"Weh Dir, Jerusalem!", klagten die Propheten und Jesus. Sie verhießen der "Heiligen Stadt" nichts Gutes. Zweitausend Jahre lang grüßten die in der Zerstreuung lebenden Juden einander mit dem Wunsch: "Nächstes Jahr in Jerusalem!" Und seit der Eroberung der Altstadt durch Israel im Sechstagekrieg 1967 grüßen einander auf diese Weise die palästinensischen Araber.
1948, 1956, 1967, 1973, 1982 - fünf Nahostkriege in wenigen Jahrzehnten, dann ein Daueraufstand, mit insgesamt Zehntausenden Gefallenen, Ermordeten, mit unsagbarem Terror, Leid, mit Hass, Angst und Not.
Jetzt endlich, nach dem Tode Arafats, scheint sich mit dem neuen Duo Abbas-Sharon ein Licht am Ende des Tunnels zu zeigen. "Willst Du das Licht sehen, so spring aus Deinem Schatten!" Dies setzt voraus, dass beide um des gemeinsamen Überlebens willen althergebrachte, starre und unversöhnliche Standpunkte aufgeben. Es muss Raum für beide geben: Die Israelis müssen darauf verzichten, die Bibel als ewiges Grundbuch anzusehen, und die Palästinenser auf ihre alte Zielsetzung des unbarmherzigen "Treibt die Juden ins Meer!"
Vielleicht kann gerade der als Schlächter verschriene Sharon der Geeignete sein, den Teufelskreis von Terror und Gegenterror zu durchbrechen, so wie es ausgerechnet der Erznationalist Begin war, der Frieden mit Sadats Ägypten schloss.
Voraussetzung wäre eine Aufgabe der radikalsten Forderungen zweier diametraler Fundamentalismen, wie man sie gegensätzlicher sich nicht vorstellen kann. Dies setzt aber wieder eine innere Haltungsänderung voraus: Bevor die Betonmauer zwischen Israelis und Arabern fällt, muss die Mauer in den Herzen fallen. Sonst wird es nie heißen können: "Nächstes Jahr im Frieden".
Der Autor ist freier Wirtschaftspublizist.
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