag gegeben worden.

Nun wurden bei den Fluggesellschaften die bisher nur aus dem Praktischen abgeleiteten Kostenrechnungen auch noch wissenschaftlich fundiert: Die „Weltwirtschaft“ — Halbjahresschrift des Instituts für Wirtschaftswissenschaft der Universität Kiel — bestätigte erneut die Ab-schwächung der Expansion im achten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts. Nach Ansicht des Instituts ist im Passagierverkehr mit einer Zunahme der Verkehrsleistung von 10 Prozent pro Jahr im Durchschnitt für 1970 bis 1975, und von etwa 9 Prozent für 1975 bis 1980 zu erwarten. Für die Luftfrachtbeförderung erwartet das Kieler Institut eine Steigerung von etwa 20 Prozent, ab 1975 von etwa 13 Prozent.

Viele europäische Fluggesellschaften — nicht nur die Austrian Airlines — kamen in eine äußerst schwierige Lage, die so oft auch in rote Ziffern führte. Viele Fluggesellschaften wurden gezwungen, für bestimmte Flüge nach Ubersee sehr bedeutende Ermäßigungen zu gewähren, um gegenüber Chartergesellschaften und sogenannten „Billigfluggesellschaften“, die nicht der IATA angehören, bestehen zu können. Der Wandel in der Ertragssituation hat fast alle IATA-Flugge-sellschaften erfaßt. Zwei markante Punkte kennzeichnen diese Periode roter Ziffern:

• Die Kapazitätsauslastung ist wesentlich zurückgegangen.

• Die Flugbetriebskosten — hier wieder vor allem die Personalkosten und die Ausgaben für das Passagierservice — sind stark gestiegen.

Ob sich auf diesem Gebiet etwas bessern wird? Darauf antwortet das Kieler Institut eher skeptisch: das Tempo der Kostensteigerung werde sich kaum verlangsamen. Die Kapazitätsauslastung lag bei 60 Prozent in den Jahren von 1950 bis 1960, dann nur noch bei 50 Prozent, seit 1969 sogar nur noch bei 48 Prozent. Derzeit ist auch innerhalb der IATA noch keine Einigung bezüglich einer

Senkung der Flugpreise zu erwarten.: Im Hinblick auf wirtschaftliche Aspekte müsse sich aber eine neue Entwicklung anbahnen. Um ein hohes Verkehrsaufkommen zu erreichen, das aber unbedingt notwendig sei, um wirksame Betriebskostensenkungen der Großraum- und Überschallflugzeuge zu verwirklichen, müssen die Preise attraktiv gestaltet werden. Das heißt aber: Senkung der Flugpreise und noch viel mehr Sondertarife als bisher.

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