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Oberstes Prinzip ist Synergie

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Für die Wissenschaft bringt Österreichs Beitritt zur EU keine wesentlichen Änderungen. Unsere Forscher erhoffen sich eine Internationalisierung.

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Für die Wissenschaft bringt Österreichs Beitritt zur EU keine wesentlichen Änderungen. Unsere Forscher erhoffen sich eine Internationalisierung.

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Das Inkrafttreten des EWR am 1. Jänner dieses Jahres bedeutet für die österreichische Wissenschaft und Forschung de facto den Beitritt zur EU. Österreich nimmt seither an den Forschungs- und Technologieprogrammen der Europäischen Union aktiv teil. Das heißt in erster Linie die volle Teilnahme am 4. EU-Rahmenprogramm (1994-1998).

Der erste Schritt zu einer gemeinsamen Forschungspolitik der EG-Staaten wurde 1984 gesetzt, mit dem Ziel, die nationalen Forschungsprogramme zu koordinieren in einem Planungsinstrument zusammenzufassen. In diesem „Rahmenprogramm" wurde die generelle Linie der Forschungsaktivitäten der Mitgliedsländer vorgegeben und die Aufteilung der finanziellen Mittel auf die diversen Bereiche festglegt. Bereits im 2. Rahmenprogramm (1987-91) wurden verbindhche Vorgaben festgelegt, die darauf abzieL ten, die Koordination innerhalb der zwölf EG-Staaten und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Forschungsausgaben waren ein Instrument zur Erreichung des Binnenmarktes.

Von Beginn an hat Osterreich in steigendem Maße an diesen Programmen teilgenommen (am 3. \ahmenprogramm schon bei 118 Projekten mit 361 Millionen Schilling). Doch konnte sich Österreich bisher nur an den von den zwölf EG-Staaten beschlossenen Projekten beteiligen. Mit dem EWR wirkt Österreich an der inhaltlichen Gestaltung der Programme mit, ist bereits in den Ausschüssen vertreten und entsendet heimische Projektleiter beziehungsweise -koordinatoren sowie Wissenschaftler als Gutachter bei

den Projekt-Ausleseverfahren. Doch erst mit einem Beitritt zur EU können wir auch Projekte beantragen, erreichen das volle Stimmrecht in den Ausschüssen und sind in den EU-Strukturen vertreten, was bedeutet, daß wir dann im Ministerrat sowie im Europäischen Parlament stimmberechtigt sein werden. Beide Institutionen müssen seit dem Vertrag von Maastricht über die Höhe und Aufteilung der Forschungs^el-der entscheiden, womit sich das Entscheidungsverfahren kompliziert, aber auch demokratisiert hat.

Am 21. März dieses Jahres kam es zwischen dem EU-Forschungsministerrat und dem Europäischen Parlament zu einem Kompromiß über das 4. EU-Rahmenprogramm. Es wurde mit einem Budget von 12,3 Milliarden ECU (über 170 Milliarden Schilling) verabschiedet (mit der Aussicht auf Aufstockung 1996 um

700 Millionen ECU). Der nächste Schritt besteht darin, an Rat und Parlament die spezifischen Programme zu übermitteln, womit noch vor dem Sommer gerechnet wird. Die ersten Ausschreibungen sind daher für den Spätherbst zu erwarten.

Die 20 spezifischen Programme sind:

■ Telematikanwendungen

■ Kommunikationstechnologien

■ Informationstarimologien

■ Industrie- und Werkstofftechnologien

■ Normung, Meß- und Prüfverfahren

■ Umwelt und Klima

■ Meereswissenschaften und -tech-nologien

■ Biotechnologie

■ Biomedizin und Gesundheitswesen

■ Landwirtschaft und Fischerei

■ Nichmukleare Energie

■ Nukleare Sicherheit

■ Kontrollierte Kernfusion

■ Verkehr

■ Gesellschaftspolitische Schwerpunktforschung

■ Zusammenarbeit mit Drittländern

■ Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse

■ Ausbildung und Mobilität von Wissenschaftlern

■ Direkte Aktionen der Gemeinsamen Forschungsstelle

■ Gemeinsame Forschungsstelle -Europäische Atomgemeinschaft.

An den beiden Programmen Nukleare Sicherheit und Kontrollierte Kernfusion nimmt Österreich nicht teil, weil es erreichen konnte, daß jeder Staat autonom über die friedliche Nutzung der Kernenergie entscheiden kann. Generell läßt sich feststellen, daß im 4. Rahmenprogramm der Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien gegenüber früher etwas zurückgedrängt wurde, aber immer noch mit Abstand das meiste Geld verschlingt (siehe Graphik). Diese Mittelzuteilung entspricht aber den Zielvorgaben der Gemeinschaft, die den Auf-und Ausbau von Netzwerken zwischen nationalen Institutionen oder Forschergruppen verstärken will.

Ein weiteres Ziel ist die effizientere Verwertung der Forschungsergebnisse aus gemeinsamen Projekten, an der besonders Klein- und Mittelbetriebe profitieren könnten, weil der Zugang zu neuen technischen

Entwicklungen einfacher wird.

Das Kooperationspotential österreichischer Unternehmen wird kurzfristig auf 1.000 Firmen geschätzt. Dazu ist es erforderlich, daß sich heimische Unternehmer von diversen Forschungseinrichtungen beraten lassen. Das Wirtschaftsministerium plant die Errichtung regionaler Betreuungsstellen, die über europäische Technologieprogramme informieren. Die EU ist nicht nur bestrebt, den wirtschaftlichen Nutzen der Forschungsprojekte zu erhöhen, sondern auch soziale Verbesserungen daraus 1\abzuleiten. Diesem Prinzip

Jdienen auch die neu eingeführten Programme Transport und sozioökonomische Forschung. Das ist als Eingeständnis zu werten, dciß lörU das bisherige lineare Ver-IIUI ständnis von Forschungspolitik dem Ziel eines Ausgleiches der Ungleichgewichte der EU-Länder nicht gerecht wurde und neue, synergetische Unterstützungsformen ausprobiert werden müssen.

Das Problem des freien Zuganges aller EU-Bürger zu unseren Universitäten ist ein scheinbares, weil nur jene zugelassen werden, die auch in ihrem Heimatland studieren könnten. Neu eingerichtet werden muß ein zwölfsemestriges Zahnarztstudium. Erleichterung gibt es für ausländische Universitätsprofessoren, die mit einer Berufung nach Österreich automatisch die heimische Staatsbürgerschaft verliehen bekommen.

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