Lieferkettengesetz: Sind Unternehmen für alles verantwortlich?
Die einen halten die strengen unternehmerischen Sorgfaltspflichten, die das geplante EU-Lieferkettengesetz bringen soll, für gut – die anderen bestenfalls für gut gemeint, aber nicht praktikabel. Ein Streitgespräch zwischen der Industriellenvereinigung und der NGO Südwind.
Die einen halten die strengen unternehmerischen Sorgfaltspflichten, die das geplante EU-Lieferkettengesetz bringen soll, für gut – die anderen bestenfalls für gut gemeint, aber nicht praktikabel. Ein Streitgespräch zwischen der Industriellenvereinigung und der NGO Südwind.
Die Zeiten, in denen sich verantwortungsvolle Unternehmer(innen) darauf bescheiden konnten, eine Sozialeinrichtung zu sponsern, sind lange vorbei. Durch Lieferkettengesetze werden sie verpflichtet, nicht nur vor Ort, sondern auch bei ihren weltweiten Zulieferern die Einhaltung von Umweltstandards, Arbeits- und Menschenrechten zu garantieren. In Deutschland ist seit 1. Jänner 2023 ein entsprechendes Gesetz in Kraft, das zunächst für Firmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern sowie 400 Millionen Euro Jahresumsatz gilt – und nur unmittelbare Zulieferer umfasst. Um eine (strengere) EU-Richtlinie wird indes heftig gerungen (siehe "Fakt"). Was spricht für, was gegen solche Gesetze? DIE FURCHE hat Barbara Coudenhove-Kalergi, die in der Industriellenvereinigung für gesellschaftliche Innovation verantwortlich ist, und den Geschäftsführer von „Südwind“, Konrad Rehling, zur Debatte eingeladen.
DIE FURCHE: Deutschland ist Österreichs wichtigster Handelspartner. Was halten Sie vor diesem Hintergrund vom neuen Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz, das dort seit Jahresbeginn in Kraft ist?
Barbara Coudenhove-Kalergi: Im Verhältnis zum Vorschlag, den es auf europäischer Ebene gibt, ist das deutsche Gesetz etwas praktikabler, weil es bei der Haftung und bei den Überprüfungsregelungen eine Einschränkung auf die unmittelbaren Zulieferer vorsieht. Unsere große Sorge ist, dass Unternehmen künftig dazu verpflichtet werden, ihre Zulieferer tatsächlich entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu überprüfen. Im deutschen Gesetz ist das etwas entschärft, aber man braucht sich nichts vormachen: Es gibt hier für Unternehmen enorme Herausforderungen.
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