"Letztlich sind wir eben alle der Mittelstand“

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Der Vorstand der Mittelstandsvereinigung Österreich (MIÖ) lässt nicht unbedingt an eine typisch mittelständische Lebensweise denken: Robert Glock, der Sohn des bekannten Waffenproduzenten, findet sich darin genauso wie Banker Matthäus Thun-Hohenstein, Asfinag-Manager Herbert Hufnagl und Alfred Liechtenstein, der als Mitglied im Aufsichtsrat der Linzer Partner Bank sitzt. "Letztendlich sind wir eben alle der Mittelstand“, stellt MIÖ-Präsident Peter Zellmann fest, der die Interessenvertretung im Frühjahr 2010 ins Leben gerufen hat.

Entsprechend breit sei die Definition dieser Bevölkerungsmehrheit: MIÖ-Internetauftritt propagiert eine "Geistes- und Wertehaltung in Bezug auf Leistung, Ethik und soziale Verantwortung“. Zum Mittelstand gehörten "alle, die einen kreativen und produktiven Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten“, heißt es da.

Zellmann leitet seit 1987 das Institut für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT) in Wien, das im Vorjahr mehr als tausend Österreicherinnen und Österreicher befragen ließ, ob sie sich dem Mittelstand zugehörig fühlen und wie sie ihn definieren. Vor allem Hausfrauen (82 Prozent Zustimmung) sind demnach Mittelständler, gefolgt von leitenden Angestellten und Beamten (80 Prozent). Insgesamt rechnen sich zwei Drittel dieser Gruppe zu, wobei weniger als ein Siebtel dem widersprach; die restlichen 22 Prozent waren sich unsicher.

Als Kriterien wurden vor allem materielle Anhaltspunkte genannt. "Beispielsweise wird angeführt, dass Personen über einen gewissen Wohlstand verfügen, um zum Mittelstand gezählt zu werden“, so die IFT-Analyse. Oder dass sie "ein durchschnittliches Einkommen aufweisen“, ohne Summen zu nennen. Ein Viertel der Befragten nannte eine entsprechend qualifizierende Ausbildung als unbedingte Voraussetzung, um sich zum Mittelstand zählen zu dürfen.

Zellmann weist darauf hin, dass es sich bei dieser breiten Schicht "um eine schweigende, zahlende Mehrheit“ handle. "Die ärmeren Angehörigen der Gesellschaft sind von der Steuerlast richtigerweise befreit.“ Die wirklich Vermögenden wiederum, die klassischen Reichen, "wissen es sich durch entsprechende Lobbys zu richten“. Dabei sei sich der so definierte Mittelstand über seine tragende Rolle bewusst und damit grundsätzlich einverstanden. Jedoch fehle es diesen Menschen an Anerkennung - welche sich durchaus in politischen Erfolg ummünzen ließe.

Der Mittelstand nach dem Industriezeitalter

"Leistung muss sich auszahlen“, fordert der MIÖ-Präsident, "aber nicht nur im industriezeitalterlichen Sinn“: Es gehe um mehr als klassische Erwerbsarbeit, die der Bürger - zumindest ideell - honoriert wissen wolle. Zellman spricht "vom Ehrenamt, von der Familienarbeit“, von der "ethisch-moralischen Bereitschaft, der Gesellschaft mehr zu geben, als man herausbekommt“. Die Kritik der MIÖ-Aktivisten laute dabei weniger, dass die Politik das nicht erkenne, sondern dass sie nicht entsprechend handle. Man lade in diesem Sinn Akteure jeder politischen Richtung zum Gedankenaustausch ein und sehe sich als "parteipolitisch vollkommen unabhängig“.

Angesprochen auf Beirats-Mitglieder der MIÖ wie Veit Schalle, Walter Sonnleitner und Markus Fauland, sowie weitere Funktionsträger des BZÖ, die in diesem Umfeld auftauchen, gibt Zellmann zu, dass der Beginn sicher "BZÖ-lastig“ gewesen ist. Genauso fänden sich aber heute der rote Bürgermeister der burgenländischen Gemeinde Illmitz, Josef Loos, im Team, oder auch der niederösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Leitner, ebenfalls ein Sozialdemokrat. Mit Ausnahme der Grünen interessierten sich alle Parlamentsparteien über den einen oder anderen Funktionär für seine Initiative, freut sich Zellmann.

Nach weniger als einem Jahr gebe es zudem etwa tausend private Unterstützer, denen die MIÖ derweil vor allem als Online-Diskussionsforum dient. (mad)

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