Historisch und zahnlos

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Der Gipfel der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf ist zu Ende, und alle freuen sich: die Industrienationen, weil die Entwicklungsländer ihre Zölle auf Industriegüter senken werden. Irgendwann. Auf irgendeinen geringeren Prozentsatz als jetzt. Die Entwicklungsländer wiederum sind zufrieden, weil die Industrieländer ihre Landwirtschaftssubventionen abschaffen werden. Irgendwann. Und sie werden ihre Einfuhrbeschränkungen für Agrarprodukte senken. Wann? Genau! Irgendwann. Auch die Festlegung, welche "sensiblen Produkte" sie weiterhin schützen dürfen, wie es in dem vorliegenden Papier heißt, wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Im Vorjahr war das WTO-Ministertreffen ergebnislos abgebrochen worden, von einem drohenden Scheitern der derzeitigen Welthandelsrunde war die Rede gewesen. Und davon, dass die WTO nun durch zahlreiche bilaterale Verträge ausgehöhlt werden könnte. Erleichterung also über das Ergebnis von Genf und entsprechend euphorisch die Aussagen der beteiligten Politiker: EU-Agrarkommissar Franz Fischler spricht von einem "wirklich guten Tag für die Weltwirtschaft", Deutschlands Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) jubelt, "der Rückschlag von Cancún ist wettgemacht." Und WTO-Chef Supachai Panitchpakdi nennt die Einigung gar einen "historischen Augenblick für diese Organisation".

Aber worin besteht diese angeblich historische Einigung? Darin, dass die heiklen Punkte in späteren Verhandlungen geklärt werden. Aber erst, wenn sich Arm und Reich tatsächlich darauf einigen können, welche Beschränkungen und Subventionen in welchem Ausmaß bis zu welchem Termin zurückgenommen werden, kann die WTO beweisen, was jetzt schon alle feiern: Dass sie dem freien Welthandel einen enormen Schritt nähergekommen ist.

claudia.feiertag@furche.at

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