Lieferkettengesetzt: hoher Aufwand, geringer Nutzen
Besser als die geplante EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen wären verbindliche Mindest-Regelungen gewesen. So wird vor allem die Beratungsindustrie gefördert. Ein Gastkommentar.
Besser als die geplante EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen wären verbindliche Mindest-Regelungen gewesen. So wird vor allem die Beratungsindustrie gefördert. Ein Gastkommentar.
Neben Entwicklungen im Produktions-, Transport- und Vertriebswesen waren es vor allem drei juristische Errungenschaften, die den Trend der Globalisierung der Wirtschaft massiv förderten: Die einfache Gründung von Tochtergesellschaften im Ausland durch Anerkennung des ausländischen Gesellschaftsrechts, die Akzeptanz der freien Rechtswahl im Vertragsrecht und die internationale Vollstreckbarkeit von Gerichtsentscheidungen und Schiedssprüchen.
Damit wurde es grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Konzernen möglich, ihr gewähltes Recht innerhalb der – weltweit – tätigen Gruppe anzuwenden und durch Verhandlung auch Vertragspartnern aufzuerlegen. Gerade diese von den Unternehmen gesetzten, einheitlichen Regelungen ermöglichten es, eine Rechtsarbitrage zu betreiben, d. h. das für das Unternehmen jeweils bestgeeignete Recht für seine Wirtschaftstätigkeiten heranzuziehen. Diese Instrumente förderten die Entstehung eines Schutzgefälles sozialer und ökologischer Standards im globalen Norden und Süden. Der Wohlstand des Nordens wurde mit Verträgen zulasten des globalen Südens erwirtschaftet.
Maßgebliche Versäumnisse
Genau hier setzt die Lieferkettenverantwortlichkeit der Unternehmen an: Wie kann ein globaler Ordnungsrahmen für globales Wirtschaften geschaffen werden, welchen Beitrag sollen Unternehmen dazu leisten? Es geht um eine Neubestimmung der Rolle von Unternehmen in ihrer Verantwortung sowohl in sozialer als auch ökologischer Sicht. Seit den 1970er Jahren ist das Thema auf der Agenda der OECD und der UNO. Die OECD formulierte Empfehlungen für multinationale Unternehmen im OECD-Raum für deren gesamtes weltweites Wirtschaften. Diese Empfehlungen zielen auf die Umsetzung bestimmter Vorgaben in den bereits vorhandenen Vertragswerken der multinationalen Unternehmen. Diese Regelungen waren Empfehlungen. Sie hatten keine rechtsverbindliche und einklagbare Wirkung. Das bestehende Vertragswerk der global agierenden Unternehmen sollte so – auch – für die Achtung bestimmter ökologischer und sozialer Grundsätze verwendet werden.
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