Mit dem Sparpaket kommt neue Sorge um Pflege

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Sozial-karitative Organisationen reagieren äußerst zürückhaltend bis kritisch-ablehnend auf das Spar- und Steuerpaket der Bundesregierung, ergab ein Rundruf der FURCHE.

Äußerst aufmerksam verfolgen die sozial-karitativen Organisationen Österreichs die Entscheidungen über das Spar- und Steuerpaket der Bundesregierung. Grundtenor der in zurückhaltenden Worten formulierten Antworten auf einen Rundruf der FURCHE: Ein Teil der Probleme, etwa jener im Bereich der Pflege, könnte sich verschärfen; ein anderer Teil, etwa jener im Gesundheits- und im Bildungsbereich, wurde noch nicht gelöst. Sorge prägt also die Reaktionen der sozial-karitativen Organisationen wie Caritas, Volkshilfe und Hilfswerk, zudem jene des Katholischen Familienverbandes Österreich und der Katholischen Aktion.

Steigender Bedarf an sozialen Leistungen

"Die Menschen, die uns anvertraut sind, spüren jedes Sparpaket“, sagt etwa Franz Küberl, Präsident der Caritas zur FURCHE. Die Auswirkungen würden zeitversetzt ankommen, meint Küberl, und verweist auf das Sparpaket 2011, dessen Familienkürzungen sich jetzt bemerkbar machen würden. Das betont der Präsident des Katholischen Familienverbandes, Alfred Trendl: "Mit dem im Oktober 2010 in Loipersdorf geschnürten Sparpaket tragen die Familien knapp 400 Millionen Euro zur Budgetsanierung bei.“

Sind allgemeine, generelle Folgen des Sparpakets zu erwarten? Ja, sagt etwa Walter Marschitz, Geschäftsführer des Hilfswerks: "Wir müssen damit rechnen, dass durch die Kürzung der Ermessensausgaben die Fördermittel für Projekte und damit für Innovationen zurückgehen werden.“ Ähnlich argumentiert Margit Kubala für die Volkshilfe: "Durch Einsparungen im Bereich der Förderungen kann die Umsetzung von Projekten schwieriger werden.“

Das verträgt sich nicht mit einer anderen Entwicklung, nämlich jener des steigenden Bedarfs an sozialen Leistungen. Die Caritas beobachte, so Küberl, "schon seit Jahren einen Anstieg bei den Bezieherinnen von Sozialhilfe beziehungsweise Mindestsicherung“. Ursache dafür? "Ein großer Teil der Bezieherinnen erhält die Sozialhilfe als Zusatzleistung, da der Lohn oder das Arbeitslosengeld zu gering zum Leben sind.“ Ähnliche Erfahrungen machte Kubala für die Volkshilfe: "Der Andrang von hilfesuchenden Menschen wird größer“, sagt Kubala gegenüber der FURCHE. Und weiter: "Insbesondere Mütter, die nach einer Scheidung für Kinder alleine Sorge tragen müssen, Menschen, die gesundheitlich angeschlagen sind oder Migrantinnen und Migranten, die im Arbeits- und Wohnungsmarkt benachteiligt sind, sind sehr häufig unter den Hilfesuchenden.“

Eine große Sorge bleibt die Pflege

Die Fortschreibung des Pflegefonds sei nur "die zweitbeste Lösung“, meint Küberl. Es dürfe keinesfalls an Schrauben gedreht werden, die dazu führen, dass Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen in unwürdige Lebenssituationen geraten. Das neue Sparpaket habe keine weiteren Einschnitte enthalten, aber mit dem 1. Jänner 2011 sei es zu einem erschwerten Zugang zu den Pflegegeldstufen eins und zwei gekommmen, wodurch sich Kosten vermindert hätten: "Eine Warm-Satt-Sauber-Pflege ist für die Menschen mit Sicherheit unzureichend und inakzeptabel“, sagt Küberl. Daher seien weitere Strukturreformen in der Pflege nötig. Eine solidarische Absicherung der Pflege nach dem Muster von Krankheit oder Unfall verlangt die Volkshilfe. Von Einsparungen sei zwar jetzt abgesehen worden, meint Kubala, aber "der notwendige Ausbau von leistbarer, qualitativ hochwertiger Pflege und Betreuung wird sicher noch schwieriger“. Generell vermissen diese Organisationen Reformen etwa in der Verwaltung, die zu einer Minderung der Kosten führen würden. Inhaltliche Reformen sollten zudem die beruflichen Qualifikationen fördern. Der Faktor Arbeit bleibe hoch besteuert, Vermögen hingegen weitgehend unbelastet, meint Luitgard Derschmidt für die Katholische Aktion.

Unterschiedlich werden die Auswirkungen des Spar- und Steuerpakets auf die Spendenbereitschaft beurteilt. Diskussionen um Kürzungen im Pensionsbereich würden sich negativ auf die Spendenbereitschaft auswirken, berichtet Kubala. Die finanzielle Verunsicherung in Haushalten sei spürbar. Keine Anzeichen für geringere Spendenbereitschaft bei geringeren Mitteln in den Haushalten sieht Walter Marschitz. Optimistisch aufgrund von Erfahrungen und von Überzeugungen bleibt Franz Küberl: "Trotz mehrerer Krisenjahre ist die Spendenbereitschaft in den letzten Jahren nicht zurückgegangen“, berichtet er und ergänzt: "Ich rechne daher nicht mit einen Rückgang angesichts dieses Sparpaketes. Solidarität und Empathiefähigkeit lassen sich, gottlob, von Sparpaketen nicht unterkriegen.“

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