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Grundsicherung plus Flexibilisierung

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Nach Berechnungen des Statistischen Zentralamts sind in Österreich 950.000 Menschen armutsgefährdet. Die Arbeitslosenrate nach OECD-Definition ist in Österreich seit 1989 von

4,3 auf 6,4 Prozent gestiegen und liegt nur noch knapp unter dem OECD-Durchschnitt.

Arbeitslosigkeit führt in der Erwerbs-arbeits-Gesellschaft zu sozialer Ausgrenzung: besonders betroffen sind Langzeitarbeitslose, Mehrfacharbeitslose (häufiger Verlust des Arbeitsplatzes verhindert bei Jugendlichen oft den Einstieg in das soziale Sicherungssystem) und Frauen. Im Juli 1996 hatten über 110.000 Personen, die eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen haben, ein Monatseinkommen unter 9.000 Schilling.

Gleichzeitig verfügten die Privathaushalte im Jahr 1993 über ein geschätztes Vermögen von rund 5.580 Milliarden Schilling, das heißt, daß das Vermögen der privaten Haushalte mehr als zweieinhalbfach so groß war wie das BIP. Die enorme Zunahme der Vermögensund insbesondere der Kapitaleinkünfte vergrößert die Unterschiede in den Haushaltseinkommen gewaltig. Seit 1970 stiegen die Besitzeinkommen (vor allem aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen) rund dreimal so rasch wie die Lohneinkommen.

Diöse Fakten belegen die Notwendigkeit be-schäftigungs- und verteilungspolitischer Maßnahmen. Umverteilung von Erwerbsarbeit und Einkommen sowie eine Reform des österreichischen Steuersystems in Richtung Entlastung der menschlichen Arbeitskraft bei gleichzeitiger stärkerer Belastung von Ressourcen und Vermögen stellen die Eckpfeiler der grünen Reformvorschläge dar. Der Umbau des Sozialstaatgs muß in Richtung bedarfsorientierter Grundsicherung vorangetrieben werden: Grundsicherung im Alter, bei Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe, für Familien und Kinder erfordert die Sicherstellung einer ausreichenden Mindestversorgung (bedarfsbegründeter Sockel). Parallel dazu müssen Maßnahmen zur Sicherung der Erwerbschancen ergriffen werden: Umsetzung ökologischer Investitionsprogramme, Arbeitszeitverkürzungen mit Flexibilisierung wie bei VW und BMW, Job-Botationsmodelle wie Sabbaticals, Qualifizierungsprogramme und der Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Wirksame Instrumente gegen Armut und Ausgrenzung bauen auf Umverteilung. Voraussetzung für deren Umsetzung ist der politische Gestaltungswille und Mut, aktiv der populistischen Sündenbockpoli-tik, die derzeit die sozialpolitische Debatte beherrscht, entgegenzuwirken.

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