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Keine echten Erfindungen
Fortsetzung von Seite 14
aus Eigentumsrechten behindert werden. „Patente von menschlichen Genen oder Genabschnitten", kritisiert denn auch Manuel Machado Macedo, Präsident der Europäischen Arzte in Brüssel, „gefährden die Freiheit der Forschung und behindern den medizinischen Fortschritt."
Auch für die Landwirtschaft brächte der speziell für die Biotech-Industrie erweiterte Patentbegriff große Urnwälzungen. So dürften Bauern eine neue Super-Tierrasse aus dem Genlabor nur noch soweit vermehren, als es für deren Fortbestand im eigenen Betrieb nötig wäre. Wer dagegen von Viehzucht lebt, wird zur Kasse gebeten werden oder bei nicht-patentierten Tieren bleiben. „Ein Ferkelzüchter", illustriert AK-Kon-sumentenschützerin Weinhandl, „muß zahlen - und zwar die Gebühr, die der Lizenzinhaber festsetzt. Wir fordern dagegen ein volkswirtschaftlich gerechtes Entgelt." Das soll Willkür und eine Belastung vieler Landwirte zugunsten einiger weniger Gentech-FJnternehmen verhindern.
Ahnlich teuer kann einen Bauer die Aussaat kommen. Während er bei konventioneller Züchtung mit dem Preis fürs Saatgut eine einmalige Lizenz berappen mußte, würde das erweiterte Patent auf eine gentechnisch veränderte Pflanze zusätzliche Forderungen des Saatgut-Entwicklers bedeuten: Das Anbauen selbst, das Ernten und natürlich das Weiterzüchten kämen so unter seine Kontrolle. Die Agrochemie-Biesen rechtfertigen den Wunsch nach Mehreinnahmen mit ihren hohen Aufwendungen»für Forschung und Entwicklung, die auch für nicht marktfähige Kreationen anfielen. „Bisher", glaubt der Pflanzenphysiologe Helmut Kinzel dagegen an das bewährte Instrument des Sortenschutzes, „ist es auch bei erfolgreichen konventionellen Züchtungen ohne Patentierung gegangen". Thomas Schweiger, Lobbyist der Umweltorganisation Global 2000 in Brüssel, sieht mit der neuen Bicht-linie gar die „schöne, neue Welt" der Agroindustrie heraufdämmern: „Bauern werden dadurch eigentlich nur zu Angestellten dieser Firmen."
Ähnlich grundsätzlich fiel kürzlich die Entscheidung des Europäischen Patentamts in München über einen Greenpeace Einspruch aus. Die belgische Firma PGS hatte für einen umgebauten Baps ein weitreichendes Patent beantragt. Ganze Pflanzen, so befand die vorletzte Instanz auf der Basis des EPÜ, sind nicht patentierbar, weil Wachsen ein natürlicher Prozeß und daher keine Erfindung ist.
Parallel zu den Patentbehörden ringt das EU-Parlament ab April um eine Einigung mit dem EU-Bat über den Bichtlinien-Entwurf, der, einmal von beiden beschlossen, sich in allen Mitgliedsländern in nationalen Gesetzen niederschlagen muß. Zumindest bis dahin könnte Osterreich das Patentieren von Iebewesen verbieten, wie es das von Global 2000, der Laienorganisation „Arge Schöpfungsverantwortung" und anderen Umweltgruppen getragene Gentechnik-Volksbegehren fordert.
Verschärft wird das Tauziehen um die Bichtlinie dadurch, daß das Parlament zu einem früheren, sehr ähnlichen Entwurf auf Basis des Maastricht-Vertrages erstmals ein endgültiges „Nein" gesagt hat.
Der Autor ist
Umweltjournalist und PH Berater.
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