Hektik in der virtuellen Bank

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360.000 Menschen tätigen in Österreich bereits Banktransaktionen über das Internet. Fieberhaft arbeiten die Banken an neuen Technologien.

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360.000 Menschen tätigen in Österreich bereits Banktransaktionen über das Internet. Fieberhaft arbeiten die Banken an neuen Technologien.

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Tag für Tag werden rund um den Erdball Geldtransaktionen "im unvorstellbaren Wert von 19 Trillionen Dollar durchgeführt. Bis 2005 soll dieser Betrag auf täglich 40 Trillionen Dollar anwachsen", hieß es kürzlich in der Zeitschrift Economist. Man kann sich vorstellen, dass dies die Finanzinstitute weltweit vor große Herausforderungen stellt. Die modernen Kommunikationstechnologien - allen voran das Internet - sind der Motor in dieser neuen Wirtschaftswelt. Damit erklären sich auch die hektischen Internet-Aktivitäten der europäischen und heimischen Banken.

Anfang März teilten die Postsparkasse (PSK), Erste Bank, Bank für Arbeit und Wirtschaft (Bawag) und die Raiffeisen Zentralbank (RZB) ihren Einstieg ins Handyranking mit, das Kontoabfragen und Überweisungen über internetfähige Handys (WAP) ermöglicht. Unabhängig vom Computer, immer und überall. Im April gingen die Ankündigungen weiter: Die Bank Austria gab die Gründung der Internet-Handelsplattform Trading PIT bekannt, die Erste Bank eine europaweite Online-Banking-Plattform und die RZB gründete Trade.com, einen Internet-Brokerdienst.

Doch gehen wir zurück, als das sogenannte "Electronic Banking" begann: Rasanter Zuwachs Schon seit Jahren ist es möglich, sich via Computer mit seiner Bank zu verbinden, aktuelle Kontoinformationen abzufragen und Zahlungen in Auftrag zu geben. Voraussetzung für diese Form des Online-Banking ist ein spezielles Programm oder Softwarepaket, das die Bank gegen eine Lizenzgebühr zur Verfügung stellt. Darüber hinaus benötigt man ein Modem, das den PC mit dem Telefon verbindet. Dann wählt man sich in das Computernetz der jeweiligen Bank ein. Diese Form des Online-Banking mittels spezieller Software hat sich vorwiegend bei Geschäftskunden durchgesetzt, die ihre Bankgeschäfte offline erledigen - also ohne anfallende Telefonspesen - und sich dann nur kurz bei der Bank einwählen, um die Informationen zu überspielen. Der Nachteil dieser Form des E-Banking: die Software musste immer wieder den neueren und schnelleren Computersystemen der Banken angepasst werden. Bei der neuen Form des E-Banking über das Internet fällt das Upgraden (das ständige Aufrüsten der Software) weg. Die Kunden benötigen nur noch einen Internet-Browser, der sie mit World Wide Web verbindet.

Dem Internet-Banking wird für die kommenden Jahre ein rasanter Zuwachs vorhergesagt. Bis zum Jahr 2003 soll es in Europa bereits 34 Millionen Online-Bankkonten und 12 Millionen Online-Anlagekonten geben. Jeder dritte Europäer verwaltet dann sein Bankkonto online, glauben jedenfalls die Analysten des US-Marktforschungsinstitut Jupiter Communications.

In Österreich tätigen derzeit rund 360.000 Menschen Banktransaktionen über das Internet. 120.000, also ein Drittel davon, sind Raiffeisenkunden, erklärt Walter Mösenbacher, verantwortlich für Neuen Medien und Electronic-Marketing bei der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Vor allem die Steigerungsraten lassen die Banker für die Zukunft hoffen.

Voraussetzung, um Electronic Banking über das Internet nutzen zu können, ist ein PC mit Internetzugang. Nach dem Einwählen beim Internet-Provider - er stellt die Auffahrt auf den Datenhighway bereit - wird die Homepage der jeweiligen Bank aufgerufen. Mit einem Code, der vom Bankinstitut abzuholen ist, erhält man über das Internet Zugriff auf das eigene Konto und kann, je nach Belieben, Kontostand abfragen, In- oder Auslandsüberweisungen vornehmen, Einzugsaufträge erteilen - unabhängig von den Öffnungszeiten. Um Internetbanking auszuprobieren, loggt man sich als "Testuser" beim I-Banking seiner Bank ein und lässt sich das ganze Prozedere erklären.

Für Bankgeschäfte über das Internet wollen die heimischen Banken 20 Prozent ihrer Kunden begeistern. Der überwiegende Teil werde jedoch ein sogenannter Multi-Kanal-Nutzer sein, der seine Bankgeschäfte sowohl übers Internet als auch die Filialen erledigt, so die Annahme. Rund ein Fünftel der Menschen wird jedoch auch weiterhin ausschließlich den persönlichen Kontakt in der Filiale suchen.

