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Obst und Gemüse aus der Steiermark

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430.000 Hektar oder rund 65 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Steiermark entfallen auf natürliches Grünland, dessen Erträge in normalen Jahren durch ausreichende Niederschläge begünstigt sind. Diese naturgegebene Kulturartenverteilung räumt der tierischen Veredlungswirtschaft — vor allem der Rinderzucht — den Vorrang ein. Tatsächlich stammen auch im EhrrchschnitfderJahrenitht wRii-’ ger ah drei -Viertel ier~ iarrdwirRrtfafrltdien Einnahmen in der Steiermark aus der Haustierhaltung. Die steirische Landwirtschaft hat daher bewußt in den Jahren seit dem letzten Kriege auf der Grazer Messe die Leistungen der Tierzucht in den Vordergrund gestellt. Die Rinderzuchtverbände, der Landespferdezuchtverband, die Herdbuchzucht für Schweine und Geflügel waren abwechselnd mit repräsentativen Sonderschauen auf den Frühjahrs- oder Herbstmessen vertreten.

Diesmal ist die geräumige Tierzuchthalle nicht der Veredlungswirtschaft, sondern einer Ausstellung „Steirisches Obst, Gemüse und Feldfrüchte“ gewidmet, die einerseits als Lehrschau den Landwirten und Gärtnern die Notwendigkeit der Qualitätsproduktion und des marktgerechten Angebotes vor Augen führen und anderseits der breiten Öffentlichkeit den hohen Leistungsstand unserer Landwirtschaft zeigen und damit absatzwerbend wirken soll. Die Leistungen werden auf der Messe für sich selbst sprechen, es bedarf daher hier nur einiger Hinweise auf die allgemeine Entwicklung.

Rund 45 Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in der Steiermark haben nicht mehr als 5 Hektar und 85 Prozent nicht mehr als 20 Hektar Gesamtfläche. Auf den vielen kleinbäuerlichen Familienbetrieben kann nur dann ein einigermaßen vergleichbarer Lebensstandard erreicht werden, wenn durch Intensivkulturen auf den beschränkten Flächen und durch eine zielbewußte Spezialisierung mehr Bargeld ins Haus kommt. i

Unter 0StA West Und Südsteiermafk- hat seit jeher das Obst als geldbringende Marktfrucht eine bedeutende Rolle gespielt. Der Verlust der früheren Exportmöglichkeiten durch das ungeahnte Anwachsen der europäischen Konkurrenz, die höheren Ansprüche der Verbraucher im Inland und die Liberalisierung der Orangen- und Bananeneinfuhren haben jedoch diese Einnahmsquelle stark in Frage gestellt. In schlechten Ertragsjahren hat die Masse der Obstbauern nichts zu verkaufen, und bei guten Ernten sinkt der Preis für die Durchschnittsware weit unter die Gestehungskosten. Die Landwirtschaftskammer, der Erwerbsobstbauverband, die Pfirsichproduzentengenossenschaft, der Landesobst- und Weinbauverein, die Arbeitsgemeinschaft der Markenbaumschulen, die Obstlagerhausgenossen-

schaft und manche örtliche Gemeinschaften sind daher seit Jahren bestrebt, den bisher vielfach im Rahmen der gemischten Wirtschaft ohne besondere Betreuung mitlaufenden Obstbau zu einer Intensivkultur zu entwickeln, die Sortenvielfalt auf neun gangbare Apfel- und fünf Birnensorten abzubauen, Düngungs- und Pflegemaßnahmen zu verbessern und schließlich den wachsenden Ansprüchen des Marktes durch gutsortierte, gefällige und einheitliche Angebote zu genügen. Durch die Gemeinschaftsgründung der „Steirerobst G. m. b. H.“ in Gleisdorf im Jahre 1958 wurde eine Möglichkeit geschaffen, einen Teil des durch strenge Sortierung mehr anfallenden Industrieobstes zu Süßmost, Saftkonzentraten und Gärmost zu verarbeiten.

