Gescheiterte Krisen-Helfer

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Als die Finanzwelt noch heil war, waren sie die wahren Beherrscher dieser Republik: die Direktoren und Vorstandsvorsitzenden der österreichischen Banken. So manches politische Problem wurde nach ihrem Willen und Gutdünken gelöst, so mancher Minister kam gehorsam angetrabt, wenn der Geldadel pfiff oder huldvoll winkte. Seit den frühen 90er Jahren versuchten sie sich auch noch als Eroberer. Sie kamen mit ihren Milliarden über die Länder Mittel- und Osteuropas und kauften Bank um Bank. Rumänien, Tschechien, Slowakei, Kroatien, Ukraine, Bulgarien, niemand war sicher vor den österreichischen Investoren. Dass die dort gescheffelten Milliardengewinne vor allem auf den Beinen Pump und Kredit standen und dass der Erlös zu einem Gutteil an der österreichischen Volkswirtschaft vorbeigeleitet und in Finanzpapiere investiert wurde, blieb unbeachtet und wird erst jetzt offenbar in einem sich abzeichnenden Großdesaster.

Zusammenbrechende Pfründe

Dem staunenden Steuerzahler offenbarte sich jüngst ein Kreditberg in Höhe des Österreichischen BIP, stattliche 290 Milliarden Euro laut Wirtschaftsblatt.

Bis zu 20 Milliarden davon könnten sich nach aktuellem Stand als "faul" erweisen. Wen kümmert das? Nun, die Chefetagen der Banken offensichtlich nicht. So ließ sich unlängst ein Vertreter dieser Zunft mit folgendem Satz vernehmen: "Im schlimmsten Fall gehören uns ein paar leerstehende Häuser." Ein anderer verstieg sich gar zu der Behauptung, ein Rumäne würde wohl angesichts der sich fürchtenden Europäer sagen: "Ziehen Sie sich Windeln an." Deshalb sei er derzeit lieber in Bukarest als etwa im wehleidigen Paris unterwegs.

Man glaube nicht, wir hätten es hier mit Geistig Verwirrten zu tun, die um psychiatrische Behandlung betteln. Nein, solches nennt man "Krisenkommunikation". Man biegt sich die Realität so zurecht, wie sie dem Unternehmen gerade passt, und wenn man solchen Schmarrn oft genug hersagt, glaubt es ja vielleicht auch jemand.

In völligem Widerspruch zur angewandten PR-Strategie stehen Informationen aus Kanzleramt und Finanzministerium, wonach die Herren Manager nun nächtens bei Mitgliedern der Bundesregierung mit dem Bettelstab anrücken und um Gnade und Steuergeld flehen. Ärgerlich, dass sie dabei auch noch an die Richtigen geraten. Denn während sie selbst noch lässig das Desaster weglächeln, konnten sie die Bundsregierung zu einer panischen Reisediplomatie vergattern.

Kanzler und Vizekanzler touren hilfesuchend durch Europa mit einem "Osthilfe-Plan", der vor allem das Ziel verfolgt, Österreichs Banken zu schützen, indem Staaten wie die Ukraine, Kroatien oder Rumänien unterstützt werden. Zahlen soll dafür die EU. So gut vorbereitet waren die Treffen, dass sich Faymann und Pröll eine Abfuhr nach der anderen holten. In Berlin, in Prag, in Brüssel. Doch nicht nur die möglichen Geber wollen nichts davon wissen, sondern auch die zu beglückenden Staaten. Da sagte etwa ein kroatischer Regierungsvertreter dem Minister ins Gesicht, Kroatien brauche gar keine Hilfe, dem Land gehe es gut.

Es war die befürchtete "Mission Impossible". Österreichs Banken sind nun vollends in den Negativ-Schlagzeilen, die Risikoaufschläge für österreichische Staatsanleihen stiegen in den vergangenen Tagen - was den Staat Millionen kosten könnte. Das alles ist gerade deshalb so ärgerlich, weil die Aktion vom Ansatz her durchaus berechtigt war: Viele Staaten Osteuropas kämpfen ohne Zweifel gegen den Staatsbankrott. Das könnte nicht nur Österreich treffen, sondern ganz Europa.

Es bleibt nichts, als die Scherben aufzusammeln und zu lernen: Man gebärde sich nicht als Retter, wenn niemand gerettet werden will. Man lasse sich nicht von einem Geld- adel in die Panik treiben, der dann genüsslich dem Scheitern der Bemühungen zusieht. Und das Wichtigste: Man halte Europa nicht für ein diplomatisches Wunschkonzert, bei dem es reicht, mal kurz vorbeizuschauen und sich die Milliarden abzuholen. Vermutlich hätten wenige Telefonate mit Berlin und Brüssel im Vorfeld der Reisen genügt, um die Sinnlosigkeit des Unterfangens festzustellen. Die Regierung hätte sich selbst und uns einiges erspart.

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