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Hat das „EUmweltbewußtsein” allzu enge Grenzen?

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Eines der heißesten Eisen der EU-Umweltpolitik (siehe auch Seite 2) ist die Entsorgung von Verpackungen.

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Eines der heißesten Eisen der EU-Umweltpolitik (siehe auch Seite 2) ist die Entsorgung von Verpackungen.

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Diese neue EU-Verordnung ist ein umweltpolitischer Umfaller!”, entrüstet sich seitens der österreichischen Grünen Franz Floss über die jüngst beschlossene Richtlinie der Europäischen Union für Verpackungen und Verpak-kungsabfälle. Der Text aus Brüssel beinhaltet nicht nur eine Mindestquote für das Sammeln gebrauchter Verpackungen, sondern auch eine Obergrenze.

Leere Verpackungen machen einen großen Teil des Volumens unseres Hausmülls aus - Experten sagen bis zu 50 Prozent -, daher wurde im Oktober 1993 vom Umweltministerium die Verpackungsverordnung erlassen; sie regelt Vermeidung, Verringerung und sinnvolle Verwertung von Verpackungsabfällen.

Im wesentlichen ist jeder, der verpackte Waren in Umlauf bringt, verpflichtet, die Verpackungen auch wieder zu sammeln. Natürlich ist eine derart weitreichende Bestimmung nicht sofort umzusetzen. Daher wurden in der Verordnung Sammelquoten als Etappenziele festgelegt. Ende 1996 sollen beispielsweise 50 Prozent aller in Verkehr gesetzten Verpackungen auch wieder gesammelt werden, ab Jänner 2000 sogar 80 Prozent.

Das so gesammelte Material muß dann entweder wiederverwendet -zum Beispiel Pfandflaschen - oder verwertet werden. Verwertung bedeutet im Sinne des Gesetzes, daß aus Verpackungsabfällen entweder neue Produkte geschaffen werden -zum Beispiel aus Altpapier Taschentücher - oder bei der Verbrennung Energie zurückgewonnen wird.

Freilich kann nicht jeder Betrieb seine Packerin auch tatsächlich wieder selbst einsammeln. Daher hat Österreichs Wirtschaft die Altstoff Recycling Austria AG (ÄRA) gegründet. Sie organisiert für ihre Kunden landesweit Sammlung und

Verwertung leerer Flaschen, Kartons, Getränkedosen, Kunststoffhüllen und so weiter.

Die EU sieht in ihrer „Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle” prinzipiell ähnliche Maßnahmen vor, wie sie sich in Österreich bereits bewähren. Allerdings hat sie zu ihren angestrebten, im Vergleich zu Österreich wesentlich niedrigeren Sammelquoten auch Obergrenzen festgelegt. Wenn in Österreich 1998 mindestens 70 Prozent aller in Umlauf gebrachten Verpackungen wieder gesammelt werden müssen, so dürfen es in der EU nur höchstens 65 Prozent sein. Die EU-Untergrenze bleibt die nächsten fünf Jahre bei 50 Prozent.

Franz Floss fürchtet nun, daß im Rahmen der Europäischen Union allzu umweltbewußte Länder gebremst werden sollen: „Die Obergrenzen sind eine umweltpolitische Rarität und gegen den Widerstand der europäischen Grünen beschlossen worden.”

Die Gründe des entsprechenden EU-Ausschusses für die Einführung des umstrittenen Limits sind wirtschaftlicher Natur. Handelshemmnisse und Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt sollen vermieden werden. In einem besonders umweltbewußten Land - wie Deutschland oder Österreich - hätte die Wirtschaft für die fachgerechte Entsorgung von Verpackungen mehr zu bezahlen wie in anderen europäischen Staaten mit niedrigeren Sammelquoten.

Umgekehrt können Länder, die bisher im Bereich des Recycling kaum tätig waren, auch die Sam-mel-Untergrenze kaum erreichen. So wurden für Griechenland, Irland und Portugal Ausnahmeregelungen getroffen.

Floss merkt auch an, daß die EU-Richtlinie wenige Tage vor dem Beitritt Österreichs, Schwedens und Finnlands beschlossen wurde. Diese Länder wären vermutlich für einen umweltfreundlicheren Kurs eingetreten. Einziger Lichtblick für Umweltbewußte: Die zuständige EU-Kommission könnte nach entsprechender Prüfung auch höhere Zielvorgaben als in der Richtlinie vorgesehen genehmigen - ein grüner Hoffnungsschimmer am Horizont europäischer Müllhalden?

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