Ich bin, weil wir sind

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Mehrere Faktoren sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft in Zukunft noch vielfältiger sein wird. Das erfordert schon heute ein Umdenken: Im Fokus müssen Menschen stehen, nicht Profit.

Längst ist unsere Welt zu ein globalen Dorf geworden, unsere Gesellschaft ist vielfältiger dann je. Diese Tendenz wird sich in Zukunft verstärken. Dies hat nicht nur mit der Mobilität von Menschen und Güter zu tun, sondern auch mit sich verändernden gesellschaftilchen Strukturen.

Das beginnt bei der Familie: Die Familienstruktur hat sich in den letzten Jahren enorm verändert. In Haushalten lebt man im Patchwork oder alleinstehend, beide Elternteile sind berufstätig, es leben Menschen des gleichen Geschlechts, aus unterschiedlichen Kulturen oder verschiedenen Glaubensrichtungen zusammen. Auch das Generationenverhältnis verschiebt sich, weil immer mehr Menschen später Eltern werden. Die aus diesen Familienmodellen hervorgehenden Persönlichkeiten - also die Arbeitnehmer und Führungskräfte von morgen - haben bis jetzt unbekannte multidimensionalen Biografien, deren Verständnis und Zugang zur Arbeit völlig anders sein wird als bis jetzt. Deshalb werden in der Arbeitswelt der Zukunft Führungskompetenzen jenseits der herkömmlichen notwendig sein, um mit den vielschichtigen Biografien effektiv umzugehen

Mehrheit? Minderheit?

Ein weiterer Faktor, der die neue Gesellschaftsstruktur beeinflusst, ist die Einwanderung. Obwohl Österreich laut manch lauter Meinung kein Einwanderungsland ist, steigt der Anteil an Menschen mit sogenanntem "Migrationshintergrund“ ständig. Heute gehören 16,3 Prozent aller Österreicher dazu. Von den 8,3 Millionen Österreichern waren das 2007 1,4 Millionen Personen. Im Jahr 2001 waren es laut Volkszählung noch 14 Prozent gewesen. In Wien stellen Menschen mit "Migrationshintergrund“ 31,4 Prozent der Bevölkerung. Auch diese Gruppe ist alles andere als homogen. Hier haben wir mit vielfältigen Biografien mit andere Wertesysteme, Erwartungshaltung und Umgangsformen zu tun.

Die Statistik weist auch auf den nächsten Faktor hin: Aktuelle demografische Entwicklungen in Österreich und Europa zeigen deutlich, dass die Bevölkerung schrumpft. Während immer weniger Babys geboren werden, steigt die Lebenserwartung der Älteren an. Das hat verheerende Auswirkungen auf Pensionen, Steuern, Gesundheits- und Sozialversorgung. Die Wirtschaft erlebt einen steigenden Fachkräftemangel. Auch in öffentlichen Einrichtungen, wie Krankenhäusern, Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen, in den Kirchen, aber vor allem in die Politik lässt sich der Bedarf an qualifizierte Mitarbeitern nicht mehr leugnen. Alle vier Minuten werden weltweit 600 Babys geboren. 150 davon in Indien, 3,6 in Deutschland und 0,5944 in Österreich. Wie werden wir unseren Bedarf an Arbeitskräften in Zukunft abdecken? Wie vielfältig werden diese dann sein? Die scheinbare Mehrheit ist inzwischen eine Minderheit. Und die neue Mehrheit ist sehr vielfältig.

Massiver kultureller Wandel

Hinzu kommen die Wechsel an der Spitze der reichsten Menschen der Welt. Der reichste Mann ist Mexikaner. Er besitzt Telekom-Austria-Anteile. Die reichste schwarze Frau der Welt kommt aus Nigeria. Trotzdem werden Distanzen kleiner: Durch neue Kommunikationstechnologien sind wir vernetzter denn je und enger miteinander verbunden.

Diese Trends erfordern zukunftsorientierte Führungskompetenzen: Ein komplettes Umdenken und ein klares Bekenntnis zur Vielfalt sind notwendig. Ob in Organisationen, soziopolitischen oder wirtschaftlichen Einrichtungen: Alle sind herausgefordert, ein neues Wertverständnis zu definieren. Um Menschen in ihrer Vielfalt effektiv einbinden zu können, muss sich ein Führungsstil mit Herz durchsetzen. Er muss den Menschen statt dem Profit im Fokus haben. Ein gutes Bespiel dafür ist die afrikanische Ubuntu-Philosophie, die besagt: "Ich bin, weil wir sind.“ Ubuntu geht davon aus, dass wir in einer Gemeinschaft (auch: einem Team oder einem Unternehmen) am effektivsten sind, wenn jedes Mitglied dieser Gemeinschaft sich eingebunden fühlt. Zugehörigkeitssinn und Wertschätzung stärken die Bereitschaft,Verantwortung mitzutragen.

Die Wiederwahl Barack Obamas und eine Analyse der Wahltrends zeigen nicht nur die Kräfte einer multikulturellen Gesellschaft, sondern auch, wohin die Reise führt. Und zwar nicht nur in Amerika, sondern im gesamten globalen Dorf. Sie zeigt auch deutlich, dass wir an einen Wendepunkt des massiven, kulturellen Wandels in unserer Gesellschaft gelangt sind, der voller Herausforderungen, Inspirationen und Möglichkeiten ist. Die Frage ist: Wofür entscheiden wir uns? Wir haben es in der Hand.

Die Autorin ist Gründerin und Geschäftsführerin von Diversity in Leadership & Consulting.

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