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Landwirt in Pension?

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Es gibt auch im sozialen Bereich Vorstellungen vom Bund als einer Art riesiger Melkkuh, die hoch oben in den Lüften Wolken frißt und mit ihrem prallen Euter bis zur Erde reicht und zum Melken verlockt.

Auf der anderen Seite möchten einige das Wörtchen sozial aus dem Begriff soziale Marktwdrtschaft ausstreichen, so, wie es jenen Schelmen nachgeredet wird, die schuld daran seien, daß die arabische Sieben einen Querstrich hat Sie hätten, so wird gesagt, zwar die Zehn Gebote Gottes mehr oder weniger gern zur Kenntnis genommen, ausgenommen das siebente, das sie in ihrer Wut durchgestrichen hätten...

Im sozialen Bereich werden beide Extreme sichtbar. Das eine: Wegnahme von Eigentum ist erlaubt; das andere: Eigentum hat keine Verpflichtung. Sie, also die zweite Gruppe, ist mit Recht gegen den Versorgungsstaat, doch auch der Wohlfahrtsstaat liegt ihnen schwer verdaulich im Magen.

Der Wohlfahrtsstaat soll alle Berufsgruppen tunlichst gleichmäßig fördern. Im besonderen trifft dies auch bei der Vorsorge für unsere lieben älteren Menschen zu.

Da wird aber mitunter gesagt, die Bauern hätten bei der Vorsorge für die alten Bauersleute am liebsten ihre Hände in den Taschen der anderen.

Schon die Behauptung, daß der Bund 50 Prozent der bäuerlichen Altersversorgung bezahlt ist falsch. Die landwirtschaftliche Zuschußrente, an deren Aufwand sich der Bund mit 50 Prozent beteiligt ist nur der kleinere Teil der bäuerlichen Altersversorgung. Ihr größerer Teil ist die von der Bauernschaft allein getragene Ausgedingeleistung. Ein richtiges Bild ergibt der Vergleich des Bundesbeitrages pro Rente nach ASVG und LZVG. Bisher habe ich mich gescheut, in der Presse diesen Vergleich zu gebrauchen. Wir sind weder neidisch, noch wollen wir den anderen etwas wegnehmen. Aber die Verantwortung für unsere abgearbeiteten alten Menschen zwingt zu Vergleichen, zumal sich die Unterschiede noch ständig vergrößern.

Die folgenden Darstellungen beziehen sich auf den Bundeshaushaltsplan und den Rentenstand vom 30. September 1963 (die Zahlen in den Klammern sind Vergleichszahlen nach dem Bundesfinanzgesetz für 1963 und dem Rentenstand zu Ende 1962).

Der reine Bundesbeitrag von 202 Millionen Schilling (204,5) ergibt sich aus dem nominellen Beitrag von 307 Millionen Schilling (309,5) abzüglich 105 Millionen Schilling (105) Ertrag der Abgabe von land-und forstwirtschaftlichen Betrieben. Der Bundesbeitrag pro Jahr zur landwirtschaftlichen Zuschußrente ist mit 1669 Schilling bei weitem nicht halb so groß wie der Bundesbeitrag zu einer Rente aus der Pensionsversicherung; ja, gemessen an jener für Arbeiter allein, macht er nicht einmal .zwei Fünftel aus. Zudem handelt es sich in der Zuschußrente meistens um verdoppelte Ehepaarrenten. Dadurch wird der Kopfbei trag des Bundes noch wesentlich niedriger. Weiter haben die Zuschußrentner keine obligatorische Krankenversicherung; ein Umstand, der zu außerordentlich bedauerlichen und bedrohlichen Härtefällen für die Rentner und die Jung-bauernfamilien führen kann.

