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Als der österreichische Nationalrat am 25. Oktober 1967 das Forschungsförderungsgesetz annahm, mit dem die beiden Fonds für die Grundlagen und die angewandte Forschung geschaffen wurden, da sah er vor, daß die Bundesregierung jeweils bis zum 1. Mai einen Forschungsbericht vorzulegen habe. Diesmal, im ersten Jahr nach dem bedeutsamen Einschnitt in Österreichs Wissenschaftspolitik, mußte eich die Volksvertretung noch mit einem Zwischenbericht begnügen.

Schon die beiden Fonds waren mit der Vorlage ihrer Teilberichte in Terminnot gekommen, da ihre Konstituierung erst Ende Februar und Anfang März über die Bühne ging. Die Regierung wollte sich aber nicht darauf beschränken, das weiterzugeben, was die Fachleute der Hoch

schulen einerseits, der gewerblichen Forschung anderseits an Bedarf errechnet hatten. Ein umfassender Bericht über den Stand der Forschung und Entwicklung in Österreich und ihre Bedürfnisse sollte auch die Einrichtungen im Bereich der Landwirtschaft, des Sozialwesens und die dem Bundeskanzleramt unterstehende Kernforschung (Seibersdorf) einbeziehen.

Sie alle zusammen können zur Zeit — Stand 1967 — einen Anteil von etwa 0,6 Prozent des Bruttonationalproduktes für ihre Arbeiten einsetzen — in einer Zeiiį, in der in vergleichbaren Nachbarstaaten dieser Anteil längst ein Prozent BNP überschreitet. (Immerhin dürfte mit der Größe von 0,6 Prozent doch mehr der Wirklichkeit entsprochen sein als mit der bisher in der Dis

kussion immer umlaufenden von nur 0,3 Prozent, die sichtlich nur einen Teil der tatsächlichen Aufwendungen einschließen konnte.)

Forschungsfreundliches Klima

Der Vorrang von Bildung und Forschung stand seit der Bildung der Regierung Klaus, schon in der Koalitionsära, viel mehr noch in der unicoloren Phase, stets an der Spitze des Programms. Er hat sich bisher mehr im Bildungssektor bemerkbar gemacht. Die reinen Forschungsaufwendungen stiegen zwar im Verhältnis recht gewaltig — waren sie doch am Anfang minimal gewesen —, absolut aber blieben sie noch stark hinter dem Bedarf zurück. 32 Millionen für die Projekte der wissenschaftlichen (Grundlagen-) Forschung und etwas weniger für jene der angewandten konnten den wahren Bedarf nie befriedigen, auch wenn die Summen doppelt so hoch lagen als im Jahr zuvor. So forderte Prof. Hubert Rohracher, Präsident des neuen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und lange Jahre hindurch als Spitzenproponent des „Forschungsrates“ kaum bedankter Rufer in der Wüste, für 1969 für seinen Fonds 135 Millionen Schilling an, Präsident Robert Harmer für den Fonds zur Förderung der gewerblichen Forschung sogar 340 Millionen.

Die tatsächlichen Zahlen werden

erst in den Schlußverhandlungen um das Budget festgelegt werden können. Wie hoch sie diesmal auch sein können — innerhalb von zehn Jahren soll auch in Österreich der Anteil von Forschung und Entwicklung am Bruttonationalprodukt von den heutigen 0,6 auf 1 und dann weiter auf mindestens 1,5, möglichst bis auf 2 Prozent gesteigert werden. Um dies aber innerhalb von zehn Jahren zu erreichen, müßten die Ausgaben für diese Zwecke jährlich um rund 20 Prozent stärker wachsen als das nominelle Bruttonationalprodukt selbst. Der „Harmer-Fonds“ errechnete allein für seinen Bereich — die angewandte Forschung der gewerblichen Wirtschaft — für 1975 ein Soll von 1 Prozent BNP, entsprechend dann rund vier Milliarden Schilling.

Diese Steigerungen werden nie vom Bund allein erreicht werden können. Staat und Wirtschaft müssen Zusammenarbeiten. Die Bundesregierung kann hierzu eine ständige, schrittweise Erhöhung der Budgetmittel beisteuern, dann eine Verbesserung der steuerlichen Anreize für private Förderungsmaßnahmen und sie kann schließlich mithelfen, ein forschungsfreundliches Klima herzustellen.

Ein Schwerpunktprogramm soll dafür sorgen, daß die vorhandenen Geldmittel optimal eingesetzt und daß Doppelgleisigkeiten vermieden werden. In der Grundlagenforschung sollen vor allem jene Projekte unterstützt werden, in denen mehrere Wissenschaftsbereiche Zusammenarbeiten und von denen die angewandte Forschung und Entwicklung neue Impulse erwarten kann.

Unwissende Öffentlichkeit

Allein der bisherige Forschungsrat konnte in den acht Jahren seines Bestehens als Verein 45 Projekte der Grundlagenforschung mit einem Gesamtbetrag von 52,5 Millionen Schilling dotieren. Die für heuer verfügbaren Mittel reichten nicht, um die vorliegenden und auf ihre Förderungswürdigkeit geprüften 181 Projekte zu finanzieren. Das

„neuje Forschungsgefühl“ in. Österreich, die nun eindeutig sichtbar werdende verstärkte Förderung, wird- aber auch jene Projekte- aus den

Schubladen locken, die seit Jahren einsatzbereit gewesen wären, aber wegen der finanziellen Hoffnungslosigkeit gar nicht erst vorgelegt worden waren. Von den Projekten, die der Forschungsrat bisher förderte, gehörten zwei Drittel in den technisch-naturwissenschaftlichen

Sektor, 22 Prozent in die Medizin, 13 Prozent in den Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften.

Die Statuten der beiden Fonds setzen ausdrücklich als eine der Aufgaben die Aufklärung der öffent-

lichkeit über die Anliegen der Forschung fest. So verdienstvoll die bisherige Tätigkeit des Forschungsrates wie der in einem eigenen Verband zusammengeschlossenen kooperativen Institute war, so aktiv die beiden neuen Fonds als Rechtsnachfolger beider Institutionen ihre Arbeit auf neuer Basis aufgenom- men haben — die Öffentlichkeit hat kaum davon Notiz genommen,. weil sie zu wenig von den Problemen, den; Aufgaben, den konkreten Projekten erfuhr. Es genügt eben nicht,

bei so epochalen Ereignissen, wie es die Konstituierung der neuen Fonds war, eine Pressekonferenz einzuberufen und sonst allfällig bei routinemäßigen Kuratoriumssitzungen eine Notiz über die APA laufen zu lassen.

Öffentlichkeitsarbeit muß umfassend und kontinuierlich sein, wenn sie Erfolg haben soll. Es wird nicht möglich sein, die Öffentlichkeit „research minded“ zu machen, wenn nicht die Verantwortlichen „publicity minded“ sind.

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