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Christian Friesl, Bereichsleiter Gesellschaftspolitik bei der Industriellenvereinigung, im Interview über die Bedeutung des Trigos.

Der Trigos wird in den Kategorien Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Markt verliehen. Warum gerade diese Kategorien?

Christian Friesl: Im ökologischen Bereich gibt es schon viele Initiativen. Die neueren Themen des Nachhaltigkeitskonzeptes sind dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht so prominent vertreten. Also etwa, dass CSR (corporate social responsibility, Anm.) gesellschaftsverändernd sein soll, dass sie mit Markt zu tun haben kann, weil einerseits nachhaltige Produkte bewertet werden, aber CSR ja auch etwas ist, was dem Unternehmen nutzt und seine Marktposition verbessert.

Worum geht es beim Trigos abgesehen von der Prämierung besonderen Engagements?

Friesl: Er soll auch der Motivation der Unternehmen dienen, sich in diesem Bereich stärker zu engagieren. Es geht um die Frage, was ein Unternehmen in seiner globalen Verantwortung tun kann. Da kommen wir zu dem Punkt, der mir in der sonstigen Diskussion abgeht, dass CSR nicht nur ein unternehmensinternes Projekt sein soll, sondern dass CSR möglichst in die Unternehmensstrategie implementiert wird, dass es die Haltung eines Unternehmens verändert und dass darüber auch Gesellschaft verändert wird.

Die öffentliche Hand ist immer weniger in der Lage, gesellschaftliche Probleme zu lösen, wie die Debatten über das Pensions- und Gesundheitssystem zeigen. Sollen Unternehmen nun an ihre Stelle treten?

Friesl: Ich sehe CSR nicht als Ersatz. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung besagt ja, dass die Zukunftssicherung der Lebenschancen eine Aufgabe für alle Teile der Gesellschaft ist, für die Politiker, für die Bürger, für die zivilgesellschaftlichen Organisationen und für die Unternehmer. CSR ist ein politisches Konzept, das bedeutet aber auch darüber zu diskutieren, welche Rolle Unternehmen in diesem Gefüge, in diesem Netzwerk Gesellschaft haben. Da kann es schon sein, dass wir darauf kommen, dass vielleicht manche sozialen Probleme durch die Kooperation eines Unternehmens mit einer NPO leichter oder effizienter gelöst werden können als durch eine staatliche Regelung. Wichtig ist, dass CSR-Maßnahmen die staatliche Verantwortung nicht unterminieren sollen. Im Gegenteil, in manchen Fällen, etwa die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden, ist es durchaus so, dass Unternehmen und NPOs Politik machen, indem sie vom Staat auch etwas verlangen können.

Sie wehren sich dagegen, dass die Initiative in neue Gesetze mündet. Warum?

Friesl: Wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen mit CSR keine Gesetze wegbekommen, aber auch keine neuen dazu. In Österreich ist gerade im Bereich Soziales und Ökologie schon sehr viel geregelt. Es geht vielmehr um einen intensivierten Dialog zwischen Unternehmen, NPOs, Politikern und Bürgern. Ich glaube, dass die Zeit der eindeutigen Zuständigkeiten vorbei ist und es eine Fülle von Aktivitäten gibt, über die man neu diskutieren kann, vor allem auch, was regionale Projekte betrifft. Es ist ein bisschen ein Nachteil der österreichischen Politik, dass man immer meint, man müsse alles für das ganze Land von A bis Z regeln. Ich würde der Eigeninitiative der Betroffenen mehr Vertrauen schenken.

Sehen Sie die Gefahr, dass CSR nur als PR-Gag dienen könnte?

Friesl: Dort, wo jemand diese Haltung der Nachhaltigkeit nach außen transportiert und auch verinnerlicht, gehe ich davon aus, dass es kein PR-Gag ist. Das wäre ja auch schnell entlarvt.

Wir dürfen ja auch nicht davon ausgehen, dass Unternehmen und die dahinter handelnden Menschen, die beteiligten Mitarbeiter, grundsätzlich schlechtere wären als die auf Konsumentenseite oder in der Öffentlichkeit. So ist es doch nicht - bei allen Sachzwängen, die Internationalisierung und Globalisierung mit sich bringen -, dass hier nur sterile Personen agieren würden, die nichts anderes im Kopf haben als die Gewinnmaximierung. CSR hat sehr viel damit zu tun, dass es Führungspersönlichkeiten und Mitarbeiter gibt, die darüber nachdenken wollen, wie Wirtschaften anders ausschauen könnte. Das ist unsere Hoffnung, dass wir mit diesem Konzept einen Beitrag leisten zu der europäischen Art des Wirtschaftens.

Für welche Vision einer Gesellschaft steht der Trigos?

Friesl: Gerade in Europa leben wir in einer Gesellschaft, in der wir, und damit meine ich auch die Bürger und Bürgerinnen, vieles gleichzeitig wollen. Sowohl die monetäre Ausstattung, den Lebensstandard, aber auch die soziale Sicherheit und das Empfinden, genug für unsere Umwelt zu tun, damit unsere Kinder auch noch gut auf dieser Welt leben können. Das ist das Jahrhundert des Sowohl-als-auch. Ich halte das für eine sehr vernünftige Position zu sagen, es geht nicht nur um Geld und Erfolg, sondern auch um Sicherheit. Es geht nicht nur um das Ich, sondern auch um das Wir. Und wenn man das ein bisschen systematischer denkt, dann sind wir wieder beim Nachhaltigkeitsdreieck, das uns sagt, dass es eine Balance braucht zwischen den ökonomischen, den ökologischen und den sozialen Zielen einer Gesellschaft und ihren Systemen. An dieser Balance müssen wir arbeiten, und das wird gerade in unserem Jahrhundert gut gelingen.

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