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Ökologische Vorreiter

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Die Kleinstadt Weiz hat ein Modell, das alle Umweltmaßnahmen koordiniert entwickelt: Wirtschaft, Politik und Bürger ziehen an einem Strick.

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Die Kleinstadt Weiz hat ein Modell, das alle Umweltmaßnahmen koordiniert entwickelt: Wirtschaft, Politik und Bürger ziehen an einem Strick.

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Weizist eine normale Kleinstadt in der Oststeiermark. So normal wie 100 andere Kleinstädte auch, mit dem üblichen Durcheinander un-geplanter, aber eben normaler Zufälligkeiten, die das Straßenbild prägen -Kirche, Kaufhaus, Tankstelle, Fabrik und Sparverein. Dazu die Tatsache, daß man, aus Wien kommend, ungefähr hundertmal umsteigen muß, wenn man mit den Bundesbahnen anreist. Diese dürften bei der Fahrplanerstellung die 10.000-Einwohner-Metropole einfach vergessen haben.

Gegen diese scheinbare Planlosigkeit setzen sich die Weizer seit zwei Jahren zur Wehr. Und zwar erfolgreich: Schon vorher setzte man auf Umweltmaßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität - im Verkehr, im Klimaschutz, im betrieblichen Umweltschutz. Doch wo anfangen?

Im Oktober 1995 beschlossen Bürger und Behörde der Gemeinde, den vielen wirtschaftlichen und ökologischen Aktivitäten ein gemeinsames Gesicht zu geben. Zusammen mit dem Österreichischen Ökologie-Institut in Wien entstand der „Ökoplan Weiz”.

Ein Modell sollte erarbeitet werden, das vielen Ansprüchen zu genügen hatte: Die vielen Umweltaktivitäten, die von der Stadtverwaltung schon vorher gesetzt wurden, zu koordinieren und miteinander in Einklang zu bringen. Dazu die regionale Wirtschaft zu fördern und damit Arbeitsplätze zu sichern.

Dies alles unter Einbeziehung aller Betroffenen. Darüberhinaus sollten nicht nur punktuelle Maßnahmen gesetzt werden, die nach ein paar Jahren wieder im Sand verlaufen, sondern ein tragfähiges Modell, das auch in der Zukunft weiterentwickelt werden sollte. Ein hoher Anspruch also, bei dem von Anfang an eines klar war: Langfristig sinnvolle Maßnahmen können nicht von oben verordnet, sondern müssen gemeinsam entwickelt werden - nur so würde man auf größtmögliche Akzeptanz stoßen.

Also wurden drei Arbeitskreise eingerichtet: Zu den Themenbereichen Energie, Betriebliches Umweltmanagement und Stadtentwicklung wurden inWorkshops jeweils von den Betroffenen aus Bevölkerung, Unternehmen, Verwaltung und Politik Planungsgrundlagen für umweltpolitische Maßnahmen erarbeitet. Begleitet von Experten des Ökologie-Instituts wurde zunächst ein ökologisches Entwicklungsprofil der Stadt erstellt.

Danach wurden die Maßnahmen nach ihrer Dringlichkeit bewertet: Wo läßt sich Energie einsparen? z. B. durch Fernwärmenutzung. Was muß geschehen, damit das Treibhausgas C02 vermindert wird? - z. B. Einsatz-von Alternativenergien und Wärmedämmung bei Neubauten. Wie müssen Schulen, Geschäfte, Wohnungen geplant werden, damit sie weder das Örtsbild noch die Landschaft zerstören und man möglichst wenig mit dem Auto fahren muß? - z. B. Auffüllen der Baulücken in Zentrumsnähe. Wie sichert man den Waldbestand? - z. B. durch gemeinsame Schutzprogramme mit den Nachbargemeinden.

Laufende Kontrollen

Als Folge der Arbeitskreise wurden Zuständigkeiten und Finanzierungspläne festgelegt, um eine optimale Umsetzung zu gewährleisten. Im Juni 1996 konnten dann die ersten Ergebnisse präsentiert werden. „Maßnahmen zur Ökologisierung müssen als Steigerung der Lebensqualität verstanden und mitgetragen werden”, Umweltreferent Oswin Donnerer konnte damals aus seiner Erfahrung berichten,„daß ohne Bürgerbeteiligung Umweltkonzepte zum Scheitern verurteilt sind”. Damit jedoch nicht genug: Der Weizer Ökoplan ist ein dynamisches Werkzeug, das laufend ergänzt und fortgeführt werden soll. Periodische Überprüfungen sollen in Zukunft zur Auseinandersetzung mit den bei der konkreten Umsetzung gemachten Erfahrungen führen, sodaß die einzelnen Maßnahmen je nach ihrem Erfolg optimiert werden können. Und vom Wissenschaftsministerium wird das Weizer Projekt fünf Jahre lang im Rahmen der Kulturlandschaftsforschung beobachtet und dokumentiert, sodaß in Hinkunft auch andere Gemeinden die in Weiz gemachten Erfahrungen nützen können. Eine Erfahrung ist bereits sicher: Die mühsamen Prozesse der Bürgerbeteiligung haben sich gelohnt.

So wurde bei der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause ein Grundsatzbeschluß zur Umsetzung der im Ökoplan vorgeschlagenen Maßnahmen gefaßt. Weiters wurde die im Ökoplan vorgesehene Förderung von Biomasse vom Gemeinderat beschlossen. Projektleiterin Celine Loibl: „Mit dem Leitgedanken der Bürgerbeteiligung kann die Gratwanderung zwischen Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialverträglichkeit geschafft werden. Weiz wird damit zu dem Referenzprojekt für kommunales Umweltmanagement und nimmt eine ökologische Vorreiterrolle ein.”

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