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Kräftiger Kapitalimpuls für den Mittelstand

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Mit den Mittelstands-Finanzierungsgesellschaf-ten gibt die Steuerreform dem Beteiligungskapital eine neue Chance.

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Mit den Mittelstands-Finanzierungsgesellschaf-ten gibt die Steuerreform dem Beteiligungskapital eine neue Chance.

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In Zeiten der Hochkonjunktur fiel die Kreditlastigkeit der österreichischen Finanzierungskultur nicht weiter auf Die laufende Insolvenzwelle aber ruft mit jedem neuen Fall die Eigenmittelschwäche der heimischen Wirtschaft in Erinnerung. Was dringend benötigt wird, ist die Zufuhr frischen Eigenkapitals von außen.

Für börsenfähige Unternehmen wird mit der Steuerreform durch den Wegfall der Vermögensteuer und die einheitliche Endbesteuerung der Dividenden eine echte Chance eröffnet, wieder auf anlagebereite Investoren zu stoßen. Die Belebung des Kapitalmarktes spiegelt den Vertrauenszuwachs der Anleger wider -er kommt gerade zeitgerecht, um die für den Frühsommer geplante erste Privatisierungstranche aufnehmen und im laufenden Jahr einige Kapitalaufstockungen oder Erstplazierungen unterbringen zu können.

Schwieriger ist die Ausgangssituation für kleine und mittlere Unternehmen, die noch nicht börsenfähig sind. Seit Jahrzehnten gab es ambi-tionierte Versuche, auch ihnen den Zugang zu „kleinen" Kapitalmärkten über Beteiligungsfonds zu geben. Der Grundgedanke dabei ist die Aufbringung von Anlegermitteln durch Beteiligungsgesellschaften, die die ihnen anvertrauten Gelder als Beteiligungen an Unternehmen weitergeben.

Das Anfang der achtziger Jahre zu diesem Zweck kreierte Genußscheinkapital hat sein volkswirtschaftliches Ziel allerdings verfehlt und erweist sich im Rückblick als teurer Flop: Die in den Anlaufjahren sehr hohe Sonderausgabenbegünstigung zur Mobilisierung der Genußscheinzeichner kostete bei anfangs noch 62prozentigen Grenzsteuersätzen mehr als die Hälfte jener 13 Milliarden, die als Beteiligungen mit nur zehnjähriger Laufzeit bei den Unternehmen weiterveranlagt vrar-den. Nach Ablauf der zehnjährigen Beteiligungsdauer steht nun deren sukzessive Rückzahlung ins Haus -sie kann von mehr als 15 Prozent der Unternehmen nicht bewerkstelligt werden. Die fünf Reteiligungsfman-zierungsgesellschaften holten sich im Frühjahr 1993 zu allem Überfluß vom Gesetzgeber die Möglichkeit, ihre Beteiligung dem Unternehmen bei nachhaltiger Ertragslosigkeit sogar vorzeitig zu kündigen. Mitten in der Rezession werden die Genußscheine damit zum Insolvenzrisiko, statt ihre ursprüngHch intendierte Funktion als Risikokapital zu erfüllen.

KONSTRUKTIONSFEHLER

Versuche, den Konstruktionsfehler der zehnjährigen Endfälligkeit durch die Einführung der Genußscheinfonds an der Börse zu sanieren, bheben ohne Erfolg.

Die Steuerreformer haben nun zu Recht der Versuchung widerstanden, wieder teure Steueranreize für ein Nachfolgemodell in Aussicht zu stellen. Stattdessen wurde eine den Staatshaushalt kaum belastende und dennoch voraussichtlich wirksame Erleichterung für sogenannte Mit-telstands-Finanzierungsgesellschaf-ten geschaffen: Die Anteilszeichner werden bis zu einem Nominale von 200.000 Schilling von der 22prozen-tigen KESt befreit, die mobilisierten Mittel in Form von Minderheitsbeteiligungen bei mittelständischen Unternehmen veranlagt. Die Beteiligungsgesellschaften bleiben in den fünf Anlaufjahren steuerfrei, Ausschüttungen aus Beteiligungen behalten dieses Vorrecht auf Dauer. Aus laufenden Ausschüttungen und dem - ebenfalls steuerbegünstigten - Erlös beim späteren Verkauf der Unternehmensbeteiligung hofft man, auf eine insgesamt attraktive Anlegerrendite zu kommen. Im erwünschten Modellfall würden die Anteile an den Unternehmen über die Börse abgeschichtet.

Es gibt derzeit unterschiedliche Einschätzungen über die Erfolgsaussichten. Immerhin bewährt sich das Modell-Vorbild der Steuerreformer, die von Creditanstalt, Deutscher Bank und Investkredit gehaltene Unternehmens-Invest-AG (UIAG), auch ohne die fiskalischen Stützelemente bereits seit 1991. Sogar das Ziel, mittelständische Wachstumsunternehmen an die Börse zu begleiten, wurde in einigen Fällen bereits realisiert.

Einige Mittelstands-Finanzie-rungsgesellschaften sind bereits in Gründung und lassen ein Beteili-gungs-Jahresvolumen von bis zu einer Milliarde möglich erscheinen.

Die jetzt geschaffene Anreizstruktur bietet darüber hinaus die Möglichkeit, nach einem Erfahrungszeitraum mit Fonds von unterschiedh-cher Branchen- und Risikoprofilie-rung gesetzlich nachzuadjustieren. So wäre etwa denkbar, für den kreditgeplagten Tourismus Teile der bisher für Zinsstützungen aufgewendeten Mittel als Renditen-Stützung einzusetzen.

Für diejenigen Unternehmen, denen die Rückzahlung der Genußschein-Beteiligung heute Schwierigkeiten macht, sind die Mittelstemds-gesellschaften allerdings kein Trost. Ihnen ist nur dadurch zu helfen, daß das Risiko in sanierungswürdigen Fällen durch öffentliche Haftungen abgedeckt wird.

STARKE STEUERANREIZE

Auch für die Mitarbeiterbeteiligung wurde mit der Steuerreform ein neues Fenster aufgemacht; Der Vorteil aus dem verbilligten oder unentgeltlichen Einstieg in Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers ist bis zu einem Betrag von 10.000 Schilling pro Jahr von der Lohnsteuer befreit. Die Mindestbehaltedauer der Beteiligung beträgt fünf Jahre, sie kommt daher nur für Stamm-Mitarbeiter in Frage. Bei kluger Gestaltung läßt sich mit diesem Instrument durchaus der Doppeleffekt günstiger Eigenkapitalbildung mit einer verstärkten Motivation der Mitarbeiter erzielen. Die Einfachheit der Konstruktion läßt es ebenfalls jederzeit zu, nach ersten Erfolgen die Steueranreize zu verstärken.

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