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„Museumsbahn” ist keine Lösung

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Eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung der Bahn, die mit der Straße konkurrieren könne, erfordere den Bau des Tunnels, argumentieren die Befürworter.

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Eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung der Bahn, die mit der Straße konkurrieren könne, erfordere den Bau des Tunnels, argumentieren die Befürworter.

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Der Semmering-Basistunnel ist ein wesentlicher Bestandteil der künftigen transeuropäischen Verkehrsachsen und hat aus diesem Grund im Bahmen der EU-Verkehrspolitik einen hohen Stellenwert Für die ÖBB hat der Tunnel essentielle Unternehmens- und ver kehrspolitische Bedeutung, Vr wird für die Bewältigung des prognostizierten Aufkommens im Güter- und Personenverkehr unumgänglich sein: So wird das den Semmering passierende Güteraufkommen (Straße und Schiene) bis zum Jahr 2010 um 66 bis 135 Prozent zunehmen- je nach Eintritt einer niederen oder mittleren Wirtschaftsentwicklung. Daher ist eine leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung - mit dem Semmering-Basistunnel - unverzichtbar, unabhängig davon, ob der nördliche Ast der „Süd-Ost-Spange” in späteren Jahrzehnten realisiert sein kann oder nicht.

Was wären die Alternativen? Bliebe alles beim alten, würde sich der Verkehr wieder verstärkt zurück auf die Straße verlagern, da der Betrieb auf der Ghega-Strecke für die prognostizierte Steigerung im Personen-und Güterverkehr nicht im erforderlichen Ausmaß und nur unter Inkaufnahme einer unwirtschaftlichen und in-effizienten Betriebsweise gesteigert werden kann. Die Semmering-Bahn, insbesondere die Nordrampe, weist als einziger Abschnitt im übergeordneten europäischen Bahnnetz die Parameter einer Lokalbahn auf. Enge Kurven erlauben abschnittsweise nur eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern. Vergleichbare Gebirgsbahnen wie der Brenner oder die Gotthardbahn sind wesentlich besser angelegt und gestatten wesentlich höhere Geschwindigkeiten.

Darüber hinaus erfordert die Sem-meringstrecke durch ihre ungünstigen Anlageverhältnisse einen hohen technischen Aufwand in der Erhaltung zur Wahrung der Betriebssicherheit sowie außerordentlich hohe Betriebskosten. Ohne Eisenbahntunnel wäre damit die Straße die einzige leistungsfähige Nord-Süd-Verbindung in diesem Bereich. Der Effekt wäre leicht vorhersehbar: Die Ostregion würde zu einem zweiten Inntal werden. Das entspräche

- I in keiner Weiseden

Intentionen einer modernen Verkehrspolitik.

Die zweite Variante, die von den ! Gegnern des Sem-mering-Basistun-nels immer wieder ins Gespräch gebracht wird, ist der Aus- und Umbau der Ghega-Bahn. Dieser Vorschlag ist aus mehreren Gründen nicht sinnvoll: Erstens würden die Kosten für den Ausbau ebenso hoch sein wie die für den Tunnel - je nach Ausbaugrad zwischen 3,0 und 7,6 Milliarden Schilling. Zweitens, und das vergessen viele der Gegner zu erwähnen, würde man mit dem Ausbau das Gesamtbild der alten Bahn mehr oder weniger zerstören und das Landschaftsbild dieser herrlichen Gegend beeinträchtigen. Die Umweltverträglichkeit des Tunnels hingegen wurde im Zuge des Trassenverordnungsverfahrens bereits geprüft und festgestellt. Eine Gefährdung des Trinkwassers wird durch die Gutachten ausgeschlossen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Tunnels ist schließlich die erhebliche Beduzierung der Lärmbelästigung entlang der Ghega-Strecke.

Ein weiterer Vorwurf der Gegner, daß der Tunnel auf Kosten des Nahverkehrs errichtet würde, läuft ins Leere: Der Ausbau des Nahverkehrs erfolgt aus anderen Finanzierungsmitteln als der Bau des Semmering-Basistunnels, der ein vom Parlament beschlossenes Vorhaben im Bahmen der Infrastrukturmaßnahmen ist und immerhin einen geschätzten volkswirtschaftlichen Nutzen von 400 Millionen bis zwei Milliarden Schilling pro Jahr bringen würde.

Ganz besonders aber wird der Tunnel die Bahn in die Lage versetzen, konkurrenzfähiger und mit marktgerechten

Preisen ihren Beitrag zur Entlastung der Straßen und der Umwelt zu erhöhen. Durch den Semmering-Basistunnel werden künftig Anhänge-Lasten von 1.500 Tonnen nach Kärnten und 2.000 Tonnen in die Steiermark möglich, im Vergleich zu heutigen rund 1.100 Tonnen. Die daraus resultierende Beduzierung der Zugzahl um 35 bis 50 Prozent wird sich vorteilhaft auf die Strecken- und Bahnknotenkapazitäten auswirken und eine wesentliche Produktivitätssteigerung ermöglichen. Infolge der besseren Angebotsqualität auf den Schienen durch den Semmering-Basistunnel können rund 15 Prozent des zu erwartenden Straßenverkehrs auf die Bahn verlagert werden, so daß um zirka 1,1 Millionen Beisende weniger auf der Straße fahren werden.

Mit einer „Museumsbahn” ist dies leider derzeit nicht möglich.

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