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Geld braucht kunstler, kunstler brauchen Geld

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Die Vermittler zwischen beiden müssen sensibel und handfest sein, mit Werbewirksamkeit wird gerechnet.

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Die Vermittler zwischen beiden müssen sensibel und handfest sein, mit Werbewirksamkeit wird gerechnet.

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A wie Agentur

Die Agentur ist die Schaltstelle zwischen Künstlern und Finanziers. In den letzten Jahren entstanden einige kleine Agenturen, die sich speziell diesem Aufgabengebiet der Vermittlung widmen. Eine der Agenturen im Bereich Kunst ist beispielsweise „Fo-cus - Junge Kunst”. Sie sucht Sponsoren, organisiert die Finanzierung, kümmert sich um Versicherung, Transport, Werbung, Plakate, Einladungen oder Pressebetreuung.

A wie Allgemeinheit

Die Auflage, daß kulturelle Veranstaltungen, wollen sie - sei es staatlich oder privat — gefördert werden, der Öffentlichkeit bedürfen, ist problematisch. Wieviel Kultur des Abendlandes wurde erstmals in kleinen Zirkeln der Mäzene präsentiert!

B wie Börse

Es gibt „Austauschbörsen”, die Firmen und Künstler gegenseitig auf dem laufenden halten. Die vierteljährlichen News-Letters der „Initiativen Wirtschaft für Kunst” stellen geldsuchenden Künstlern und Produzenten Ankündigungsseiten zur Verfügung. Die „Kulturkontakte”, ein privater Verein mit Geldern des BMUK (nun BMWFK), vermitteln zwar aus Personalmangel nicht Sponsoren an Künstler, geben aber ebenfalls Dokumentationen erfolgreicher Zusammenarbeit heraus. In St. Gallen gibt es seit Ende 1993 die europäische Sponseringbörse EBS.

C wie Casablanca

Auf dem Cover der gleichnamigen CD-Beihe findet sich der Mann mit dem Schlapphut nur mehr als Schattenriß wieder (siehe Bild). Die Casablanca Edition Moderne wurde vor fünf Jahren gegründet, ihr verdanken Werke von österreichischen komponierenden Zeitgenossen - von Ivan

Eröd bis Werner Pirchner - die Herstellung von Tonträgern. Pro CD wird eine Auflage von tausend Stück produziert und an einen ausgewählten Kundenkreis verschickt. Weil doch die Baucher Menschen aller Arten sind, muß bei den Austria Tabak Werken „ Sponserung” - Günter Mayer hat das Wort schon eingedeutscht - in allen Kulturbereichen abgedeckt werden. Jede Zigarettensorte steht für einen Life-Style; Casablanca steht für Baucher aus der sogenannten A-Schicht.

F wie Frau

Die PB-Frauen sind die Fortsetzung historischer Verbindungen zwischen Kunst und Geld. Oft waren es Frauen, die das nötige Gefühl der Anteilnahme zwischen dem Finanzier und dem Künstler vermittelten, wie beispielsweise Melanie Köchert, die Gemahlin des Juweliers, zu Hugo Wolf.

I wie „Initiativen Wirtschaft für Kunst”

Die „Initiativen Wirtschaft für Kunst” sind aus Geldern der Wirtschaft finanziert. Die Initiativen veranstalten Seminare und Kongresse und geben Leitfäden zur steuerlichen Absetzbarkeit heraus. Die enge Kooperation mit dem OBF dokumentiert die jährlich im Fernsehen gezeigte Verleihung des Maecenas-Prei-ses für Kunstsponsoring. Die „Initiativen Wirtschaft für Kunst” sind Mitglieder des offiziellen Kunstsponsoring-Organs der EU, CEBEC. Obmann ist Karl Heinz Essl.

J wie Jüdische Stifter

35 Prozent der Stifter des bürgerlichen

Wien der Jahrhundertwende gehörten dem jüdischen Beligionsbekenntnis an, es war die eleganteste Art, sich vom „Makel” des Judentums zu befreien und bestimmte - vererbbare - Sonderrechte zu erwerben. Die Stifter boten den Künstlern Jahresrenten, Stipendien -etwa an der Akademie für Musik -oder finanzielle Unterstützung an: Bo-thschild, Todesco, Wertheimstein. In Deutschland ist die Stiftung ein erfolgreiches Modell des Kultursponsoring. Wie Bupert Graf Strachwitz referiert, dürfen fünf Prozent des Steuereinkommens eines Unternehmens in eine Stiftung einfließen. Im Gegensatz zum Sponsoring muß vor dem Finanzamt keine Gegenleistung dokumentiert werden. Auch in Österreich existiert ein Stiftungsmodell, dessen Möglichkeiten aber begrenzt sind und das daher nicht als optimal eingestuft wird.

