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Wie karitative Arbeit mit wirtschaftlichem Erfolg in Einklang gebracht werden kann, zeigt die Bischöfliche Stiftung St. Severin, die zur Finanzierung der Caritas-Arbeit drei Firmen betreibt.

Eine Lagerhalle in Oberösterreich: 60 Tonnen Saatgut, noch vom Vorjahr, sind im Weg. Sie blockieren den Platz, der schon für die nächste Generation von Samen - mit mehr Ertragspotenzial und verbesserter Schädlingsresistenz - gebraucht wird. Zwar ist das Saatgut noch völlig in Ordnung, aber auf einem Markt, in dem es schon ein Nachfolgeprodukt gibt, nicht mehr absetzbar. Das Lager leerzuräumen und die Samen zu entsorgen, scheint die einzige, wenn auch teure, Lösung.

Von einer Halle voller Samen können dagegen die Mitarbeiter der rumänischen Caritas, die unter anderem in Siebenbürgen einen Landwirtschaftsbetrieb führen, nur träumen: Das Geld ist wie immer knapp, dementsprechend auch das Saatgut. 60 Tonnen kämen da gerade recht.

Vermittler in der Not

Bis vor etwas mehr als einem halben Jahr hätten die Österreicher wohl nichts von den Problemen der Rumänen erfahren - und umgekehrt. Seit Juni 2002 gibt es dafür die oberösterreichische "Hand Over Sozial-Handelsagentur", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, eben solche Beschaffungsprobleme von Non Profit Organisationen (NPO) wie der Caritas zu lösen. "Zuerst wollte die Firma das Saatgut nicht herschenken. Aber sie hat ja das Lager gebraucht und sich dann doch überzeugen lassen, dass wir die einzig vernünftige Lösung bieten", erklärt der "Hand Over"-Geschäftsführer Friedrich Mayrhofer. Die Agentur organisierte den Transport der Getreidesaat von Österreich nach Rumänien.

"Hand Over" wird für solche Transaktionen auf Provisionsbasis bezahlt: zwischen einem Viertel und einem Drittel dessen, was sich die NPO dank der Arbeit der Agentur gegenüber dem üblichen Marktwert erspart. Aber natürlich ergänzen einander Angebot und Nachfrage nicht immer so optimal. Dann könne man die benötigten Waren eben nicht gratis, mit den richtigen Kontakten und Marktkenntnissen aber meist zu absoluten Sonderkonditionen auftreiben, ist Mayrhofer sicher. "Derzeit statten wir ein Mutter-Kind-Heim in Weißrussland mit Möbeln und einer Kücheneinrichtung aus."

Auf der anderen Seite kommt es auch vor, dass ein Unternehmen Restposten verschenken will, die gerade keine NPO braucht. "Die nehmen wir dann trotzdem und verkaufen sie in Osteuropa. Der Produzent spart sich die Entsorgungskosten, wir haben beträchtliche Warenwerte und die Leute im Osten bekommen die Waren von uns zu Sonderpreisen, die sie sich trotz der niedrigen Einkommen dort leisten können."

Dass die "Hand Over" eine hundertprozentige Tochter der Bischöflichen Stiftung St. Severin des Linzer Diözesanbischofs Maximilian Aichern ist, wird dabei nicht in den Vordergrund gestellt. Genauso wenig wie bei den beiden anderen Unternehmen, die von der Stiftung gegründet wurden.

