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Österreichischer Bondmarkt - Quo vadis?
Die kurzen Geldmarktzinsen befinden sich unverändert auf dem Wege nach unten, die kapitalmarktrelevanten politischen Risiken sind ausgeräumt (EU-Referendum) bzw. minimiert (Wahlsieg Kohls), das fundamentale Umfeld hat sich zumindest nicht verschlechtert. Und dennoch: Die Lage des deutschen und österreichischen Bondmarktes ist prekär. Der Mix aus vollen Investmentbüchern, die größtenteils erhebliche Verluste ausweisen, negativem technischen Bild und hoher Verunsicherung (die teilweise auch die Fundamentaleinschätzung betrifft, z. B. Konjunktur- und M3-bezogene Inflationsdebatte) läßt kurzfristig wohl kaum jene Stimmungsänderung erwarten, die am Kassamarkt zu verstärktem Interesse führen würde. Weitere Rückschläge liegen daher durchaus im Bereich des Möglichen.
Risikofaktoren beachten
Über den kurzen Horizont hinausblickend, sind aber auch mittelfristige Risikopotentiale zu orten. Erwähnt sei an dieser Stelle aber nur die Zins- und Renditeentwicklung auf dem US-Kapitalmarkt, die wir als wichtigsten Risikofaktor ansehen (neben hohem Kapitalbedarf usw.). Nur bei der tatsächlichen Realisierung der generell erwarteten Wachstumsverlangsamung der US-Konjunktur auf ein inflationsverträgliches Ausmaß (das etwa dem Wachstum des Potentialoutputs von 2,5 Prozent entspricht), dürfte der Zinserhöhungsprozeß bei rund 5 Prozent (Dreimonatszinsen) abgeschlossen sein - und sich die Anleihen stabilisieren können. Die Gefahr liegt aber eindeutig darin, daß das Wachstum stärker bleibt; was deutlich höhere Geldmarktzinsen (5,5 bis 6 Prozent innerhalb der nächsten 9 bis 12 Monate) zur Folge hätte. Diesem Druck vom Geldmarkt könnte sich der US-Bondmarkt wohl kaum entziehen. Dies stellt andererseits einen klar negativen Einfluß auf die europäischen Bondmärkte dar. Unsere mittelfristige Einschätzung bleibt aber vorsichtig positiv. Die wichtigsten Argumente sind dabei:
1. Die gepreisten Erwartungen über die Geldmarktentwicklung (aus der Geldmarktzinskurve oder aus den Futures ablesbar) sind zu negativ: Kurzfristig minimal tiefere Geldmarktsätze, schon ab Herbst steigende kurze Zinsen! Gemessen an unserer Zinseinschätzung (Dreimonatsgeld im ersten Halbjahr 1995 bei 4 bis 4,25 Prozent) stehen daher spätestens im Herbst positive Überraschungen bevor.
2. Die steile Zinskurve erhöht nach Beendigung der Unsicherheitsphase unter cost-of-carry-Überlegungen die Attraktivität des langen Laufzeitsegments.
3. Die Position des realwirtschaftlichen Zyklus verlangt keine weiter steigende reale Verzinsung des Bondmarktes. Da die deutsche Inflation im ersten Quartal 1995 bei rund 2 Prozent (also 1 Prozentpunkt tiefer als derzeit) erwartet wird, eröffnet dies auch einen Renditespielraum nach unten.
4. Stabilisierung des US-Marktes bei dem best-guess-Szena-rio der erwähnten Wachstumsverlangsamung.
Lange Laufzeit nicht immer ideal
Wir erwarten daher ein Absinken der gesamten Renditekurve, wobei diese nicht wesentlich steiler werden sollte. Bei diesem Szenario ist auch klar, welches Segment nach Beendigung der Unsicherheitsphase den höchsten Ertrag abwerfen sollte, nämlich Anleihen mit längeren Restlaufzeiten.
Dies muß angesichts der gerade in den letzten Monaten deutlich vor Augen geführten Risikofaktoren, die insbesondere in diesem Segment schlagend werden, aber nicht jedermanns Sache sein. Jene Privatinvestoren, die ihr Kapital auf längere Sicht und insbesondere sicher plazieren wollen, sind schon jetzt bei den zahlreich vorhandenen SMR-Floatern besser aufgehoben. Wie eine Studie der GiroCredit Research jüngst darlegte, sind die meisten dieser Papiere darüber hinaus erheblich unterbewertet.
Mag. Gerhard Aigner GiroCredit Research
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