"Neokolonialismus sehe ich nicht“

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Stefan Schennach ist Europasprecher der SPÖ. In der Euromediterranen Parlamentarischen Versammlung ist er Delegationsleiter, Vorsitzender des Ausschusses Energie und Wasser.

Die Furche: Die internationalen Organisationen bis hin zur EU wurden von der Lage in Tunesien überrascht. Wie konnte das passieren?

Stefan Schennach: Schon als ich zum ersten Mal an einem Treffen im Barcelona-Prozess teilgenommen habe, hat man uns gesagt, "bitte, redet auch mit der Opposition“. Also die hat es schon gegeben, und die Ereignisse waren auch immer nachzulesen. Diese Länder stellten sich als diejenigen dar, die sagen, "wir bekämpfen Al Qaida“. Und wir haben diese Regierungen als verlässliche Partner gehabt. Nun ist der Topf explodiert und die Jugendlichen revoltieren auch gegen ihre Väter.

Die Furche: Die Zusammenarbeit mit den Mittelmeerstaaten wurde auf EU-Ebene bereits in den 90er-Jahren mit dem "Barcelona-Prozess“ eingeleitet, umfasst heute 43 Länder in der "Union für das Mittelmeer“ - ist es nur ein postkoloniales Gremium, wie Stimmen in Nordafrika kritisieren?

Schennach: Nein, dagegen verwehre ich mich. Wir wollen ja nicht den gleichen Fehler machen, den die Amerikaner mit Mittelamerika begangen haben: Die haben gesagt, "alles, was über der Grenze ist, interessiert uns nicht“. Wir in der Euromediterranen Parlamentarischen Versammlung (EMP) sind der parlamentarische Zweig der Mittelmeerunion und das einzige Parlament, in dem Israel und Palästina mit je zehn Abgeordneten vertreten sind und in den Ausschüssen zusammenarbeiten.

Die Furche: Welche Ergebnisse gibt es bisher?

Schennach: Wir haben seit drei Jahren einen Ausschuss für Energie, Wasser und Umwelt, dessen Vorsitzender ich bin. Der Ausschuss wurde vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Bevölkerungsentwicklung gegründet. Wir haben ein Konzept zur Abfallvermeidung und zur Errichtung eines Unterwassernationalparks erarbeitet. Solarenergie-Programme sollen interregional ausgetauscht und ausgebaut werden. In Kürze werde ich zu Gesprächen über die gerechte Wasserverteilung einladen. Es gibt auch Diskussionen über eine Entwicklungsbank. Also den Neokolonialismus sehe ich nicht.

* Das Gespräch führte Heike Hausensteiner

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