Zusätzlich erhalten aber die früheren Arbeitnehmer oder Gewerbetreibenden aus Bundesmitteln in vielen Fällen noch die Ausgleichszulage, die bei ersteren 918 Millionen Schilling (784) und bei letzteren 333 Millionen Schilling (241), also insgesamt jährlich 1251 Millionen Schilling (1025) erfordert

Die an sich finanziell schon stark zurückgebliebenen Zuschußrehtner erhalten aus diesem Titel bisher gar nichts. Entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil von 16,4 Prozent könnte die Landwirtschaft allein an Ausgleichszulagen einen Bundesbeitrag von 205 Millionen Schilling verlangen. Der Einwand, die Landwirtschaft habe bei der Schaffung des LZVG 1957 eine Ausgleichszulage für nicht notwendig gehalten, ist überholt Die Verhältnisse haben sich seither wesentlich, ja entscheidend geändert Im Jahre 1958 betrug der Richtsatz für die Gewährung der Ausgleichszulage 550 beziehungsweise 950 Schilling, während er ab 1. Jänner 1964 840 beziehungsweise 1185 Schilling beträgt. Die durchschnittliche Altersrente bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter betrug im Jund 1958 714 Schilling monatlich und im September 1963 1091 Schilling.

Dieser Verbesserung der Mindestversorgung und der Durchschnittspensionen im nichtbäuerlichen Bereich steht keine entsprechende Verbesserung der Altersversorgung der Bauernschaft gegenüber. Die durchschnittliche Alterszuschußrente betrug Ende 1959 251 Schilling und September 1963 245 Schilling. Dabei mußten wegen des ungünstigen Verhältnisses von Rentnern zu Beitragspflichtigen die “Beiträge erhöht werden, und gerade das macht uns die Versorgung unserer alten Leute so schwer. Bekanntlich fließt ein übermäßiger Strom junger, arbeitsfähiger Leute aus der Landwirtschaft in andere Berufe. Dort haben sie die Anzahl der für die älteren Leute Einzahlenden vermehrt, dagegen in der Landwirtschaft das Mißverhältnis „Einzahlende zu Beziehern“ bedrohlich erweitert. Die Ausgedingeleistungen konnten ebenfalls nicht entsprechend erhöht werden, weil sie vom landwirtschaftlichen Einkommen abhängig sind. In welches Mißverhältnis dieses geraten ist braucht hier nicht dargelegt zu werden. Viele Klein- und Bergbauern, gar nicht zu reden von Pächtern und Heimatvertriebenen, können daher ihren Auszüglern keine vergleichbare Mindestversorgung bieten.

Wir haben für den bedürftigen Kreis der landwirtschaftlichen Zuschußrentner schon in der vorhergehenden Legislaturperiode Vorschläge für eine Ausgleichszulage erarbeitet, die — da ich durch eine internationale familienpolitische Tagung verhindert war — von meinen Klubfreunden in der letzten Sitzung der vorhergehenden Gesetzesperiode eingebracht wurden. Darnach soll das Ausgedinge mit einem Pauschalbetrag im Verhältnis des vor der Übergabe bewirtschafteten Einheitswertes in Rechnung gestellt werden. Damit wollen wir bewußt die begüterten Kreise und solche, die zusätzliches Einkommen, wie zum Beispiel Pensionen, haben, und „das sich Richten“ von vornherein ausschalten und weiter bei dem noch Verbleibenden durch den Ednschub dieser Berechnungspost die Ausgleichszulagen entsprechend niedrig halten und sozial gestalten. Es liegt uns zudem nicht, etwa durch bewußtes Niedrighalten der Zuschußrenten Ausgleichszulagen zu melken.

Bewußt sei nochmals wiederholt: Es kann nur soviel verteilt werden, als erarbeitet wird. Im Durchschnitt sind der Bauer und — vor allem — die Bäuerin nicht jene, die die beste Stundenentschädigung, die kürzeste Arbeitswoche oder die leichteste Arbeit haben.

Da wird aber selbst von Wohlmeinenden gefragt: Kommt uns die Bauernschaft, und vor allem die Bergbauernschaft, nicht zu teuer? Wie in vielen Bereichen die Dinge liegen, ist die dargelegte Tatsache Beweis. Zu teuer kommt es übrigens, die Ernährungsgrundlage zu verlieren. Eine Grundlage, die ein militärisch neutraler Staat in dieser extremen Berglage besonders pfleglich zu betreuen hat. Daher lasse man, selbst bei der gebotenen Rücksichtnahme auf den Bundeshaushalt den abgearbeiteten alten Bauersleuten, soweit sie bedürftig sind, auch das zukommen, was die anderen schon haben. Das gebietet auch die schuldige Dankbarkeit.

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