In der Wohlstandsmessung ist in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel eingetreten. Bisher stand das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf für Leistungsvergleiche im Vordergrund. Die neue Literatur verlangt eine breitere Wohlfahrtsmessung. Die OECD hat einen "Better Life Index“ entwickelt. Das WIFO hat für Österreich einen Indikatorensatz erstellt, der Wohlfahrt nach den drei Kriterien Einkommen, sozialer Zusammenhalt und Umwelt misst, ohne die drei Pfeiler des Wohlstandes in einen Gesamtindex zusammenzufassen.
Die Ergebnisse sind für Österreich erfreulich: Österreich liegt nach den Einkommensindikatoren an vierter, nach den Umweltindikatoren an zweiter und nach den Sozialindikatoren wiederum an vierter Stelle. Ein weiterer Wohlstandsvergleich zeigt allerdings auch Schwächen (Einkommensverteilung, Genderdifferenzen, Umwelt).
Wenn Europa durch seine Europa-2020-Strategie auf einen neuen Wachstumspfad wechselt, kann Österreich von dieser Entwicklung profitieren. Allerdings muss es versuchen, auf allen Ebenen die bestehenden Ansätze zu verstärken, um eine führende Rolle bei der Transformation der europäischen Gesellschaft zu erreichen. So darf etwa das Ziel der Umweltführerschaft nicht als Kostenproblem gesehen, sondern muss als Chance für höhere Einkommen, Export und Wohlfahrt begriffen werden; Sozialausgaben sollen nicht gekürzt, sondern gezielter für Aktivierung und Integration genutzt werden.
Die Ursachen dafür, dass das sozioökonomische Modell Österreichs immer auf einer breiteren Zielsetzung aufgebaut war, liegen in der Sozialpartnerschaft und im hohen Stellenwert, der in Österreich natürlichen Ressourcen zugemessen wird (durch Bevölkerung und Fremdenverkehr). Das bringt Österreich einen erheblichen Vorsprung bei der Umstellung des Wirtschaftspfades auf einen Kurs mit höherer sozialer Integration und ökologischer Vorreiterschaft.
Der Autor ist Leiter des Österr. Instituts für Wirtschaftsforschung - WIFO