K wie

Kulturberichterstattung

Weder bei Pressekonferenzen für einzelne Projekte der Wiener Festwochen, noch in den Zeitungsrezensionen, noch in der Kulturberichterstattung von Fernsehen und Badio werden die jeweiligen Sponsoren erwähnt. Ob die Gründe wirklich darin liegen, daß der Sponsor im Vergleich zum Subventionsgeber einen zu geringen Anteil gibt?

Die Nennung des Sponsors kann nur dann nicht umgangen werden, wenn das Ausstellungszentrum gleich nach den Unternehmen - EA-Gene-rali-Foundation - oder die CD-Beihe nach dem Sponsor benannt ist - Casablanca -oder ein Auto nach der gesponserten Rock-Gruppe -PinkFloyd.Soll effizient vermarktet werden, verdoppelt sich der Sponsorbetrag für das Unternehmen.

K wie Künstler

Von Johann Wolfgang von Goethe stammt das Gedicht „Des Künstlers Erdenwallen”:

Was hilfts, o Freundin, mir zu wissen, / daß man mich nun bezahlet und verehrt. / 0 hätt ich manchmal nur das Gold besessen / daß diesen Rahmen jetzt übermäßig schmückt / Mit Weib und Kind mich herzlich satt zu essen / war ich zufrieden und beglückt.

M wie Musik

Seltsamerweise ist die Musik die am wenigsten geförderte Kunst in Osterreich. Im privaten Sponsoring liegt die bildende Kunst mit 62 Prozent des Budgets in Österreich voran, gefolgt von der darstellenden mit 56 Prozent. Danach erst die Musik mit 50 Prozent. Zum Vergleich, in Belgien, Irland, Holland oder Schweden wird die Musik am meisten oder gleich stark wie die bildende Kunst gefördert. Die nach Kanada ausgewanderte Österreicherin Agnes Grossmann fand für ihr Orchester Sponsoren, die als Gegenleistung dirigieren durften.

P wie Provision

Provisionen liegen zwischen acht und 15 Prozent und werden von den vermittelnden Agenturen eingehoben.

S wie Sport-Sponsoring

Österreich liegt ganz im Trend, den John Naisbitt prognostizierte: Der Kulturbereich geht einer expansiven Zukunft entgegen. Das Kunstsponsoring hat 1994 erstmals Sportsponsoring überholt, gefolgt von Umwelt und Wissenschaft.

St wie Steuer

Experten, wie WU-Professor Hans Abele, fordern schon seit Jahren eine Umgestaltung des Steuerrechts zugunsten größerer Möglichkeiten für Sponsoren. Dem Verlust der Steuern für den Staat stehe eine Erhöhung des gesamten Fördervolumens gegenüber. Seit Ende 1994 sind Sponsorleistungen voll abzugsfähige Betriebsausgaben, wenn der Künstler für entsprechende Gegenleistungen und Öffentlichkeit sorgt, beispielsweise Logos am Programm. Das Liberale Forum forderte in seinem Parteiprogramm, daß private Kunstförderer ebenfalls in den Genuß der steuerlichen Absetzbarkeit kommen sollten.

V wie Verschwender

Wenn die Firmenmitarbeiter Kunst als Verschwendung ansehen, ist das ein Problem mangelnder Kommunikation im Betrieb. Ferdinand Baimund im „Verschwender”: „Begeisterung ist's, die alles Edle schnell gebiert, sie hat mit des Verschwenders Gold des Bettlers Hut gefüllt.”

W wie Werbung

Der Kampf zwischen Werbung und „Sponsering” ist oft in einer Person im Unternehmen vereint. Nur in wenigen Unternehmen ist Sponsoring ein eigener Bereich - bei der Austria Tabak etwa: oder bei der Österreichischen Beamtenversicherung ist je ein Freiberufler für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Bildung dem Generaldirektor untergeordnet. Gestaltung des

Sponsoring-Alphabets: Irene Suchy.

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