„Große Budgetsanierung kommt erst“

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Bernhard Felderer ist Chef des IHS und Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses. Er fordert vehement eine ausgabenseitige Budgetkorrektur.

Die Furche: Vor einem Jahr haben Sie sich mit Ihrer Einschätzung, dass zur Budgetsanierung neue Steuern notwendig wären, heftige Kritik der Regierung eingehandelt. Sie haben recht behalten. Eine späte Genugtuung ?

Bernhard Felderer: Nein. Ich habe das damals in einem Interview gesagt und später erkannt, dass das in der heiklen Lage, in der sich die Wirtschaft damals befand, doch nicht optimal war.

Die Furche: Der Zeitpunkt scheint nun gekommen, den Bürgern die Wahrheit zuzumuten. Aber ist eine Budgetsanierung über die Erhöhung der Mineralölsteuer und sonstige Maßnahmen der „Ökologisierung“ zu schaffen?

Felderer: Die Ökologisierung ist sicher nicht nur über neue Steuern zu machen. Auch die Länder müssen intensiv eingebunden werden. Dabei geht es um Änderungen der Landesbauordnung oder Maßnahmen in Zusammenhang mit dem CO2-Verbrauch. Insgesamt muss es das Ziel sein, alle Einkommensgruppen in ähnlichem Ausmaß an der Konsolidierung zu beteiligen.

Die Furche: Wird das reichen, die Gesamtverschuldung des Staates zu reduzieren?

Felderer: Sicher ist, dass es sich bei den Maßnahmen, die im Herbst beschlossen werden, erst um einen kleineren Teil einer notwendigen großen Reform handelt. Wir müssen vor allem über die ausgabenseitige Budgetsanierung reden. Unsere Steuerquote von 44 Prozent zählt zu den höchsten der Welt. Schweden und Dänemark liegen nur knapp darüber.

Die Furche: Diese Länder haben allerdings ein wesentlich dichteres soziales Netz als Österreich.

Felderer: So ist es. Man muss es einfach auf den Punkt bringen: Ein hoher Anteil an den Staatsausgaben wird bei uns einfach verschwendet, aufgrund vieler ineffizienter Strukturen. Die Politik der vergangenen 20 Jahre in Bund und Ländern war, vorsichtig gesagt, nicht immer kooperativ. Jetzt muss allen klar sein, dass wir uns in einer kritischen Phase befinden.

Die Furche: Wie könnte es längerfristig weitergehen?

Felderer: Wenn die Konjunktur sich in den kommenden Jahren nachhaltig erholt, sollte es eine massive Steuerentlastung geben im Rahmen von 1,5 Prozent des BIP – oder etwa 4 Milliarden Euro.

Die Furche: Europas Politiker schieben gerne Spekulanten den Schwarzen Peter zu, etwa wenn es um Griechenlands verzweifelte Budgetlage geht.

Felderer: Das ist das alte Lied. Die Finanzmärkte und die Spekulanten sollen immer als Schuldige herhalten. Das ist nicht richtig. Denn auch im Falle Griechenlands bieten der Euro und seine Stabilität einen gewissen Schutz gegen Spekulation, den das Land mit der Drachme nicht hätte. Die Gründe für die Finanznöte und die hohen Refinanzierungskosten der Staatsschuld sind aber eindeutig hausgemacht.

* Das Gespräch führte Oliver Tanzer

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