7109002-1995_43_17.jpg
Digital In Arbeit

Für ökologische Produktgestaltang

19451960198020002020

Müllvermeidung beginnt bei der Produktentwicklung und in den Betrieben. „Öko-Designer” machen sich in Osterreich schon ans Werk.

19451960198020002020

Müllvermeidung beginnt bei der Produktentwicklung und in den Betrieben. „Öko-Designer” machen sich in Osterreich schon ans Werk.

Werbung
Werbung
Werbung

Abgesehen von wenigen Grundbedürfnissen braucht der Mensch nur Dienstleistungen. Daß diese zumeist durch Anlagen, Maschinen und Geräte erbracht werden, liegt möglicherweise an unserem Mangel an Phantasie”, schrieb Friedrich Schmidt-Bleek vom Wuppertal-Institut für Klima und Energie in seinem im Vorjahr erschienenen Buch „Wieviel Umwelt braucht der Mensch”. Und er setzt damit unserer „modernen” Gesellschaft einen gezielten Schlag ins Gesicht, die doch gewohnt ist, Lebensqualität mit Massenkonsum zu verwechseln. Und er hat damit recht. Denn wir müssen heute in der Umweltpolitik neue Wege einschlagen, nachdem die End-of-Pipe-Tech-nologien des Katalysators und der Kläranlagen die unmittelbaren Umweltauswirkungen unserer Gesellschaft zwar gemindert haben, deren Ursachen aber weitgehend unangetastet ließen.

Einer dieser neuen Wege wird immer häufiger mit dem Schlagwort „Ecodesign” umschrieben. Damit ist nicht gemeint, daß bekannte Produkte durch einen grünen Punkt oder durch Inhaltsstoffe, die zu „96 Prozent abbaubar” sind, scheinökologisiert werden. Öko-Design im Zusammenhang mit Produktentwicklung meint, daß bereits bei der Konzeption eines Produktes möglichst sämtliche ökologischen Auswirkungen erhoben und optimiert werden - - von der Wiege bis zur Bahre. Das bedeutet, daß von der Rohstoffproduktion bis zur Frage nach der Wiedereingliederung des Produktes in natürliche Kreisläufe die ganze Lebenslinie erfaßt werden muß. Oft wird es dabei gar nicht notwendig sein, das umweltbelastende Produkt A durch ein Öko-Produkt B zu ersetzen.

In vielen Fällen wird es ratsamer sein, die Funktion, die ein Produkt erfüllt, zu überdenken. Zum Beispiel beim Waschen interessiert uns weniger die Frage nach der optimalen Waschmaschine als vielmehr: Wie erfülle ich mein Bedürfnis nach sauberer Wäsche? Die Dienstleistung „Saubere Wäsche” muß aber nicht unbedingt durch die Anschaffung einer noch so wassersparenden Waschmaschine erfüllt werden.

Denn auch jede Öko-Maschine hat einen Rucksack mit Umweltbelastungen umgeschnallt, die bei ihrer Herstellung anfallen. Noch deutlicher wird dies am Beispiel Mobilität. Frage: Sind wir nur dann mobil, wenn wir mehr als eine Tonne Material - gemeint ist das Auto - in Bewegung setzen und uns von einem Ort zum anderen bringen lassen, oder gibt es da nicht auch intelligentere Möglichkeiten?

Daß sich „Ecodesign” nichtnur theoretisch gut anhört, sondern auch praktisch zunehmend an Bedeutung gewinnt, beweisen etwa die Aktivitäten des Wissenschaftsministeriums zu diesem Thema. Im Vorjahr wurde bereits zum wiederholten Male ein „Ecodesign ”Wettbewerb ausgeschrieben. Die Preisträger bieten zunehmend Antworten auf die obenstehenden Fragen.

■ Die Initiative „AutoTeilen” aus Wien wurde ausgezeichnet, da sie ihren Mitgliedern nach Bedarf Kraftfahrzeuge zur Verfügung stellt, ohne daß sich diese ein eigenes Automobil anschaffen müssen.

■ Die Bekleidungsserie „Natura Linea” aus dem Waldviertel erhielt den Öko-Design-Preis, da sie ihre Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen (Flachs) konsequent nach ökologischen und regionalen Kriterien herstellt.

Neben der Produktebene bietet sich auch in den Unternehmen selbst eine große Spielwiese für ökologische Verbesserungen. Dazu hat auch das vor einigen Monaten beschlossene Öko-Au-dit-Gesetz einen weiteren Anreiz geschaffen. Firmen, die ihren gesamten Produktionsbereich umfassend nach ökologischen Schwachpunkten untersuchen und Verbesserungen umsetzen, sollen zukünftig auch damit werben können. Daß sich innerbetrieblicher Umweltschutz auch bezahlt machen kann, konnte durch das von Wissenschafts- und Umweltministerium mitgetragene „Eureka”-Projekt „Prepa-re” aufgezeigt werden.

Ähnliche Erfahrungen wurden in Graz im Rahmen des internationalen Vorzeigeplans „Ökoprofit” gemacht. Das einfach klingende Rezept brachte unerwartete Erfolge. Ein Team der Technischen Universität Graz unter der Leitung von Hans Schnitzer untersuchte gemeinsam mit beteiligten Firmen deren Betriebsabläufe. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Denn neben weniger Umweltbelastung machten sich die vorgenommenen Änderungen auch für die Unternehmen selbst bezahlt. Pollution Prevention Pays (Umweltschutz macht sich bezahlt) heißt das in den USA. .

Einen Schritt weiter gehen möchte die neu ins Leben gerufene Institution Ökoforum Österreich. Erstmals scheint es gelungen zu sein, alle Naturwarenhersteller und -händler des Landes unter eine Decke zu bringen. Über alle konkurrierenden Einzelinteressen hinweg sollen beim Ökoforum umweltrelevante Kriterienkatalöge für sämtliche Produkte des täglichen Bedarfs, angefangen von Textilien, Baumaterialien und Möbeln bis hin zu Reinigungs- und Kosmetikartikeln erstellt werden. Hanswerner Mackwitz, renommierter Sachbuchautorund Filmemacher, beschreibt die Vereinsziele in seiner Funktion als Ökoforum-Pressesprecher so: „Wir wollen zeigen, zu welchen Leistungen Unternehmen fähig sind, die sich nicht nur am Stand der Technik orientieren, sondern denen Nachhaltigkeit ein echtes Anliegen ist.” Die Lobby für konsequent ökologische Produkte will auch vor einem „Outing von Öko-Tricksern” nicht zurückschrecken. Das erste Projekt der Initiative war übrigens auf der Wiener UTEC zu bewundern: Eine Ausstellung über die vielfältigen Einsatzbereiche nachwachsender Rohstoffe in Österreich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung