IWF hat total versagt

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die furche: Wie ist es zur Krise in Argentinien gekommen, und welche Rolle spielen dabei Weltbank und IWF?

oscar ugarteche: Bei den letzten Wahlen 1999 erwartete die argentinische Bevölkerung den Wechsel hin zu mehr Einfluss ihrer Regierung auf die Wirtschaft des Landes. Heraus gekommen ist die selbe Politik wie zuvor. Warum? Der Grund dafür ist, dass die Regierung - gleich welche auch immer -, durch Vorgaben und Verträge mit der Weltbank, mit dem IWF, mit der WTO in ihrem Spielraum vollkommen eingeschränkt ist. Die Menschen wählen zwar Parteien mit der Annahme, sie wählen zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Das stimmt aber nicht. Die Staaten werden nicht mehr von Politikern und Parteien gelenkt, sondern von den vorgegebenen Strukturen.

die furche: Wie gelangt dann Argentinien wieder aus der Krise?

ugarteche: In Argentinien ist jetzt nicht nur das Geld aufgebraucht, auch die Demokratie ist ausgezehrt. Wie viele Präsidenten hat das Land in den letzten Wochen verschlissen? Fünf, sechs? Keiner weiß, was er tun soll. Ich bin überzeugt: Bleibt Lateinamerika auf diesem Weg, oder besser gesagt, wird es dazu gezwungen, dann geht dieser Kontinent vor die Hunde. Der Fall Argentinien steht doch nicht allein. Erinnern wir uns an die Probleme in Mexiko, Peru, Ecuador, Brasilien. Jetzt sind wir Augenzeugen, wie sich die Situation in Kolumbien zuspitzt. Und schauen wir weiter: Thailand, Indonesien, Korea, Russland. In allen diesen Fällen spielte und spielt der IWF eine maßgebliche Rolle.

die furche: Machen Sie hier nicht den Arzt für die Krankheiten des Patienten verantwortlich?

ugarteche: Nein! Was ich aber schon tue, ich sage, dass der Arzt nicht das tut, was er hätte tun sollen. Das wäre, erstens vor absehbaren Krisen zu warnen, und zweitens, eine Änderung der Wirtschaftspolitik zuzulassen. In Argentinien hat der IWF in allen Belangen versagt. IWF und Weltbank sind Teil des Problems und nicht dessen Lösung. Denn ihre Rolle wäre es doch, die Welt zu stabilisieren und nicht zuzusehen, wie die Wirtschaft eines Landes in die Krise gerät.

die furche: Was müsste sich ändern?

ugarteche: Das Problem ist, dass dieses System für ein paar Hundert Millionen Menschen perfekt funktioniert. Der Rest, die überwältigende Mehrheit, schaut indes durch die Finger. Ändern müssten sich zunächst einmal die Rahmenbedingungen: Mit IWF und Weltbank gibt es zwar eine internationale Exekutive. Wo aber ist eine internationale legislative Kraft? Dazu gehört, dass Schluss sein muss mit den herrschenden doppelten Standards. In Europa und Nordamerika wird die Landwirtschaft mit Subventionen gestützt. Wie sollen auf so einem Markt Entwicklungs- und Schwellenländer jemals Fuß fassen können. Eine Schweizer Kuh wird im Jahr mit rund 2.000 Dollar subventioniert. Davon können in Peru die meisten Menschen nur träumen.

Auf lange Sicht gibt es in diesem Spiel jedoch keine Sieger. Wir werden sehen, welche Auswirkungen die Krise in Argentinien auf das spanische Bankensystem und damit Europa haben wird. Es gibt keinen abgeschlossenen Markt mehr. Und es ist auf Dauer nicht möglich, zwei Spiele auf einem Spielfeld zu spielen.

Oscar Ugarteche ist peruanischer Wirtschaftsforscher und Experte zu Verschuldung und Globalisierung.

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