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Die Anpassung der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Absatzmöglichkeiten im In- und Ausland ist eine der vordringlichen Aufgaben der Landwirtschaft und der Agrarpolitik. In diesem Sinne ist seit 1967 eine Umstellung vom Weizen- auf den Futtergetreidebau und von der Milch- auf die Fleischproduktion im Gange. In der Steiermark spielt der Brotgetreidebau für den Markt keine große Rolle, um so mehr aber der Futtergetreidebau für die ausgedehnte Rinder-, Schweine- und Geflügelmast. Das marktrichtige Verhalten der steirischen Bauernschaft hat diese naturbedingte Ausrichtung der Produktion noch verstärkt. Denn aus den Bodennutzungserhebungen im Jahre 1969 geht hervor, daß die Weizenanbaufläche um weitere 3000 ha zurückgegangen ist. Dem steht eine Ausweitung der Gerstenfläche um 120Ö und der Körnermaisfläche um 13.000 ha gegenüber. Hier hat sich — unterstützt durch Erfolge der Hybridmaiszüchtung der Saatzuchtanstalt auf dem Kammergut in Gleisdorf — geradezu eine revolutionäre Entwicklung vollzogen. Mit 47.402 ha liegen rund 40 Prozent der österreichischen Körnermaisfläche in der Steiermark. Begünstigt durch,die Witterung wurde auf dieser Fläche im vergangenen Jahr eine Rekordernte im Werte von 500 Millionen Schilling erzielt. Nur dank dem vollen Einsatz der landwirtschaftlichen Warengenossenschaften, vor allem des Steirischen Landwirteverbandes, der auch eine Messehalle in Graz zur Maiseinlagerung heranzog und wesentliche Mengen an die westlichen Bundesländer weiterleitete, war es in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer möglich, das Marktangebot zu übernehmen und einen Preisverfall zu verhindern. Dazu hat auch der außergewöhnlich schöne Herbst beigetragen, vor allem aber die Tatsache, daß mit der Errichtung von weiteren 32 Gemeinschaftsanlagen im Jahre 1969 insgesamt 153 gemeinschaftliche Maistrocknungsanlagen zur Verfügung standen. Die Ausweitung des Futtergetreidebaues ging zum Teil auf Kosten der Weizenfläche und der Kartoffeln (minus 2000 ha), zur Hauptsache aber auf Kosten des Ackerfutterbaues. Allein die Kleegrasschläge sind um rund 7000 ha zurückgegangen. Darin kommt die erfolgte Umstellung in der Milch- und Viehwirtschaft in den Ackerbaugebieten zum Ausdruck. Bei der Hauptviehzählung am 3. Dezember wurden um 7899 weniger Kühe und u-m 3868 weniger weibliches Jungvieh festgestellt.

Die steirischen Molkereien zählten im Jahre 1969 um 2078 Milchlief er anten weniger als ein Jahr vorher. Zahlreiche Kleinbetriebe, aber auch manche Großbetriebe haben die Milchviehhaltung aufgegeben. Die Marktmilchleistung ist um 4,9 Prozent auf 340.884 t abgesunken. Die Verlagerung der Milchviehhaltung von den Maisanbaugebieten in die Grünlandgebiete ist ohne Zweifel als eine Verbesserung der Produktionsstruktur zu betrachten. Während im steirischen Oberland im. wesentlichen gleich viel Milch wie ein Jahr vorher angeliefert wurde, weisen die Molkereien des Unterlandes einschließlich des Grazer Milchhofes Rückgänge um 9 bis 11 Prozent auf.

Eine — langfristig gesehen — weitaus schwierigere Aufgabe der Bauernschaft und der Agrarpolitik ist seit der umwälzenden Entwicklung der Landwirtschaft im Industriestaat seit der Mitte dieses Jahrhunderts die Anpassung der Agrarstruktur an die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen unserer Zeit. Sie bedarf einer sinnvollen Steuerung auf der Grundlage der völlig freien Entscheidung der Bauern. Sie soll die historisch bedingten Strukturmängel beseitigen und die Voraussetzung für eine rationelle Bewirtschaftung der Bauernhöfe schaffen. Basierend auf dem Paket von Strukturgesetzen des Bundes, die unter Minister Doktor Schleinzer verwirklicht wurden, hat der Steiermärkische Landtag eine Reihe von Landesgesetzen beschlossen. Auf dieser Grundläge wird die Besitzaufstockung und die Grundzusammenlegung vorangetrieben. Im Jahre 1969 konnten in diesem Rahmen 160 landwirtschaftliche Betriebe durch den Zukauf von 406 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und 299 ha Wald vergrößert werden. Die angestrebte Vergrößerung der Bauernhöfe zu krisenfesten Betrieben wird durch das mangelnde Bodenangebot und die hohen Grundpreise erschwert. Zur Schaffung von Arbeitsplätzen und damit auch zur Erhöhung der Bodenmobilität in den dichtbesiedelten Kleinbauerngebieten der Ost- und Weststeiermark ist das Land bestrebt, die Ansiedlung gewerblich-industrieller Betriebe im Rahmen einer regionalen Raumordnungspolitik zu fördern. Wenn auch dort und da Erfolge sichtbar sind, muß mangels an Bodenangeboten

die sogenannte innere Aufstockung der Kleinbauernhöfe die Besitzvergrößerung durch Zukauf oder Pacht ersetzen. Schwerpunktmäßig werden daher im Rahmen eines Umstellungsprogrammes von der Land-wirtschaftskammer mit Mitteln des Grünen Planes seit Jahren Sonderkulturen und Intensivbetriebszweige gefördert, die den Kleinbauernfamilien ein höheres Arbeitseinkommen ermöglichen. Dazu zählen der organisierte Intensivobstbau, Weinbau, Feldgemüsebau mit Ubernahmsverträgen mit der Konservenindustrie, der Tabak- und Hopfenbau, die Geflügel- und Schweinemast. Auf allen diesen Gebieten sind Absatzorganisationen entstanden, die zum Wohle ihrer Mitglieder produktions- und preislenkend wirken. ■

Diese überbetriebliche Zusammenarbeit in Gemeinschaften stärkt die Wirtschaftskraft der kleinen Familienbetriebe. In Maschinenringen, die immer mehr Verbreitung finden, kommt es zu einer sinnvollen Ergänzung und Zusammenarbeit mit größeren Betrieben.

Schließlich ist die Nebenerwerbslandwirtschaft zu einer Betriebsform geworden, die in unserem ländlichen Raum wichtige Aufgaben zu erfüllen hat. Da der zusätzliche Verdienst in einem anderen Beruf die Möglichkeit schafft, auch auf kleinen Flächen eine Landwirtschaft aufrechterhalten zu können, stellt diese Betriebsform, wenn sie richtig geführt wird, einen Ausweg für unsere vielen Kleinbauern dar, denen der Mansholt-Plan die Existenzfähigkeit abspricht. Um sie in richtige Bahnen zu lenken, hat die steirische Landwirtschaftskammer einen eigenen Beirat für die Betreuung der Nebenerwerbsbetriebe ins Leben gerufen.

Zusammenfassend darf ich also sagen, daß angesichts der bescheidenen Mittel und Möglichkeiten auch auf dem Gebiete der Strukturverbesserung in der Steiermark viel getan wird. Es wird in Zukunft ohne Zweifel weniger, aber krisenfestere Bauernhöfe geben.

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