In den letzten Jahren hat die Beeren- obstkultur für viele kleinere und mittlere Betriebe an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen. Auch das ist einer der Wege, um die vorhandenen Familienarbeitskräfte besser einzusetzen und ihr Einkommen durch verhältnismäßig hohe Roherträge auf kleinen Flächen zu erhöhen. Dem steirischen Beerenobstverband, der vorwiegend die Kultur der schwarzen Johannisbeere pflegt, gehören zur Zeit rund 700 Mitglieder an, die heuer auf 350 Hektar 150.000 kg geerntet und dank der gemeinschaftlichen Absatzeinrichtungen auch verhältnismäßig gut verwertet haben.

Der Gartenbau ist durch den Mangel an Arbeitskräften und die hohen Lohnkosten zu einer einschneidenden Betriebsumstellung vom Niederglas auf Glashäuser mit rationellen Heizanlagen gezwungen. Diese kostspieligen Bauten erfordern eine starke Inanspruchnahme der Agrarinvestitionskredite. Der Erwerbsgartenbauverband Steiermark und die Obst- und Gemüselagerhausgenossenschaft in Graz-Liebenau haben sich als vorbildliche Organisationen der Gärtnerschaft zur Förderung der Produktion und ?des Absatzes außerordentlich bewährt. Über das Liebenaper Lagerhaus wurden irp Durchsch der letzten Jahte über 500 Waggon Gemüse aus der Steiermark in die westlichen Bundesländer abgegeben und teilweise auch nach Westdeutschland exportiert.

Die Abteilung Feldfrüchte auf der diesjährigen Grazer Herbstmesse bringt eine Saatgut- und Sortenschau, die als Lehrschau den Landwirten eine Übersicht über die bewährten und empfohlenen Getreide- und Kartoffelsorten bieten soll. Während vor nicht allzulanger Zeit der Getreideanbau in der Steiermark sich vorwiegend auf die Eigenversorgung beschränkt hat, ist im Zuge der fortschreitenden Mechanisierung bis zum Mähdrescher auch auf diesem Gebiete immer mehr eine beachtliche Marktproduktion entstanden, mit der infolge der wachsenden Ansprüche der Mühlen und der bereits erreichten Bedarfsdeckung die Qualitätsfrage zwangsläufig in den Vordergrund rückt.

Zum ersten Male zeigt die steirische Landwirtschaftskammer auf dieser Messe der bäuerlichen Besucherschaft und der interessierten Öffentlichkeit die Ergebnisse ihrer langjährigen Arbeit in der Hybridmaiszüchtung in der Saatzucht- und Versuchsanstalt auf dem Tieberhof in Gleisdorf. Nach zwölfjähriger intensiver züchterischer Tätigkeit ist es gelungen, neue ertragreiche H y b r i d m a i s s o r t en herauszubringen, die mit ihren Erträgen die amerikanischen Sorten übertreffen und dem Anbau von Körner- und Silomais in Österreich neue Möglichkeiten eröffnen. So ist die Austria 420 eine ausgezeichnete Hybridmaissorte vom Hartmais-Pferdezahntyp, die im Durchschnitt von 48 Versuchen (in Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland und Kärnten, ferner in Frankreich, Westdeutschland und Ostdeutschland) einen um rund 17 Prozent höheren Körnerertrag gebracht hat als die amerikanischen Hybriden Wisconsin 355 A und 416 AA. Bei entsprechender Düngung und Pflege können mit dieser Sorte pro Hektar 80 bis 100 Doppelzentner trockenes Korn erzielt werden. Die Kölnerreife wird etwa um die gleiche Zeit, die Siloreife um etwa neun bis zehn Tage früher erreicht als bei Wisconsin 3 5 5 A. Als Silomais verwendet, wirkt sich der hohe Kolbenanteil besonders günstig auf den Gehalt an Trockensubstanz und die Qualität der Silage aus.

Zusammenfassend darf ich daher feststellen, daß die Sonderschau „Steirisches Obst, Gemüse und Feldfrüchte“ auf der heurigen Grazer Herbstmesse den aufmerksamen Besuchern aus Stadt und Land einen instruktiven Einblick in die Leistungen und Erfolge der steirischen Landwirtschaft, insbesondere im Marktfruchtbau, bietet.

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