Lissabon in weiter Ferne

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Wieder einmal eine Ermahnung aus Brüssel: Die Europäische Union drohe ihr Ziel zu verfehlen, bis 2010 der stärkste Wirtschaftsraum der Welt zu sein, die USA und Asien also hinter sich zu lassen. Die Warnung stammt aus einem Experten-Bericht an die Regierungen der EU. Mangelnder Reformwille sei der Grund für die bevorstehende Zielverfehlung.

Schon im Jänner des Vorjahres gab es ein Papier mit dem selben Inhalt. Neun Monate später kam wieder die Warnung, damals von dem dänischen Ex-Premier Poul Nyrup Rasmussen. Und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi sagte einmal, es sei "fast schon peinlich", die Mitgliedsländer laufend an die Bedeutung des Lissabon-Prozesses erinnern zu müssen. Offenbar will die Ermahnungen niemand hören.

Vielleicht, weil das Ziel tatsächlich nicht erreichbar ist. Zwei Beispiele: Die USA, der weltweit größte Verursacher von Treibhausgasen, sind aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen, können also Schadstoffe in die Luft blasen, wie sie wollen. Maßnahmen zur Verringerung des CO2--Ausstoßes hätten für die US-Wirtschaft enorme Kosten verursacht, die den Unternehmen nun erspart bleiben. Europäische Firmen werden die Kosten dagegen tragen.

Die europäischen Sozialsysteme sind teuer. Aber wäre es ein Erfolg, wenn auch 15,6 Prozent der Europäer keine Krankenversicherung hätten, aber mit jeweils drei Billigjobs dafür sorgen würden, dass die europäische Wirtschaft im Vergleich zu den USA konkurrenzfähig wird?

In der Lissabon-Strategie sind auch soziale und ökologische Verbesserungen als Ziele verankert. Oberste Priorität hat aber offenbar das Wirtschaftswachstum. Würden dagegen in den Vergleich EU-USA Umweltschutz und Sozialsysteme gleichberechtigt einbezogen, sähe es für Europa gar nicht so schlecht aus.

claudia.feiertag@furche.at

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