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Kultur verbessert die Kommunikation
Es bringt Ihnen nichts”, erklärte ein Theaterproduzent dem PB-Mann eines Automobil-Konzerns und konnte ihn doch überreden, einen sechsstelligen Betrag herauszurücken. Das Argument, das jeden Geldgeber sofort zum Scheckbuch greifen läßt, gibt es nicht. Keine Geheimtips, sondern lange genug durchhalten, bis der Gebetene die Bitte erhört hat. Und wenn der gewünschte Betrag nur deshalb gezahlt wird, um den Antragsteller loszuwerden.
Kosten-Nutzen-Rechnungen sind müßig, sagt der Vorstand der Bayerischen Hypo Bank und widerspricht Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer, der „knallharte” Kalkulationen von Investition und Return erkennt. Wenn sich ein Unternehmen „kulturisiert”, ist die Quote an Fehlleistungen, an Krankenständen, an Zufriedenheit in Lebens-, Partner-und sogar Sexfragen signifikant geringer, die Freizeitgestaltung verbessert sich zugunsten von Kommunikation.
Natürlich weiß man längst, daß sich Kultur rechnet: Die Subventionen der Salzburger Festspiele kommen 105prozentig zurück, die Staatsoper regt die Wirtschaft pro Spieltag zu einem Umsatz von - gering gemessen - einer Million Schilling an.
Trotzdem: Zwischen den Erfolgsfanfaren der stetig steigenden Sponsorbudgets und den lamentierenden Kulturschaffenden scheinen Welten zu liegen. Während eines Referates von Mario Pregesbauer zum Sponsoring der Casinos Austria erzählt schon Jeunesse Musicale-Chef Roland Geyer von seinen alljährlich wachsenden Schwierigkeiten, Sponsoren zu gewinnen.
Einerseits liegt das am Mangel an Kontaktstellen. Schon wachsen kleine, spezielle Agenturen aus dem Boden, die den weiten Weg zwischen Kunstschaffenden und Wirtschaft überbrücken helfen. Neben den konkreten Maßnahmen müssen Vermittler zwischen Wirtschaft und Kunst -zwei Welten mit verschiedenen Sprachen - auch Überzeugungsarbeit leisten. Noch immer haben Künstler Angst vor Erfolg, weil Kommerz und
Qualität in den Ohren vieler (Komponisten) nicht zusammenklingen können.
Natürlich - ganz ohne Einfluß geht es nicht. Wenn die Büromöbelfirma Bene einen Literaturwettbewerb sponsert, muß das Thema der Texte „Büro” sein. Tatsächlich werden sich viele Kunstprojekte verändern, wenn sie Chancen auf Sponsoring haben wollen. Vorhandenes wird wegen Geldmangel austrocknen, Neues in langjährigen Partnerschaften entwickelt werden. Der Markt ist ja innovativ! Die Privaten - die derzeit mit 400 Millionen knapp die Hälfte der Summe der öffentlichen Geldgeber in Kultur fließen lassen - werden nicht die Subventionsgeber ersetzen.Ist Kultursponsoring die Kunst, den Leuten für bestimmte Leistungen mehr Geld zu entlocken, das sie für Kultur sonst nicht ausgeben würden? Verteuert Kapsch seine Telefonanlagen, um die Überschüsse in das Musikfest „Wien Modern” zu investieren?
Schon in der griechischen Antike wurde dem Publikum der Eintrittspreis im Theater ersetzt - Perikles bezahlte den Pächtern die Karten aus der Staatskasse. Weil das Publikum lieber sein Geld im Casino verspielt
als es direkt für Neue Oper auszugeben, sammelten die Casinos Geld bei der Opernballtombola 1994 und stifteten einen Preis „Pro Opera” für das ungeliebte Kind zeitgenössische Oper.
Je mehr aufmöbelndes Image ein Produkt braucht, desto besser fürs Kultursponsoring. „Rauchen kann Ihre Gesundheit gefährden” - aber immerhin Kulturgenuß vermitteln. Weil Raucher Menschen verschiedener Werbe-Zielgruppen sind, denkt sich Günter Mayer, der Sponsoring-Verantwortliche der Austria-Tabak-Werke, verschiedenen Kultursponsoring-Projekte aus - parallel zu den Zigarettensorten.
Die Wege des Künstlers - oder im besseren Fall seines Produzenten -zum Sponsor sind vielfältig: Er gibt ein Inserat in eine Zeitung - wie kürzlich im „Standard” geschehen. Er stellt Parallelen zwischen Kunstwerk und Finanzier her: Ein Computerkünstler wird eher von Siemens-Nixdorf gefördert werden, Neue Musik von einem innovativen Unternehmen - ABB sponserte eine CD mit Hölderlin-Vertonungen des 20. Jahrhunderts.
Zuviel Innovation mindert allerdings die Chancen des Künstlers auf Sponsoring: Der private Geldgeber
muß weit mehr seinen Kopf hinhalten als der Beamte des subventionierenden Ministeriums. Am meisten Chancen hat wohl ein Künstler, der ein Produkt einer kapitalkräftigen Firma abbildet: unübertroffen Andy Warhol und seine Cola-Flaschen.
Wer sagt noch, daß die Wirtschaft der stärkere Partner ist? Immer öfter benennen Geldgeber ihre Produkte nach jenen aus Kulturbranchen: VW sein Golf-Modell nach Pink Floyd, eine Mühl viertier Brauerei ihre Biersorte nach der Meidlinger Band Alkbottie. Ist zu erwarten, daß die Styri-arte bald Gösseriarte heißt?
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