Mit Abfertigungsmodell punkten

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Keine Totalverweigerung! ÖAAB und Christliche Gewerkschafter setzen auf Gespräche mit der ÖVP-FPÖ-Regierung

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Keine Totalverweigerung! ÖAAB und Christliche Gewerkschafter setzen auf Gespräche mit der ÖVP-FPÖ-Regierung

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Wir haben mit dem besten Abfertigungsmodell, dem besten Karenzgeldmodell und weiteren durchdachten Konzepten ein sehr gutes Programm für die Wiener Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen", ist der Wiener AK-Vizepräsident Alfred Gajdosik (ÖAAB) überzeugt. Das soll bei der Wiener Arbeiterkammerwahl vom 2. bis 19. Mai Früchte tragen und sich in Stimmen niederschlagen.

Zu punkten glaubt der Österreichische Arbeiter und Angestellten Bund (ÖAAB) und Christliche Gewerkschafter - derzeit mit 31 Mandaten in der Arbeiterkammer (AK) vertreten - mit dem "Abfertigungs-Plus-Modell". "Damit haben wir eine Antwort auf die steigende Mobilität in unserer Berufswelt entwickelt, von der wirklich alle profitieren", ist Gajdosik überzeugt. Und das sind die wichtigsten Neuerungen: Derzeit muss ein Arbeitnehmer mindestens drei Jahre in einem Betrieb beschäftigt sein um - im Falle einer Kündigung - eine Abfertigung zu bekommen. Bei Selbstkündigung geht er leer aus. Bei der "Abfertigung Plus" werden vom jeweilige Arbeitgeber drei Prozent der Bruttolohnsumme in eine Abfertigungskasse eingezahlt. Damit erwirbt künftig jeder Arbeitnehmer bereits nach dem ersten Berufsjahr einen Abfertigungsanspruch. Nach 25 Arbeitsjahren hat der Arbeitnehmer den vollen Abfertigungsanspruch erreicht, den er einmal in seinem Leben erwerben kann. Zuzüglich der Zinsen für das risikoarm veranlagte Kapital ergibt sich eine ansehnliche Abfertigungssumme oder wahlweise eine Zusatzpension. Dabei ist es egal, ob das Unternehmen verlassen wird um in Pension zu gehen oder wegen einer Kündigung. Mit diesem Modell trifft man sozusagen zwei Fliegen auf einen Schlag: Die Abfertigung auch bei Selbstkündigung und es werden damit die Jobchancen für ältere Arbeitnehmer verbessert. Denn wenn nach 25 Jahren der Beitrag zur Abfertigungskasse wegfällt, wird dieser Arbeitnehmer für den Arbeitgeber billiger. Das sollte zur Entlastung des Arbeitsmarktes für ältere Arbeitnehmer beitragen.

Alfred Gajdosik ist Spitzenkandidat des ÖAAB und der Christlichen Gewerkschafter bei der AK-Wahl vom 2. bis 19. Mai. Neben seiner Tätigkeit als Vizepräsident der Wiener Arbeiterkammer vertritt er als Betriebsrat die Interessen seiner Kollegen im Hotel Marriott in Wien. Und er geht auch hinaus in die Betriebe. Nur im Gespräch erfahre man von den Nöten, Sorgen und Ängsten der Menschen.

Beruf und Familie Und was beschäftigt die Menschen heute mehr als der drohende Verlust ihres Arbeitsplatzes? "Wer Leute hinausschmeißt, der hat das auch zu tragen", sagt Gajdosik und fordert "extrem hohe Strafzahlungen" für die Missetäter.

Wichtige Forderungen des Arbeitnehmervertreters betreffen den großen Themenkomplex der Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie. "Wir wollen, dass berufstätige Eltern ihre Kinder bestmöglich aufgehoben wissen. Was wir daher brauchen sind Betriebskindergärten, Betriebstagesmütter aber auch die Realisierung unseres richtungsweisenden Karenzgeld-Modells: sprich zwei Karenzjahre für Mütter und Väter ohne Wenn und Aber."

Darüber hinaus brauchen wir Programme für den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Ein Beispiel, wie es gehen könnte, hat das IT-Unternehmen Hewlett Packard vorexerziert. Die Firma informiert die Mütter schon während der Karenzzeit über neue Entwicklungen. Beim Wiedereinstieg gibt es dann begleitend eine Art Mentorprogramm, wobei ein Kollege oder eine Kollegin der "Anfängerin" einige Zeit helfend zur Seite stehen. 70 Prozent der Frauen sind im Handel beschäftigt. Dass dort eine weitere Ladenöffnung von 66 auf 72 Stunden zur Diskussion steht, ist für Gajdosik schlichtweg undenkbar: "Dann hat die Familie überhaupt keine Chance. So geht es nicht - egal welche Regierung wir haben. Ich messe die Regierung an dem, was sie für die Arbeitnehmer tut."

Gespräche werde es auch über die Erhöhung des Frühpensionsantrittalters geben müssen. Den Menschen sei zwar bewusst, dass über kurz oder lang länger gearbeitet werden muss, da sonst unser Pensionssystem nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Doch so wie die Regierung es plant, gehe es nicht. "Ich plädiere für eine längerfristige Lösung mit Übergangsfristen von mindestens fünf bis zehn Jahren. Alles andere greift zu massiv in die Lebensplanung der Menschen ein und ist damit unsozial."

Das ambitionierte Arbeitnehmerprogramm soll - wenn es sein muss - auch gegen die eigene Regierung durchgesetzt werden. Was aber immer möglich sein muß, sind Gespräche. Von einer Haltung, wie sie derzeit die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (FSG) an den Tag legt - "alles was von der neuen Regierung kommt wird aus Prinzip abgelehnt - auch wenn es sich um jahrelange sozialistische Forderungen handelt" - hält Gajdosik nichts. Der ÖAAB und die Christlichen Gewerkschafter setzen auf Gespräche. Dabei fühlen sie sich einzig und allein einem verpflichtet: der bestmöglichen Vertretung ihrer Kollegen.

Dieser Beitrag wurde durch einen Druckkostenbeitrag unterstützt.

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