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Für ein ruhiges Gewissen

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Sinnliches Wohnen”, „Der Holzweg ist der richtige”, „Die Grüne Linie”, „Produkte für einen gesunden Planeten”, „Gut leben statt viel haben”... So und ähnlich klingen die Slogans, mit denen für „natürliche” Möbel geworben wird. Und das mit gutem Grund. Denn immer zahlreicher werden die Menschen, die nicht nur „bio” essen, sondern auch „bio” wohnen wollen.

Die Hersteller garantieren, daß ökologische Möbel so weit wie möglich im Einklang mit Natur und Umwelt hergestellt werden: Ein Öko-Bett sei nicht nur aus Vollholz gefertigt, mit Bienenwachs eingelassen und ohne Metallverbindungen gebaut, es würde auch so lange halten, bis das verarbeitete Holz in der Natur nachwachsen kann.

Ein breiteres Publikum, das naturnah wohnen will, ohne die Kosten eines Kleinwagens in ein Wohnzimmer zu investieren, sprechen die großen Möbelhäuser Kika und Leiner mit ihrer „Grünen Linie” an. Durch hohe Produktionszahlen sollen „natürliche” Möbel für den Konsumenten erschwinglich werden.

Der% Markt sei jedenfalls vorhanden, drückt PR-Manager Friedrich Kern seine Zufriedenheit mit den Verkaufszahlen seit Einführung der „Grünen Linie” aus. Kern führt dies auf die ansteigende Reeinträchtigung der Menschen durch Streß und Umweltbelastungen zurück. Auch in Zeiten des Sparpakets verzichten die Österreicher nicht auf ein gemütliches und qualitativ hochwertig eingerichtetes Zuhause.

Die bereits etablierten kleineren Naturmöbelhersteller wie etwa die oberösterreichische Firma „Grüne Erde” spüren keine Konkurrenz durch größere Anbieter. Im Gegenteil: „Wir freuen uns über jedes Vollholzmöbel, das verkauft wird, auch wenn es nicht aus unserer Produktion kommt”, unterstreicht Friedrich Mayr-Kern von der „Grünen Erde” die Öko-Philosophie des Unternehmens.

Ökologische Möbel und die Mittel, mit denen sie beworben werden, sind nicht unumstritten (siehe nebenstehenden Kasten). So gibt auch „Grü-ne-Erde”-Mitarbeiter Mayr-Kern zu, daß es in der Branche „schwarze Schafe” gibt, die mit der Angst der Konsumenten vor einer „ungesunden Wohnatmosphäre” gute Geschäfte machen. Oft würden die Kunden daher zu hohe Erwartungen an die Möbel stellen. „Unsere Produkte können nicht heilen”, stellt Mayr-Kern klar.

Gerhard Schuster vom Österreichischen Institut für Baubiologie und -Ökologie (IBO) in Wien warnt in diesem Zusammenhang etwa vor „sündteuren Kristallen”, die, unterm Rett gelagert, positive Schwingungen verbreiten sollen. Solche Wohnaccessoires seien schlichtweg Unfug.

Ein - durchaus erwünschter - Nebeneffekt beim Erwerb ökologisch hergestellter Möbel hingegen ist die Gewissensberuhigung der Käufer. Gerhard Schuster dazu: „Vielen Menschen fehlt es aber noch an entsprechenden Informationen. Sie fahren beispielsweise zwar mit dem umweltverpestenden Auto, haben aber dafür zu Hause ein Bio-Schlafzimmer.” Es sei auch nur wenigen Menschen bekannt, ergänzt Schuster, daß Zigar-rettenrauch die Raumluft viel stärker belaste als mögliche Möbelausdünstungen.

Ein anderes Phänomen spricht Verbraucherexperte Karl Kollmann von der Wiener Arbeiterkammer an: Ökologische Möbel - meist um einiges teurer als die herkömmlichen Ein-richtungstücke, kritisiert er - werden zunehmend zum Prestige-Objekt für eine junge, umweltbewußte und finanziell gut situierte Käuferschicht.

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