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Leo Cox: „Osterreich hat gut verhandelt"
Lob und Tadel für Österreich und die Europäischen Union gibt es von Leo Cox, dem Generalsekretär der „Europäischen Föderation Grüner Parteien".
Lob und Tadel für Österreich und die Europäischen Union gibt es von Leo Cox, dem Generalsekretär der „Europäischen Föderation Grüner Parteien".
DIEFURCHE: Österreich, Finnland und Schweden haben ihre Beitrittsver-handlungen abgeschlossen Wie bewerten Sie als Generalsekretär der Europäischen Föderation Grüner Parteien die Ergebnisse? LEO COX: Abgesehen vom Transit-Kompromiß, den Österreich erreicht hat, ist das Ergebnis eine enttäuschende Sache. Die Europäische Union hat die Gelegenheit verpaßt, sich selbst in Fragen der Umwelt und des Transits ein wenig zu ändern. Unserer Meinung nach hätte die Union ähnlich wie bei Österreich auch bei den anderen Beitrittswerbern agieren müssen. Brüssel nützt die Erweiterung durch diese Länder nicht, um sich selbst zum Besseren zu wenden.
DIEFURCHE: Österreichs Grüne kritisieren das Verhandlungsergebnis heftig. Zu Rechte
GOX: Da muß ich ihnen zustimmen. Die Beibehaltung des bestehenden Transitvertrages wäre das Minimum gewesen, das man aber nicht erreicht hat. Wir Europäische Grüne werden das Ergebnis der Verhandlungen mit Österreich aber dazu nutzen, um in-nnerhalb der Union größere Fortschritte und ein höheres Niveau zu verlangen und auch zu erreichen.
ÜIEFIJRCHE: Wie schätzen Sie die Chancen ein, daß sich die Europäische Union durch einen Beitritt Österreichs ändert und sich mehr den ökologischen Fragen und deren Lösungen widmet ?
CoX: Die Erweiterungsverhandlungen sind für uns Grüne der Beweis, daß es nicht selbstverständlich ist, daß sich die Union mitändert. Wir kritisieren grundsätzlich die Ver-handlungsweise der EU. Zuerst müssen Beitrittswerber immer den „ac-quis communautaire" (die Gesamtheit der EU-Vorschriften, Anm. d. Red.) akzeptieren, vielleicht werden dann sogar noch einige spezielle Dinge gändert. Aber damit hat es sich dann auch schon wieder. Die Europäischen Grünen haben bei ihrem Kongreß in Wien kürzlich ganz klar festgestellt, daß diese Vorgangsweise nicht richtig ist. Vielmehr sollte die Union bei jeder Beitrittsverhandlung ihre eigenen Strukturen und Normen neu überdenken und diskutieren. Das geschah nicht. Die Union hat nur gesagt, hier ist der „ acquis conmiun-autaire". Jetzt sagt „Ja" oder „Nein". Darüber sind wir alle sehr enttäuscht. Ich meine, daß es deshalb besser ist, wenn die österreichischen Grünen ihre Opposition, ein „Nein" zum Beitritt, beibehalten.
DIEFURCHE: Im Rahmen der Beitrits-verhandlungen wurde ein Beschluß des Rates erreicht, der die EU-Kom-mision beauftragt, nach Lösungen zu suchen, wie der Transitverkehr in den Griff zu bekommen ist Was halten Sie davon’
CoX: Das ist zwar wenig konkret, aber es könnte auch ein Vorteil sein. Die Regelung ist ja, daß, wenn die Konunission ihre Arbeit nicht macht, die alte Vereinbarung einfach weiterläuft. In diesem Punkt haben die Österreicher meiner Meinung nach gut verhandelt. Es ist also nicht so, daß die Österreicher der Kommission voll vertrauen. Aber es ist seltsam, daß sich die Union so festlegen läßt. Das macht sie sonst nicht, sie hat es auch bei den anderen Beitrittswerbern nicht gemacht.
DIEFURCHE: ES soll verstärkt in die Infrastruktur investiert werden, um den Gütertransit auf die Schiene zu verlegen Glauben Sie, daß das ein erster Schritt zu einem ökologischeren EU-Verkehrskonzept ist, oder ist das eine unerfüllbare Hoffnung? CoX: Man wird jetzt ganz konkret in Brüssel über Transitfragen nachdenken, weil man dazu gezvrangen ist.’ Ich glaube, es kann in den nächsten Jahren zu guten Lösungen kommen. Es wird sicherlich nicht so bleiben wie bisher. Das glaube ich nicht. Es gibt ja zusätzhch noch den Druck durch das Referendum in der Schweiz.
DIEFURCHE: Werden die Grünen im Europaparlament Nachbesserungen verlangen^
CoX: Das muß noch innerhalb der Grünen Fraktion im Europaparlament abgesprochen werden. Es gibt aber bereits die Stellungnahme, daß große Chancen verpaßt wurden. Und dieser Stellungnahme werden auch konkrete Aktionen im Europaparlament folgen. Wir Grüne werden aber wahrscheinlich die einzigen sein. Im allgemeinen fmdet man sich hier nämhch einfach mit allem ab. Aber eines muß ich schon nochmals sagen: dieses Abkommen mit Österreich ist etwas Neues. Das war nicht die Vorgangsweise der Union, die sie sonst immer an den Tag legt. Deshalb bin ich vorsichtig optimistisch, daß dieses Beispiel in* der Zukunft zu einer anderen Ver-handlungsweise führen wird.
Das Gespräch
flihrte Christof Silber.
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