Geballte Branchen-Vielfalt

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Das Leben unterstützen

Eine Genossenschaft stiftet Nutzen für ihre Mitglieder. Hatten Sie bei der Umsetzung ihrer Ziele Schwierigkeiten?

Dorothea Brozek: Unser Problem war, dass wir eine Dienstleistung anbieten, für die es fast noch keine rechtlichen Grundlagen in den Sozialhilfegesetzen gab. Wir werden auch gleichzeitig durch unsere Arbeit (persönliche Assistenz ist eine Alternative zu Heimen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können) zu einer Art Interessensvertretung und treten nicht nur als Dienstleister auf. Seit unserer Gründung hat sich in unserem Bereich schon viel getan. Wir konnten die Zielgruppe sichtbar machen, das heißt alle Akteure der persönlichen Assistenz, nicht nur die Kunden, sondern auch die Assistenten, die für sie arbeiten. Und nach zwei Jahren Arbeit wurde vom Ministerium für Soziales eine Bundesrichtlinie für einen Teil der persönliche Assistenz erlassen.

Welche Vorteile sehen Sie als Vorstand der WAG, dem Österreichischen Genossenschaftsverband anzugehören?

Brozek: Wir profitieren vor allem vom Know-how-Transfer. Man wird umfassend betreut, sei es in Fragen der Betriebsführung oder in rechtlichen Belangen. Die Mitglieder tauschen sich aus und der Österreichische Genossenschaftsverband fungiert als Drehscheibe. Für mich ist die Genossenschaft die beste Rechtsform, vor allem im sozialen Bereich. Es ist die perfekte Alternative zu einem Verein. Die meisten stolpern bei einem Verein, wenn dieser eine bestimmte Größe erreicht hat, an banalen Fragen wie der Organisation. Bei einer Genossenschaft reicht im Vergleich zu einem Verein eine gute Idee nicht aus. Man muss ein komplettes Konzept vorlegen mit einem Finanz-und Unternehmensplan für die kommenden drei Jahre (inklusive Kalkulationen).

Die Genossenschaft passt ganz einfach zu Ihnen?

Brozek: Auf alle Fälle. Ich würde jederzeit wieder eine Genossenschaft gründen. Es ist eine ganz wunderbare Rechtsform mit einer flachen Hierarchie, die zugleich höchst professionell ist. Und auch die Revision, die alle zwei Jahre stattfindet, ist sehr konstruktiv. Vor allem die öffentliche Hand sieht es gerne, wenn eine zweite Stelle prüft, was mit ihren Geldern passiert. Wir sind unter den Ersten, die im Sozialbereich eine derartige Rechtsform gewählt haben, andere folgen sicher.

Gemeinsam einkaufen

Der Förderauftrag ist kein "alter Zopf". Franz Reischl, Direktor der BÄKO, vertritt diese Meinung ganz vehement: "Gerade in einer Zeit, in der die Globalisierung um sich greift, ist es gut, in einer Gemeinschaft zu arbeiten, in der man sich ehrlich untereinander austauscht."

Am Beispiel der BÄKO-Österreich, Großeinkauf der Bäcker und Konditoren reg.Gen.m.b.H. wird klar, dass die Mitglieder Teil der demokratischen Willensbildung der Genossenschaft sind und u.a. bestimmen, welches Sortiment sie wollen. Somit werden Konkurrenten zu Partnern, die sich gegenseitig helfen. Doch die BÄKO geht noch weiter und liefert nicht nur Waren an ihre Kunden, die gleichzeitig auch Genossenschaftsmitglieder und somit Eigentümer sind, sondern berät sie auch beispielsweise in Fragen des Verkaufes. "Natürlich können unsere Kunden nicht das Geschäft zusperren und zu uns zu einer Schulung kommen. Deshalb organisieren wir einen mobilen Verkaufstrainer, der in den Läden vor Ort berät", sagt Reischl.

Die Begriff des nachhaltigen Wirtschaftens ist für die BÄKO sehr wichtig und wird nicht nur in einem Leitbild festgehalten. "Wir leben danach", sagt Reischl. Was aber auch bedeutet, dass das Arbeiten nach den Prinzipien des Leitbildes ("Hilfe zum Erfolg und Zukunftssicherung der Miteigentümer") ein permanenter Prozess ist und kein starres Konstrukt. Bei schwierigen Entscheidungen wird das Leitbild zu Rate gezogen. Daher haben bei den Bäckern und Konditoren der BÄKO Werte und Ethik einen besonders hohen Stellenwert.

Im Zeichen des Sports

Was bedeutet eine genossenschaftliche Kooperation, die sich einer weltweiten Marke (Sport 2000) bedient, für ihre Mitglieder am Markt?

Gerhard Schwab: Die Zugehörigkeit zu einer nationalen Genossenschaft, die gleichzeitig international kooperiert, stellt eine unabdingbare Voraussetzung für den nachhaltigen Markterfolg eines selbstständigen Sporthändlers dar. Durch Einkaufs-und Marketingaktivitäten verbunden, erhält der selbstständige Fachhändler Unterstützung, sodass er gegen große Filialisten und Konzerne erfolgreich bestehen kann. Wir sind über die Sport 2000 International AG Teil einer der weltweit stärksten Sporthandelsorganisationen, die neben Österreich noch in 20 anderen europäischen Ländern Flagge zeigt. Insgesamt repräsentiert die Gruppe 3100 Geschäfte mit einem Jahresumsatzvolumen von 3,9 Milliarden Euro. Durch die internationale Kooperation können die Mitglieder auf Know-how und Ressourcen zugreifen, die ihnen helfen, auf ihren lokalen Märkten professionell und kundenorientiert zu agieren sowie rasch auf neue Trends und Angebote einzugehen.

