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Gemeinsam statt einsam

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Gewaltige Investitionsschübe, neue Impulse und eine niedrige , Inflationsrate sind die positiven Aspekte der knapp zweijährigen Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Zudem können heimische Politiker nicht nur in der EU-Tagespolitik mitmischen, sondern auch die Weichen für eine gemeinsame Zukunft stellen.

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Gewaltige Investitionsschübe, neue Impulse und eine niedrige , Inflationsrate sind die positiven Aspekte der knapp zweijährigen Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Zudem können heimische Politiker nicht nur in der EU-Tagespolitik mitmischen, sondern auch die Weichen für eine gemeinsame Zukunft stellen.

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Einundzwanzig heimische Abgeordnete sind seit dem Beitritt Österreichs zur EU in Brüssel um unser Land bemüht. Österreich kann dadurch in allen Institutionen der EU seine Anliegen einbringen und die Politik der Union gleichberechtigt mitgestalten. Ein besonderes Charakteristikum der Union, von dem Österreich zusätzlich profitiert, ist die „Überrepräsentierung” der kleineren Mitgliedsstaaten. Daß unsere gute Arbeit rundum anerkannt wird, zeigt folgendes Beispiel: Von allen EU-Kommissaren erhielt der Österreicher Franz Fischler kürzlich von der kritischen britischen Zeitschrift „Economist” die besten Noten.

Bereits unmittelbar nach der EU-Abstimmung kam es zu einem signifikanten Anstieg der Auslandsinvestitionen in Österreich. Trotz internationaler Rezessionstendenzen und einer rückläufigen Investitionstätigkeit sind etwa in Vorarlberg allein zwischen Juli 1994 und Juni 1996113 Firmengründungen mit ausländischer Beteiligung eingetragen worden. Die Hälfte davon waren Schweizer Firmen, die sich Zugang zum EU-Markt verschaffen wollten. Trotz Konjunk-turabschwächung bewirkte der EU-Beitritt eine Ausweitung der Investitionen der heimischen Industrie um 4,4 Prozent. Faktum: Der Wirtschaftsstandort Österreich konnte gesichert werden.

Auch der österreichische Außenhandel erhielt durch die EU-Mitgliedschaft neue Impulse. Allein durch den Wegfall der Grenzkontrollen im Warenverkehr innerhalb der EU ergab sich 1995 nach Schätzungen der Industriellenvereinigung eine Ersparnis zwischen acht und 16 Milliarden Schilling. Im ersten Jahr der

österreichischen EU - Mitgliedschaft stiegen nach Berechnungen der Wirtschaftskammer Österreich unsere Exporte in andere EU-Mitgliedsstaaten überproportional um elf Prozent, die Importe aus diesen Ländern um 8,7 Prozent. Durch die EU-Mitgliedschaft kann Österreich das gesamte Netz wirtschaftlicher Beziehungen, das die Gemeinschaft über Jahrzehnte aufgebaut hat, optimal nützen. Das traditionelle wirtschaftliche Engagement in den Ländern Mittel1 und Osteuropas wurde durch verschiedene „Europa-Abkommen” mit diesen Staaten vereinfacht.

Selbst die österreichische Landwirtschaft konnte in überraschend kurzer Zeit ihre Marktanteile im nunmehr frei zugänglichen EU-Agrar-markt von mehr als 350 Millionen Konsumenten ausbauen: So stiegen etwa die österreichischen Agrarex-porte nach Italien im Jahr 1995 um 83 Prozent auf 4,7 Milliarden Schilling. Im ersten Quartal 1996 stiegen sie abermals um 65 Prozent auf 1,13 Milliarden Schilling.

Während die Inflationsrate nach Berechnungen von Wirtschaftsforschern ohne EU-Beitritt derzeit bei etwa drei Prozent läge, sank sie durch diesen Schritt von vier Prozent im Jahr 1994 auf 2,2 Prozent im vergangenen Jahr. Im Juni 1996 lag sie nur noch bei 1,6 Prozent. Für den derzeitigen Tiefstand sind vor allem die starken Preissenkungen bei Nah-rungs- und Genußmitteln, bei technischen Geräten und Bekleidung verantwortlich. Allein im Lebensmittelhandel gab es Preisreduktionen bis zu 20 Prozent. Die Abschaffung der Grenzkontrollen innerhalb der EU vereinfacht die Mobilität, läßt aber mitunter Kriminellen ein Schlupfloch offen. Dem begegnet die EU erfolgreich mit dem gemeinsamen Sicherheitsnetz „Europol” - eine Institution für die europäisch koordinierte Bekämpfung der international organisierten Kriminalität. Trotz des Wegfalls der Binnengrenzkontrollen hat die Schengen-Zusammenarbeit den Teilnehmerstaaten mit einer merklichen Erhöhung der Trefferquote bei Fahndungen ein Plus an Sicherheit gebracht. Mitte 1997 ist das Abkommen von Schengen auch für Österreich unumschränkt gültig.

Auch im Sektor Umweltpolitik gilt es, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Österreich hat mit seinen hohen Umweltstandards als Mitgliedsstaat größeren Einfluß auf europäischer und internationaler Ebene und schon etliche Verbesserungen bewirkt, die bis Ende 1998 EU-weit gelten werden. In der Regionalpolitik beginnt die Förderung strukturschwacher Gebiete zu greifen. Der von der Kommission festgelegte indikative Finanzrahmen der Strukturfondsmittel für Österreich beträgt etwa 21 Milliarden Schilling, davon etwa 2,4 Milliarden Schilling für die sogenannten Ziel 1-Gebiete wie das Burgenland.

Durch die gemeinschaftliche Forschung- und technologische Entwicklung kann Österreich nicht nur vorhandene Defizite aufholen, sondern die europäische Wirtschaft kann sich gegenüber den USA, Japan und ASE-AN-Staaten besser behaupten.

Nicht nur die EU-Tagespolitik, sondern auch die großen integrationspolitischen Weichenstellungen für die Zukunft Europas werden von Österreich aktiv mitbestimmt. In der laufenden Regierungskonferenz werden die Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen, um den Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte gewachsen zu sein. Eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion, die geplante Osterweiterung und die Sicherung des Friedens auf unserem Kontinent sind die vordringlichen Aufgaben.

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