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Fragen um unsere Holzbilanz

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Als eines der waldreichsten Länder Europas ist Österreich in der glücklichen Lage, über entsprechende Holzvorkommen zu verfügen. In den letzten Jahren hat es seinen Waldbeständen Derbholzmassen im Ausmaße von 11 bis 11,5 Millionen Festmeter jährlich entnommen. Jedenfalls wurde dieser Hiebsatz zur Gänze von der holzbearbeitenden und holzverarbeitenden Wirtschaft aufgenommen und zu Halb- und Fertigwaren verarbeitet und damit nicht nur der Inlandsbedarf gedeckt, sondern in noch größerem Maße der Export befruchtet.

In Anbetracht dessen ergeben sich einige sehr schwerwiegende Fragen, deren Beantwortung nicht nur die österreichische Forst- und Holzwirtschaft, sondern darüber hinaus unsere ganze Volkswirtschaft aufs ernsteste berührt. Diese Fragen sind u. a.:

1. Entspricht die obige Verbrauchsmenge an Derbholz dem nachhaltigen Holzzuwachs unserer Wälder und kann er ohne Schädigung der Waldsubstanz bis auf weiteres beibehalten werden?

2. Ist der Holzertrag unserer Wälder noch steigerungsfähig?

3. Können die einheimischen holzverbrau- chenden Industrien und Gewerbe in ihrer heutigen Kapazität mit dem einheimischen Anfall an Rohholz befriedigt werden?

Strengstes Haushalten mit dem Waldbestand

Zur Frage 1 gibt die in den Jahren 1952 bis 1956 durchgeführte Waldstandsaufnahme eine negative Antwort, da im Zuge derselben nach der gegenwärtigen Lage der überprüften Wälder als nachhaltiger Hiebsatz eine Menge von 8,523.720 efm ermittelt wurde.

Bedauerlicherweise haben sich die Erhebungen (sei es aus Mangel an Geld oder Zeit oder Arbeitskräften) nur auf die Forste ohne Wirtschaftsplan, auf die sogenannten Usia-Forste und auf den ausgesprochenen Kleinwaldbesitz erstreckt, deren Flächenausmaß allerdings zwei Drittel der Gesamtwaldfläche ausmacht.

Dagegen wurden beim sogenannten eingerichteten Wald (Staatswald und Privatwald mit Wirtschaftsplan), der das dritte Drittel ausmacht, die Wirtschaftsplanangaben unverändert übernommen.

Es ist nun eine bekannte Tatsache, daß bei der Erstellung der Wirtschaftspläne dieser Besitzkategorien mit der größten Vorsicht vorgegangen wird und die forstlichen Nachhaltigkeitsgrundsätze gewissenhaft eingehalten werden, was von den Forstbehörden laufend überprüft wird. Daher setzt sich der von der Waldstandsaufnahme ermittelte Hiebsatz aus zwei inkommensurablen Größen zusammen, die jedenfalls den Schluß zulassen, daß der forstlich zulässige Hiebsatz über dem durch die Waldstandsaufnahme ermittelten. Hiebsatze liegen wird. Dafür sprechen auch noch mehrere andere Argumente, so zum Beispiel, daß sowohl in den Wirtschaftsplänen als auch bei den Erhebungen der Waldstandsaufnahme Verschiedenheiten hinsichtlich des Anteiles der Vornutzungen, der Anpassung der Umtriebszeiten an die Bodenbonitäten oder die Tatsache, daß der Kleinwald grundsätzlich aussetzend bewirtschaftet wird u. a. m., im Ergebnisse der Waldstandsaufnahme nicht entsprechend berücksichtigt worden sind.

Außerdem muß berücksichtigt werden, daß die Waldstandsaufnahme im Zeitpunkt ihrer Durchführung in den untersuchten Wäldern noch die schweren Schäden der vieljährigen Holzkrise vor dem zweiten Weltkrieg und die Folgen dieses Krieges mit der zehnjährigen Besatzungszeit vorfand, hunderttausende Hektar noch nicht oder unzulänglich wiederaufgeforsteter Waldflächen ohne jeden Holzzuwachs, ferner Bauernwälder vorfand, die übernutzt waren, weil die Bauern mangels menschlicher Arbeitskräfte zur Motorisierung ihrer Landwirtschaft schreiten mußten und überdies im Zuge der Preisregelung ihre Produkte nicht kostendeckend erzeugen konnten.

