Österreich im Aufbau

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Der Marshall-Plan brachte Österreich ein Wirtschaftswunder und Stabilität. Vor 60 Jahren sprach US-Außenminister George C. Marshall an der Harvard University über die Wichtigkeit des Wiederaufbaus Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und über die führende Rolle, die die USA dabei einnehmen sollten. Für die teilnehmenden Länder war der Marshall-Plan Aufbauhilfe, Motor der Integration und Stütze bei der Orientierung Richtung Westen. Dieses Extra entstand in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und der Austria Wirtschaftsservice. Redaktion: Thomas Meickl

D er Marshall-Plan wird als die erfolgreichste außenpolitische Initiative der USA bezeichnet. Er steht für amerikanische Großzügigkeit im Wiederaufbau eines vom Krieg zerstörten Westeuropa. Die USA übernahmen als die mächtigste Nation auf dem Erdball (damals die einzige mit Atomwaffen) die Führungsrolle in der freien Welt und ließen sich das viel kosten.

Natürlich gibt es damals und heute genug Kritiker des "Europäischen Wiederaufbauprogramms", wie der Marshall-Plan offiziell hieß. Präsident Harry S. Trumans parteipolitische Gegner auf der Linken nannten ihn den "martial plan" (Kriegsplan), und zu einem solchen ist er in gewisser Weise in der zweiten Hälfte (1950 bis 1952) auch verkommen, als er während des Koreakrieges zur Wiederaufrüstung Westeuropas instrumentalisiert wurde.

Geteiltes Europa

Die Propagandalawine der Kommunisten (auch der KPÖ) verteufelte ihn von Anfang an als amerikanischen "Imperialismus" zur "Unterjochung Europas". Diese Propaganda hat Spuren hinterlassen. Noch heute gibt es Historiker, die Washington und dem Marshall-Plan die Schuld für die endgültige Teilung Europas zuschieben wollen.

Trotz aller Kritik war der Marshall-Plan aber ein erstaunlicher Erfolg. Ohne ihn wäre das österreichische Wirtschaftswunder, das so beeindruckend war wie das westdeutsche, nicht so rasch zustande gekommen. Ohne den Marshall-Plan und die ebenso wichtigen privaten und staatlichen amerikanischen Hilfsprogramme zuvor hätten die Österreicher noch länger nach dem Krieg gehungert und wären nachhaltiger in ihrer Nachkriegsdepression verharrt. Ohne die US-Initiative wären Österreich und Westeuropa zwar nicht unbedingt dem Kommunismus anheimgefallen. Das robuste Wirtschaftswachstum hat jedoch den Rückfall in die selbstzerstörerische Innenpolitik der 1930er Jahre verhindert.

Die Zahlen sprechen für sich: Durchschnittlich zahlte jeder Amerikaner 80 Dollar für den Marshall-Plan. Davon profitierten die Österreicher pro Kopf mit 132 Dollar - nur Norweger und Isländer haben mehr erhalten. Die heimische Wirtschaft profitierte nachhaltig durch die von den "Gegenwertkonten" lukrierten Kredite. Es wurden Lifte, Hotels, Straßen, Kurbäder, Kraftwerke, Papierfabriken, Stahlwerke und Industrieanlagen gebaut. Mit den Mitteln konnten auch Wohnungen saniert werden, und es kamen Lebensmittel ins Land.

Die Amerikaner investierten zwischen 1948 und 1952 knapp 14 Milliarden Dollar in 16 westeuropäische Länder (davon zirka eine Milliarde Dollar in Österreich). Dies war ein bis zwei Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts - gut fünfmal soviel, wie die Amerikaner heute durchschnittlich in die Auslandshilfe investieren (Irak nicht mit eingerechnet). Die amerikanische Regierung war also damals zumindest in ihren staatlichen Hilfsprogrammen großzügiger als heute.

Nebst einer breitflächig induzierten wirtschaftlichen Aufbruchsstimmung im ganzen Land (im Westen und Süden mehr als im Osten) hat der Marshall-Plan vor allem zwei entscheidende Wirkungen gezeitigt. Er hat erstens eine mögliche Teilung Österreichs verhindert. Und zweitens war er der Hauptantrieb der anlaufenden europäischen Integrationsbewegung und damit auch der wichtigste Hebel in der "Westeuropäisierung" Österreichs.

Der Autor ist Marshall-Plan-Experte und Institutsvorstand an der University of New Orleans.

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