Mayrhofer, der neben seiner Tätigkeit bei "Hand Over" auch Stiftungsvorstand ist und vorher Geschäftsführer der oberösterreichischen Caritas für Menschen mit Behinderungen (CMB) war, erzählt: "Ich habe mich immer schon dafür interessiert, wie man die wirtschaftlichen Teile, die ja auch in einer NPO mitlaufen, entsprechend gewinnbringend organisieren kann. Zum Beispiel müssen ja neben den klassischen Non-Profit-Bereichen wie Alten- oder Behindertenbetreuung auch die Liegenschaften verwaltet werden, auf denen sich die Alten- und Behindertenheime befinden. Dann gibt es in den Einrichtungen auch Küchen, die bisher die Caritas selber betrieben hat." Da der Qualitätsanspruch in jedem einzelnen Bereich immer größer und gleichzeitig die Förderungen durch die öffentliche Hand immer karger wurden, beschloss die CMB, sich auf ihr Kerngeschäft, die Behindertenarbeit, zu konzentrieren. Die wirtschaftlich relevanten Bereiche sollten in Form eines eigenen Unternehmens ausgegliedert werden, das wiederum die langfristig erhofften Erträge karitativen Zwecken zuführen sollte. Aus förderungs- und steuerrechtlichen Gründen wurde die Form der Stiftung gewählt, die Stiftung St. Severin gegründet. Mit einem Barvermögen von zwei Millionen Euro. Sukzessive wird derzeit das Liegenschaftsvermögen der CMB im Wert von mindestens 50 Millionen Euro an die Stiftung übertragen und dann wieder an die CMB verpachtet. "Zu marktüblichen Preisen", erklärt Mayrhofer. "Aber dafür ist die CMB ja auch alle Probleme los, die mit der Liegenschaftsverwaltung zu tun haben."

Um auch in anderen Wirtschaftszweigen aktiv werden zu können, wurde von der Stiftung im Vorjahr neben der Sozial-Handelsagentur noch ein zweites Tochterunternehmen gegründet: die "devo consult Projektentwicklung und Unternehmensberatung", die einerseits die Marktchancen für weitere Tochterfirmen der Stiftung analysiere, gleichzeitig aber auch als "ganz normale Unternehmensberatung ihre Kenntnisse auf dem Markt für alle interessierten Organisationen im Profit- und Non-Profit-Bereich anbietet", erklärt der zweite Stiftungsvorstand, Maria Homm. Analysiert und für gut befunden wurde bisher das Konzept der "Viva Cantina Contract Catering GmbH", die seit Jänner dieses Jahres Betriebs- und Einrichtungsküchen anbietet und ebenfalls ein Tochterunternehmen der Severin-Stiftung ist. Derzeit gibt es zwar erst eine solche Betriebsküche in Oberösterreich, die ein Gymnasium und eine Firma versorgt und gleichzeitig als Schauküche für potenzielle Vertragspartner dient. "Aber wir verhandeln schon mit einigen Interessenten über weitere Standorte", berichtet Homm.

Bier für pastorale Zwecke

Dass eine kirchliche Stiftung Wirtschaftsunternehmen betreibt, die sich auf dem freien Markt bewähren müssen wie jede andere Firma auch, mag auf den ersten Blick verwundern. Bei genauerer Betrachtung allerdings zeigt sich, dass das so neu gar nicht ist, analysiert Mayrhofer: "Klöster haben ja schon immer Betriebe geführt, Brauereien oder Holzwirtschaften zum Beispiel, und haben mit den Erträgen ihre pastorale oder karitative Arbeit finanziert. Wir machen ja nichts anderes."

Werte im Dialog mit der Wirtschaft

Die Analyse des Wechselspiels von Ökonomie und Ethik will die Industriellenvereinigung (IV) forcieren. Sie schreibt daher den "Preis für die Förderung des Dialogs von Wirtschaft, Ethik und Religion" aus, der mit insgesamt 7.500 Euro dotiert ist.

Eingereicht werden können Arbeiten, die sich mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Ethik, Theologie, Religion oder Kirche befassen und darauf ausgerichtet sind, "sachgerecht, menschengerecht und gesellschaftsgerecht zu wirtschaften". Die mögliche Form der Arbeiten reicht dabei von Zeitschriftenbeiträgen und Essays über Seminar-, Projekt- und Diplomarbeiten bis hin zu Dissertationen sowie Habilitationen. Teilnehmen können alle österreichischen Staatsbürger, die an einer theologischen Fakultät oder Hochschule innerhalb der Europäischen Union studiert haben oder derzeit studieren, sowie ausländische Staatsbürger, die an einer österreichischen theologischen Fakultät oder Hochschule studieren oder studiert haben.

Die Arbeiten müssen innerhalb der vergangenen zwei Jahre fertig gestellt worden sein und können bis Freitag, den 7. März 2003 bei der IV eingereicht werden.

Nähere Informationen zu den Modalitäten gibt es unter der Telefonnummer 01/711 35-2231 oder im Internet unter www.iv-net.at (unter dem Menüpunkt Service - Initiativen & Preise).

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