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Klingeln endlich die Pensionskassen?

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Die Versorge für den ersehnten Lebensabend wird in anderen europäischen Ländern längst auch durch Mithilfe von Pensionskassen bewerkstelligt (siehe furche Nr. 13, Seite 14). In Osterreich faßt diese „zweite Säule” der Pensionsvorsorge erst allmählich Fuß.

dieFurche-. Warum ist es in Österreich den Pensionskassen nicht so richtig gelungen, Tritt zu fassen? Johannes Ziegelbecker: Zum jetzigen Zeitpunkt stimmt die Fragestellung eigentlich schon nicht mehr. Denn die Pensionskassen greifen nun endlich wirklich. Pensionskassen gibt es in Österreich seit 1990 und der Anfang war mühsamer als viele dachten. Die Erwartungen waren allgemein einfach zu hoch angesetzt. Ein neues Produkt auf einem neuen Markt braucht Publizität und damit Zeit. Außerdem ist der Start der Pensionskassen mit einer Rezession zusammengefallen, was die Unternehmen zusätzlich vor einer raschen Entscheidung zurückschrecken ließ, zusätzlich zu den ohnedies schon langen innerbetrieblichen Entscheidungswegen. Pensionskassen haben bisher vor allem

bei Familienbetrieben und Freiberuflern sowie bei Großunternehmen Fuß gefaßt. Gerade von letzteren erwarte ich mir eine Vorbildwirkung, die mittelfristig sicherlich das Geschäft weiter beleben wird.

diefurche:

Wieviele Beschäftigte können bereits mit einer Leistung aus Pensionskassen rechnen? ZlEGEL-BECKER: Ich kann Ihnen die aktuellen Zahlen per 31. Dezember 1994 nennen: 61.035 Begünstigte, davon 51.458 Personen bei überbetrieblichen Pensionskassen und 9.577 bei betrieblichen Pensionskassen. Insgesamt sind das 53.818 Anwartschaftsberechtigte (aktive Mitarbeiter, für die Beiträge geleistet werden) und 6.017 Lei-

stungsberechtigte (Pensionsbezieher). Mit jetzigem Stand sind neun Pensionskassen am Markt, davon vier betriebliche und fünf überbetriebliche, wie die ÖPAG Pensionskasse, bei der ich Vorstandsvorsitzender bin, eine ist.

Noch eine Zusatzinformation: Die Pensionskassen verwalteten per 31. Dezember 1994 ein Vermögen von 15,85 Milliarden Schilling, knapp 60 Prozent davon entfallen auf die überbetrieblichen. Dabei stieg das Vermögen der überbetrieblichen Pensionskassen im Jahr 1994 um 36 Prozent auf 9,13 Milliarden Schilling. Für 1995 erwarte ich mir für den Gesamtmarkt wieder zweistellige Zuwachsraten. Die Zahl der Begünstigten sollte spätestens 1996 100.000 übersteigen.

DIEFURCHE: Welche gangbaren Wege der Forsorge gibt es bei den Pensionskassen?

ZlEGELBECKER: Grundsätzlich ist eine Betriebspension eine Pension vom Arbeitgeber für seine Mitarbeiter. Daher müssen jedenfalls Arbeitgeber-Beiträge vorgesehen sein. Arbeitnehmer-Beiträge sind zusätzlich möglich, diese erhöhen dann die

Pensionsleistung.

Zwei Grundgestaltungsmodelle sind denkbar: beitragsorientiert und \ei-stungsorientiert. Bei beitragsorientierten Lösungen vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Höhe der Beiträge an die Pensionskasse, meist ausgedrückt in Prozent des Bezuges. Die Leistung ergibt sich dann durch Verrentung des Kapitals. Diese Lösung ist aufgrund der besseren Kalkulierbarkeit bei den Arbeitgebern beliebter. Beim leistungsorientierten Modell wird im Gegensatz dazu die Höhe der Zusatzpension zwischen Arbeitgeber und -nehmer vereinbart und die dafür notwendigen Beiträge an die Pensionskasse daraus errechnet. Diese Variante hat sich in der Praxis bisher fast nur dort durchgesetzt, wo schon bisher eine solche Zusage seitens des Unternehmens bestand.

Wichtig ist aus unserer Erfahrung auch die jährliche Beitrags- und Leistungsinformation, die jeder Anwartschafts- und Leistungsberechtigte jährlich von der Pensionskasse erhält. Für den Mitarbeiter wird seine Zusatzpension damit „sichtbar” und die Betriebe können ihre Betriebspension an die Begünstigten

leichter „verkaufen”.

DIEFURCHE: Wieviele Kassen sind eigentlich sinnvoll für Osterreich? ZlEGELBECKER: Der Markt ist mit den derzeit fünf überbetrieblichen Pensionskassen meiner Ansicht nach gut versorgt. Eine wesentlich stärkere Konzentration halte ich nicht für sinnvoll, da ein gewisser Wettbewerb auch in diesem Markt vorteilhaft ist. Zuwachs erwarte ich mir allerdings bei den betrieblichen Pensionskassen, eine Verdoppelung in den nächsten Jahren scheint mir dabei realistisch. Diese werden aber sicherlich aus Kosten- und Know-how-Gründen in Verwaltungsangelegenheiten mit den überbetrieblichen Pensionskassen zusammenarbeiten. Konkurrenz von ausländischen Pensionskassen sehe ich aufgrund der spezifischen und strengen Gesetzeslage in Österreich eigentlich kurzfristig noch keine, mittelfristig müssen wir uns aber darauf einstellen.

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