Tun Sie sich mit der Mitgliedersuche leicht und werfen Sie auch einen Blick ins Ausland?

Schwab: In Österreich haben wir mit 235 Händlern und deren 353 Geschäften bereits eine große Flächendeckung erreicht. Es kommt klarerweise zu Mitgliederaufnahmen, aber nur mehr vereinzelt. Und was die Auslandsaktivitäten betrifft, haben wir im Sommer 2005 auf dem Lizenzweg der Sport 2000 International AG die Marktkompetenz für die Nachbarländer Tschechien und Slowakei erworben und per 1. Jänner 2006 auch jene für Ungarn. Wir sind auf diesen Märkten längst aus den Startlöchern heraus und schon bestens unterwegs. Die Anzahl von acht Fachhändlern zum Jahreswechsel hat sich auf 21 Händler mit 43 Standorten erhöht.

Sie weisen bei Pressekonferenzen immer tolle Geschäftszahlen aus, wie sah es letztes Jahr aus?

Schwab: Allein der Umsatz unserer österreichischen Mitglieder betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr 310 Millionen Euro. Die Händler in Tschechien, der Slowakei und in Ungarn werden heuer voraussichtlich 15 Millionen Euro zu unserem Umsatz beisteuern. Das passt auch zu unserem Ziel: Wir wollen innerhalb der kommenden zehn Jahre an die 150 Partner im Osten haben und somit von Österreich aus rund 500 Sporthändler betreuen.

Objektiv informieren

Warum sind fast alle nichtstaatlichen Nachrichtenagenturen weltweit als Genossenschaft organisiert?

Wolfgang Vyslozil:

Die Anfangsmotive im 19. und 20. Jahrhundert waren primär die Kostenvorteile bei der Nachrichtenbeschaffung. Alle Medien brauchen Nachrichten, wenn sie diese gemeinsam beschaffen, ist das einfach billiger. Ein zusätzlicher Grund ist, dass die Medien eine verlässliche Basisinformation brauchen, egal wie sie politisch positioniert sind. Die ökonomische Komponente spielt heute nicht mehr eine so wichtige Rolle wie früher. Der dominierende Faktor ist heute der, dass die Rechtsform den formalen Rahmen schafft, dass die Eigentümer-Medien auf Grund ihres gemeinsamen Interesses an qualitativ hochwertiger, zuverlässiger Information als Garanten für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieses Nachrichtenagentur-Typs agieren können.

Wer sind ihre Mitglieder?

Vyslozil: Die Zeitungen halten gemeinsam 57% und der ORF 43% der Anteile an der APA. Die größten Zeitungs-Genossenschafter sind: der Kurier mit 15%, die Kleine Zeitung mit neun Prozent und Österreich mit acht Prozent. Der Rest teilt sich auf weitere dreizehn Zeitungen auf.

War die Rechtsform jemals ein Nachteil?

Vyslozil: Wir haben öfters kritisch hinterfragt, ob die Rechtsform auch den heutigen und zukünftigen Anforderungen noch entspricht und kamen zu dem Schluss, dass aus den oben genannten Gründen die Vorteile der Rechtsform allfällige Nachteile bei weitem überwiegen.

Dreifach beraten

Für ein Beratungsunternehmen ist es etwas ungewöhnlich, sich als Genossenschaft zu organisieren. Dennoch schlug die Trigon Entwicklungsberatung aus Graz diesen Weg ein: "Wir wollten keine Dominanz auf Grund der Besitzverhältnisse. Uns ging es um eine Partnerschaft nach innen wie auch mit den Kunden. Trigon war von Beginn an, und ist es noch heute, ein Zusammenschluss von am Markt selbstständigen Beraterinnen und Beratern", sagt Trigon-Gesellschafterin Trude Kalcher. Neben der Grazer Genossenschaft gibt es Trigon Gesellschaften in Klagenfurt, München und Wien, die als eigenständige GmbHs geführt werden.

Die Trigon Dachgenossenschaft, die Inhaberin der Rechte am Know-how der Berater ist und auch die Markenrechte hält, ist für die Weiterentwicklung der Beratungskonzepte verantwortlich und hat vor allem die Weiterbildung der Mitglieder als Unternehmensgegenstand. Wofür steht der Name Trigon? Trigon bedeutet Dreieck, eine Form, die für die Trigon-Berater in vielen Bereichen des Lebens zu finden ist: So betrachten die "Trigoner" den Menschen als ein Lebewesen aus Körper, Geist und Seele; und eine Organisation teilt sich laut Trigon-Philosophie in ein kulturelles, soziales und technisch-instrumentelles Subsystem.

Insgesamt hat Trigon derzeit 26 Berater, die aus Österreich, Deutschland und der Schweiz kommen.

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