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Großbanken im Boom

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„Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, geht es den Geldinstituten gut.“ Wenngleich dieses alte Wirt-schaftswort nicht verallgemeinert werden darf und außerdem nur beschränkte Gültigkeit hat, steckt doch edn wahrer Kern darin: Für das Geschäftsjahr 1969 könnte man ihn darin sehen, daß die internationale Währungsunsicherheit, verbunden mit der D-Mark-Aufwertung und dem ungewöhnlich hohen Zinsniveau fast überall auf der Welt, der Wirtschaft global gesehen Einbußen gebracht hat. Für die beiden Wiener Großbanken Creditanstalt-Bankver-ein und österreichische Länderbank AG dagegen waren diese Erscheinungen mit einer überaus guten Ertragslage gekoppelt, und beide Institute entschlossen sich zur Ausschüttung eines zweiprozentigen Bonus zuzüglich zur seit 1968 .üblichen' Dividende von 8 Prozent, de facto also zu einer Erhöhung der Dividende auf 10 Prozent Der Grund, warum in beiden Fällen die Konstruktion mit Hilfe des Bonus gewählt wurde, liegt auf der Hand: Wenngleich man natürlich bemüht sein wird, auch für das heurige Geschäftsjahr 10 Prozent zu zahlen, kann man doch nicht mit dem Eingang der 1969 ungewöhnlich hoch gewesenen außerordentlichen Erträge auch für 1970 mit Sicherheit oder auch nur mit ausreichender Wahrscheinlichkeit rechnen. Da aber die Auguren bei einer Herabsetzung der Dividende von 10 auf 8 Prozent sofort Alarmzeichen sehen könnten und sich die Aktionäre außerdem (angeblich) eine kontinuierliche Dividendenpolitik wünschen, entschloß man sich zu dem 2-Prozent-Bonus wohl unter dem Motto: „Wasch' mir den Pelz, aber mach mich nicht naß.“ Für die Ausschüttung pro 1970 haben sich die traditionellerweise in gleicher Höhe ausschütten-den Großbanken jedenfalls alle Wege offengelassen. Der exakte Anteil des Auslandgeschäftes einer Bank läßt sich von einem Außenstehenden im allgemei-

nen nicht bestimmen; es setzt sich aus zahlreichen Einzelpositionen und Abwicklungen zusammen, die eng verflochten sind: Neben dem reinen Devisengeschäft und dem Valutenhandel gehört vor allem das Angebot von Kurssicherungen zu dem zu einem erheblichen Teil aus Dienstleistungen bestehenden Auslandgeschäftspaket Hand in Hand mit einer Expansion des Devisenhandels geht im allgemeinen die „interne“ Teilnahme am internationalen Geldmarktgeschäft, weil nur Institute, die jederzeit bereit und in der Lage sind, mit jenen namhaften Beträgen aktiv zu handeln, die im Zwischenbankverkehr als Mindestgröße gelten, als erste Adressen gelten und auch ihrerseits attraktive Konditionen angeboten erhalten.

Einlagen- und Kreditgeschäft

Eine weit kleinere Rolle, als allgemein angenommen wird, spielt die direkte „Spekulation“ der Banken. Wenn auch Generaldirektor Doktor Ockermüller von der Länderbank in seiner Bilanzpressekonferenz erklärte, daß sein Institut „bescheiden an der D-Mark-Aufwertung verdient“ hätte, und man ähnliches wohl auch von den anderen Banken annehmen kann, lag doch hier eine Ausnahmesituation vor: An einer von vornherein feststehenden Paritätsänderung, an der nur noch die Höhe nicht genau bekannt war, zu verdienen, ist leicht und vor allem risikolos. Ansonsten wird meist täglich „glattgestellt“, das heißt Fremdwährungsforderungen und -Verbindlichkeiten werden für jede einzelne Währung ausgeglichen, so daß weder ein Kursrisiko noch eine Kurschance besteht. (Ausnahmen bestätigen selbstverständlich auch hier, je nach der Mentalität, die Regel...) Ein ebenfalls beiden Banken (und darüber hinaus dem gesamten Kreditapparat) gemeinsames Problem stellt die Entwicklung des Verhältnisses der Promessen — also der zugesagten und auf Abruf bereitstehenden — Kredite zur tatsächlichen

Ausnützung der Rahmen dar. Der in Österreich nach ausländischem Vorbild üblich gewordene Verzicht auf die Berechnung einer Kreditbereitstellungsprovision hat dazu geführt, daß die meisten Kreditwerber sich im Durchschnitt um ein Viertel zu hohe Kreditrahmen bewilligen lassen und sie als Reserve vorläufig unausgenützt lassen. Dadurch wird nicht nur die Liquiditätsdisposition der Geldinstitute stark behindert, sondern auch die Nationalbank muß letztlich darauf Rücksicht nehmen: Eine Senkung des Kreditplafonds wirkt sich nämlich infolge der hohen unausgenützten Promessen nicht nur auf in Zukunft zu erteilende Kreditzusagen aus, sondern auch auf bereits bestehende. Die Verpflichtung, einen tatsächlich bereits erteilten, ber noch nicht abgerufenen Kredit im Bedarfsfall auszuzahlen, wird dann noch durch eine gewisse Torschlußpanik der Kreditwerber verstärkt, die angesichts von angekündigten oder bereits durchgeführten Restriktionsmaßnahmen auf dem Geldsektor verstärkt Kredite in Anspruch nehmen. Ein ungewöhnlich stark angewachsenes und sehr ertragreiches Aus landsgeschäft und eine beachtliche Ausweitung sowohl des Einlagen-als auch des Kreditgeschäftes im In land charakterisieren die Analysen der Geschäftsberichte der beiden Großbanken. Daß trotz der im Aus land vorgespielten Zinssatzeskala tion Österreich lange Zeit eine Niedrigzinsinsel geblieben war und es teilweise heute noch ist, darf nicht zuletzt dem Geldinstitutssektor auf die Haben-Seite gebucht werden. Er bewies damit daß trotz des einleitend zitierten Wortes von der (angeblichen) Gegensätzlichkeit zwischen dem Wohlergehen der Banken und jenem der Wirtschaft durchaus kein Gegensatz bestehen muß, sondern daß es einer verantwortungsvollen Kreditpolitik durchaus gelingen kann, die Wirtschaft zu unterstützen und dennoch gut zu verdienen..

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