Globalisierung alt und neu

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In Bad Schallerbach wird über eine nachhaltige Form der Globalisierung diskutiert.

Der Oberösterreichische Umweltkongress greift jährlich Ideen, Projekte und Strategien zur nachhaltigen Neugestaltung der Globalisierung auf. Lesen Sie hier Standpunkte und Meinungen zweier Vortragender. tom

Das Phänomen der Globalisierung ist keineswegs ein modernes. Laut Stephan Schulmeister, Experte für Industrieökonomie, Innovation und internationalen Wettbewerb beim österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), gab es bereits nach dem Zweiten Weltkrieg in Ansätzen eine globalisierte Wirtschaft.

Dazu trugen vor allem der Marshallplan und das Weltwährungssystem bei und auch der Umstand, dass die Entwicklungshilfe in den 1960er Jahren höher war als heute. Die Globalisierung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zeichnete sich allerdings durch eine bessere Balance zwischen den Steuerungssystemen Politik und Markt aus. Das Stichwort war auch damals mehr privat weniger Staat, doch man konzentrierte sich auf die Gütermärkte, die Finanzmärkte blieben weit gehend reguliert. Heute sieht Schulmeister global eine analoge Entwicklung wie bei den Industrienationen in den vergangenen drei Jahrzehnten: Es findet eine Verlagerung der Steuerung ökonomischer und gesellschaftlicher Prozesse von der Politik zum Markt statt. "Man begreift heute Länder zunehmend als Firmen, die um Standortvorteile wetteifern", sagt Schulmeister.

Einfluss der Finanzmärkte

Die aktuelle Globalisierung unterscheidet sich von jener in der ersten Hälfte der Nachkriegszeit auch durch den Einfluss der Finanzmärkte auf die Weltwirtschaft. Schulmeister bezeichnet die wichtigsten Preise wie Wechselkurse, Aktienkurse, Rohstoffpreise und Zinsen in den vergangenen 25 Jahren als manisch depressiv. Die Kursschwankungen waren enorm und sind für die Realwirtschaft nicht förderlich. In der "ersten" Globalisierung gelang es, die finanziellen Rahmenbedingungen der Realwirtschaft stabil zu halten.

Schulmeister bezeichnet sich selbst als Wirtschaftsforscher und nicht als Globalisierungskritiker, somit sind seine Veränderungsvorschläge für die Weltwirtschaft in Eigendefinition bescheiden und unrevolutionär, denn wichtig ist, sich nicht als Weltverbesserer aufzuspielen, sondern Problemlösungen zu finden, die sehr viele Menschen erreichen.

So plädiert Schulmeister für eine Stabilisierung der Wechselkurse, was nicht heißt, dass ein neues Weltwährungssystem erfunden werden soll. Vielmehr zeigt das Beispiel der EU, dass auch freie Wechselkurse, wenn der Wille der Notenbanken da ist, stabilisiert werden können. Weiters würde Schulmeister versuchen, das stark gestiegene Transaktionsvolumen auf den internationalen Finanzmärkten durch die Einführung einer allgemeinen Transaktionssteuer zu stabilisieren, die in einer Höhe von 0,1 Prozent pro gehandelter Aktie angesiedelt sein soll. Dadurch würde das ganz schnelle Tagesgeschäft unrentabel, und die Finanzierung der Realwirtschaft nicht gefährdet. In London gibt es bereits eine Transaktionsgebühr von 0,5 Prozent und "man hört nicht, dass es dem wichtigsten Finanzplatz Europas geschadet hätte".

Unerwähnt lies Schulmeister, was mit dem eingehobenen Geld der Transaktionssteuer geschehen könnte, doch es liegt nahe, diese Gelder in die Reduzierung der Auswirkungen des Klimawandels zu investieren, denn Joachim H. Spangenberg vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung aus Leipzig geht in seinem Vortrag beim Oberösterreichischen Umweltkongress unter anderem darauf ein, dass die Auswirkungen des Klimawandels nicht zuerst die Hauptverursacher treffen, was dazu führt, dass die großen Emittenten von Treibhausgasen - die Industriestaaten - noch immer sehr zurückhaltend Klimaschutzmaßnahmen einführen. Laut Spangenberg war die Bereitschaft in den Industrienationen, etwas gegen die Verunreinigung der Flüsse zu unternehmen, ungleich höher, da sie direkt von den Auswirkungen einer fehlgeleiteten Umweltpolitik betroffen waren.

Japan ist Vorreiter

Als Beispiel für eine neue Art der nachhaltigen Wirtschaftspolitik führt Spangenberg Japan an. Die liberal marktwirtschaftliche Demokratie hat den Top-Runner-Ansatz eingeführt. Wenn ein Produkt bestimmte Kriterien der Energieeffizienz erfüllt, darf fünf Jahre später kein Produzent des gleichen Produktes diese Standards unterschreiten. Somit bemüht sich jeder Unternehmer, besser zu sein, und dies schafft Marktchancen für Vorreiter und "hält jene ab, die in Europa massiv Lobbying betreiben, damit keine Standards kommen".

Oberösterreichischer Umweltkongress 24. bis 26. Sept., Bad Schallerbach

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