Im Wertpapierhandel hat Internetbanking bereits den Durchbruch geschafft. Immer mehr Privatpersonen surfen stundenlang herum, um Informationen zusammenzutragen, wie sie ihr Geld möglichst gewinnbringend anlegen können. Und so bieten immer mehr Banken und Broker ihre Dienstleistungen - also eine Online-Depotverwaltung für einen Wertpapier- An- und Verkauf - übers Web an.

8.000 Online-Depots Die RZB bietet E-Brokerage derzeit in vier Bundesländern an. "In Oberösterreich haben wir bereits 8.000 Online-Depots. Dort werden mittlerweile monatlich rund 400 Millionen Schilling gehandelt", informiert Walter Mösenbacher, verantwortlich für Neue Medien und E-Marketing. Angespornt von diesem Erfolg startet die RZB im Herbst dieses Jahres ihr weltweites Internet-Portal Trade.com. Als Partner für dieses Joint Venture hat man sich die US-Investmentbank BlueStone Capital Partners ins Boot geholt, deren Internet-know-how den RZB-Kunden den Zugang zu Echtzeit-Wertpapierquotierungen an mehr als 50 Börsenplätzen weltweit öffnet und außerdem umfassendes Analyse-Material über das Netz zur Verfügung stellt.

Doch nicht nur über das Internet lassen sich die Bankgeschäfte der Zukunft erledigen, auch das Handy bietet sich dazu an. Als erste Bank hat die Postsparkasse (PSK) Handyranking mit dem Short Message Service (SMS) eingeführt. Dabei werden mit vordefinierten Nachrichten an den Großrechner der Bank Kontostand, Umsätze, letzte Buchungen, Gutschriften, Lastschriften und Überweisungen abgefragt. Der Rechner antwortet über SMS. Hat man das Display eines Handys vor Augen, kann man sich vorstellen, dass dieser Service alles andere als benutzerfreundlich ist. Trotzdem bleibt Handyranking interessant. Dafür wird die neue Handy-Internet-Technologie (WAP) sorgen.

Direkter Börsezugang Handyranking über WAP-Mobiltelefone steht seit Anfang März Kunden der Bawag, Erste Bank, RZB und PSK zur Verfügung. Christoph Titze, zuständig für Internetmarketing erklärt die Strategie der PSK: "Wir waren die erste Bank, die mit Handys etwas gemacht hat. Deshalb haben wir uns auch bei WAP-Anwendungen für einen schnellen Start entschlossen". Vorerst können WAP-Handy-Besitzer ihren Konto- und Depotstand in Erfahrung bringen. Ein zweiter Schritt ist für Sommer geplant. Dann werden auch Überweisungen und Wertpapierorder über das Handy möglich sein.

Jeder zweite Österreicher besitzt derzeit ein Mobiltelefon. Bis Ende des Jahres könnten es schon 70 Prozent sein. Jedes fünfte dieser Telefone soll dann schon mit der neuen WAP-Technik ausgestattet sein. Trotz derzeit noch geringer Übertragungsraten stehen die Zukunftschancen für Electronic Banking via Handy gut - vorausgesetzt, die WAP-Technologie entwickelt sich weiter.

Zurück in die Zukunft und zu den Internetaktivitäten der größten heimischen Bank, der Bank Austria (BA): Dort ist Electronic-Commerce Chefsache. In den Ausbau der Online-Aktivitäten plant die BA jährlich rund eine Milliarde Schilling zu investieren. Die Internetstrategie der BA ruht auf drei Säulen. Walter Gruber, verantwortlich für Electronic Banking im Konzern erklärt sie so: Neben einer Multi-Kanal-Strategie (Internet, Zweigstelle, mobiler Vertrieb) und dem Aufbau elektronischer Marktplätze ist für uns der Ausbau elektronischer Systeme zum europaweiten Handel mit Finanzinstrumenten - Aktien, Anleihen, Investmentfonds, Derivate und Treasury-Produkte - ein Hauptanliegen. Zu diesem Zweck wurde Anfang April zusammen mit dem Daimler Chrysler Softwarehaus debis die Handelsplattform Trading PIT gegründet. Anfang 2001 soll der weltweite Handel mit Finanzinstrumenten in einer Light-Version starten. Die gesamte Produktpalette ist für Anfang 2004 geplant. Im Zusammenschluss mit der caibon.com Internet Service AG, wird dann der direkte Zugang zu allen internationalen Börsen in Ost- und Westeuropa möglich sein. Die caibon.com ist eine Internet-Gesellschaft der CA IB Investmentbank für den osteuropäischen Raum, die im Sommer mit Ungarn in Betrieb geht.

Fieberhafte Internet-Aktivitäten also derzeit bei allen großen heimischen Banken. Nicht so wichtig ist offensichtlich, wie die Kunden letztendlich in die virtuelle Bank kommen - ob per Internet, Handy, Web-TV. Die Zuversicht ist groß, dass sie kommen werden.

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