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Hauptziele der oberösterreichischen Wirtschaftspolitik

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Präsident der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich

Keine leistungshemmenden Steuern!

Die wichtigsten Ziele, denen die österreichische Wirtschaftspolitik untergeordnet werden muß, sind die Vermehrung des Sozialproduktes und die Vollbeschäftigung. Hierbei ist unter Vollbeschäftigung nicht nur der Einsatz aller zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte, sondern jener aller sachlichen Produktionsmittel im weitesten Sinn des Wortes zu verstehen. Aus diesem Grund müssen von der Wirtschaft alle Abgaben und Steuern, die sich produktionshindernd auswirken, energisch abgelehnt werden. Im Zusammenhang mit der Forderung nach einer größtmöglichen Expansion der Wirtschaft drängt sich auch die Notwendigkeit einer Heranziehung fremder Arbeitskräfte auf.,

Stabiles Kosten- und Preisniveau eine Existenzfrage der Wirtschaft

Die wesentlichste Voraussetzung zur Erreichung dieser Ziele der Wirtschaftspolitik ist die Erhaltung eines stabilen Kosten- und Preisniveaus. Die oberösterreichische Wirtschaft ist hieran äußerst interessiert. Sie weiß, daß der Lohnempfänger auch Konsument ist und die Höhe seiner Ausgaben durch die Höhe seines Einkommens bestimmt wird. Die Steigerung des Einkommens und damit auch des Lebensstandards kann jedoch nur durch eine Ausweitung des Sozialproduktes und der Produktionsfaktoren erfolgen.

Die „Paritätische“ darf keine allmächtige Wirtschaftsbehörde werden!

Wichtige Forderungen im Interesse der Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und einer weiteren Wirtschaftsexpansion sind ferner die Vereinfachung der Lohnverrechnung sowie die Reform der Umsatzsteuer und das Verlangen nach Freigabe der ERP-Mittel. Außer auf einer unbürokratischen Lösung beim ERP-Verfahren muß die oberösterreichische Wirtschaft darauf zweigen dje Möglichkeit eröffnet werde, ERP- fie vbeiteä nįfeelreS- schaftsbund, die Paritätische Lohn- und Preiskommission zu einer allmächtigen Wirtschaftsbehörde auszubauen und das Preisüberwachungsgesetz zu verschärfen, sind abzulehnen. Sie würden die österreichische Wirtschaft in die Verhältnisse der unmittelbaren Nachkriegszeit zurückwerfen und das Lohn- und Preisproblem keineswegs lösen. Dieses ist viel zu sehr mit den allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen und vor allem jenen in der internationalen Wirtschaft verflochten.

Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Landesverwaltung und Wirtschaft

Zu den wirtschaftspolitischen Problemen auf Landesebene ist festzustellen, daß die Zusammen arbeit zwischen Landtag, Landesregierung und Wirtschaftsvertretung noch nie so wichtig, so intensiv, aber auch noch nie von so greifbaren Erfolgen begleitet war wie nach 1945. Die oberösterreichische Entwicklung war hierbei durch zwei Hauptmerkmale gekennzeichnet: erstens durch einen raschen Wiederaufbau, und zweitens durch eine in der weiteren Folge gewaltige Expansion der Wirtschaftskraft des Landes, verbunden mit einem konzentrierten Industrialisierungsprozeß und einer Umschichtung der regionalen Wirtschaftsstruktur.

Das wesentliche Anliegen einer aktiven Wirtschaftspolitik in oberösterreichischer Sicht muß es sein, jenen Gewerbezweigen und kleinen Betrieben, die durch die geänderten Zeitverhältnisse bedroht sind, bei den notwendigen Umstellungen und Anpassungen zu helfen. Dank der Aufgeschlossenheit von Landesregierung und Landtag wirkte Oberösterreich bahnbrechend auf dem Gebiet des kleingewerblichen Kreditwesens. Die Mittel, die auf diese Weise in Oberösterreich in den letzten fünf Jahren, von 1955 bis 1960, in diesem Rahmen vergeben wurden, erreichten insgesamt 127 Millionen Schilling.

Durch die Neuorientierung vieler Gewerbezweige und die Mechanisierung auch der Kleinbetriebe ist es notwendig, nicht nur die Wirksamkeit des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Handelskammer weiter auszugestalten, sondern vor allem auch dem Ausbau des Berufs- und Fachschulwesens besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Eine große Zukunftsaufgabe ist nach wie vor für Oberösterreich und die Kammerorganisation die Förderung des Mühlviertels. Es wird auch weiterhin alles unternommen werden, um die Verkehrsverhältnisse zu verbessern, die bestehenden Betriebe auf gesunde Grundlagen zu stellen und neuen Projekten Förderungsmaßnahmen zuteil werden zu lassen, wenn erwartet werden kann, daß sie zu einer echten Konsolidierung der Wirtschaftsstruktur beitragen.

Oberösterreich initiativ in der Hilfe für die Kohlenreviere

Die Bestrebungen einer elastischen Wirtschaftspolitik, wie sie in Oberösterreich verfolgt wird, haben sich neuerdings bei der Frage einer Hilfe für den inländischen Kohlenbergbau wiederum bewährt. Neben den Bemühungen auf Bundesebene, den Braunkohlenbergbau zu sanieren, wurden in Oberösterreich selbst Sofortmaß- nahmen ergriffen, die, wie unter anderem der Aufruf der Sektion Industrie an die großen Kohlenverbraucher, eine Krisenbevorratung an Braunkohle vorzunehmen, auch sodann von den Bundesinstitutionen übernommen wurden. Ebenso geht die in Regierungskreisen nunmehr bestehende Absicht, die Kohlengebiete als Entwicklungsregionen einzustufen, auf eine Anregung der Handelskammer Oberösterreich zurück.

Fremdenverkehr - ein wichtiger Faktor für die Gesamtwirtschaft

Groß ist die Bedeutung des Fremdenverkehrs für die entwicklungsbedürftigen Gebiete und die Gesamtwirtschaft. Gerade dort, wo für Industrie und Gewerbe die regionalen Voraussetzungen fehlen, sind vielfach die Möglichkeiten günstig, als neue Erwerbsgrundlage den Fremdenverkehr zu entwickeln. Deshalb müssen die Bemühungen um seinen weiteren Ausbau noch forciert werden.

Die Tatsache, daß Oberösterreich mit 23 Prozent an der österreichischen Industrieproduktion, mit 20 Prozent an jener des Gewerbes und mit mehr als 25 Prozent am' österreichischen Export beteiligt ist, zeigt, daß das Land wirtschaftspolitisch einen guten Weg gegangen ist, und Oberösterreich innerhalb der österreichischen Wirtschaft eine Größenordnung erreicht hat, die im gesamtösterreichischen Sinne ausschlaggebend ist. Die Wirksamkeit von Landesverwaltung und Wirtschaftsvertretung in Oberösterreich ist von der Mitverantwortung dafür gekennzeichnet, daß Österreich auch in Zukunft ein Staat bleibt, dessen Bürger in Wohlstand und Sicherheit leben, deren höchstes Gut jedoch die Freiheit ist.

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