Nach all diesen Betrachtungen kann jedenfalls der auf lange Sicht nachhaltige Zuwachs und dementsprechende Hiebsatz in einer Höhe angenommen werden, die nicht unwesentlich über 8,5 Millionen Festmeter liegt, jedoch nicht den gegenwärtig genutzten Hiebsatz erreicht. Daher wird eine gewisse Reduktion des Einschlages und strengste Haushaltung mit dem jährlichen Anfall geboten sein, bis der Gleichgewichtszustand in der Holzbilanz gefunden sein wird.

Dies leitet zur Beantwortung der Frage 2 über.

Wird die Forstwirtschaft ignoriert?

Als erster Faktor zur Verbesserung der Holzbilanzlage kommt vor allem die Forstwirtschaft in Betracht.

Sie ist es, die in ihrem ganzen Planen und Streb’n dahin wirken muß, die Holzerträge mit allen Mitteln zu steigern. Wir können mit Befriedigung feststellen, daß von ihr alle Anstrengungen gemacht werden, um die durch schwere Krisen verschuldeten Versäumnisse der Vergangenheit (hinsichtlich rechtzeitiger Wiederaufforstung von Kahlflächen, der Nachbesserung schadhafter Kulturen) zu beheben, den Ausbau und die Verbesserung der Bringungsanlagen und der technischen Einrichtungen zu forcieren, die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Begründung und Pflege der Bestände mit dem Ziele der Zuwachsförderung anzuwenden. Die Voraussetzung aber ist, daß sie finanziell und arbeitstechnisch hiezu in die Lage vers-tzt wird.

Man sollte meinen, daß die gegenwärtigen Preisverhältnisse in der Holzwirtschaft geeignet wären, die erstere Voraussetzung als gegeben zu bezeichnen. Leider ist es aber so, daß wohl die Forstwirtschaft ihren Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit mit ihrem auf drei Generationen abgestellten Wirtschaftsplan nachzukommen bereit ist, nicht aber immer die Allgemeinheit ihr gegenüber, zum Beispiel hinsichtlich der geradezu irrealen Besteuerung und einer konfis- katorischen, gegen eine gesunde Familienpolitik gerichteten Erbgebührenbelastung.

Leider scheinen auch nicht alle Zweige der Holzwirtschaft die Bedrohung zu erkennen, die auch ihnen durch diese Fehlentwicklung in der Finanzpolitik entsteht. Die Forstwirtschaft muß diese Belastung einerseits auf der Preisebene auszugleichen trachten, soweit dies überhaupt noch möglich ist. Letzten Endes muß sie ihre Produktion auf die noch rentablen Zweige einschränken, wodurch die holzverbrauchende Wirtschaft in ihrem Fortbestände ernstlich gefährdet wird.

Was die arbeitstechnische Seite des Problems anbelangt, so bildet der heute schon bestehende Mangel verfügbarer Arbeitskräfte in der Forstwirtschaft in gewissen Gegenden ein ernstes Problem. Großbetriebe versichern, daß ausschließlich aus Arbeitermangel gewisse Arbeiten im Forst unterbleiben müssen, die zu einer Steigerung der Erträge und hinsichtlich der rechtzeitigen Durchführung der Pflegehiebe zu einer wesentlichen Zuwachssteigerung führen müßten.

Gerade unter dieser Perspektive und zur Sicherung der allbekannten Wohlfahrtswirkungen des Waldes gegenüber der Allgemeinheit nimmt diese eine schwere Verantwortung für die gesunde zukünftige Entwicklung unserer Waldwirtschaft auf sich. Vergangene Jahrzehnte stellten sich zu diesen Problemen viel aufgeschlossener und trachteten, in Würdigung seiner öffentlichen Aufgaben, die öffentliche Belastung des Waldes so niedrig wie möglich anzusetzen.

Die Forstwirtschaft kann ihr Soll in der Bilanzsteigerung jedenfalls erfüllen, wenn sie dazu in die Lage versetzt wird. Der Holzertrag muß aber zweifellos herabsinken, wenn die berechtigten Wünsche der Forstwirtschaft vom Staate ignoriert werden. Videant consules!

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