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Osterreich im Eilzugstempo

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Noch liegen nicht die Ergebnisse der Fremdenverkehrswirtschaft aus allen Bundesländern vor, aber die Wintersaison 1969 soll hinsichtlich der Nächtigungen um 5 bis 10 Prozent über dem Vorjahr liegen. Trotzdem machen sich Fremdenverkehrsfachleute Sorgen um die Zukunft dieses so bedeutenden österreichischen Wirtschaftszweiges. Denn trotz intensivster Anstrengungen, Österreich dem ausländischen Urlaubsgast länger zu erhalten, scheint sich immer mehr die Entwicklung für Österreich zum Transit- und Ausflugsverkehr zu ergeben.

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Noch liegen nicht die Ergebnisse der Fremdenverkehrswirtschaft aus allen Bundesländern vor, aber die Wintersaison 1969 soll hinsichtlich der Nächtigungen um 5 bis 10 Prozent über dem Vorjahr liegen. Trotzdem machen sich Fremdenverkehrsfachleute Sorgen um die Zukunft dieses so bedeutenden österreichischen Wirtschaftszweiges. Denn trotz intensivster Anstrengungen, Österreich dem ausländischen Urlaubsgast länger zu erhalten, scheint sich immer mehr die Entwicklung für Österreich zum Transit- und Ausflugsverkehr zu ergeben.

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Bereits im Vorjahr hatte die Kammer der gewerblichen Wirtschaft in Salzburg eine Broschüre herausgegeben, die sich mit dem Transit- und Tagesbesuchsverkehr ausländischer Reisender im Bundesland Salzburg beschäftigte.

Gerade der Transitverkehr bringt aber für die Fremdenverkehrswirtschaft in Salzburg, Tirol und Vorarlberg auf die Dauer gesehen viele Probleme. So fürchtet man,

• daß durch die Durchzugsreisenden nach dem sonnigen Süden die österreichischen Straßen verstopft werden,

• daß durch den Bau von Schnellstraßen und Autobahnen viele Reisende in einem Tag Österreich passieren und damit die Nächtigungs-ziffern zurückgehen,

• daß viele Erholungsgebiete durch den Massenverkehr in ihrem Ruf geschädigt werden und

• daß schließlich auch für die Verpflegung der Gäste auf „Stunden“ ernste Probleme entstehen könnten, da die an den Autobahnen gelegenen Restaurationen frequenzmäßig überfordert wären.

In Salzburg, wo man glaubt, von diesem Problem schon in den nächsten Jahren besonders betroffen zu sein, hat man daher im Vorjahr eine Befragung durchgeführt, die die Verhaltensweise der Reisenden in bezug auf Ausgabenhöhe, Ausgabenstruktur und Inanspruchnahme gastgewerblicher Einrichtungen kennenzulernen helfen sollte. Für Salzburg, das hinsichtlich des Umfanges der internationalen Reiseströme nur noch von Tirol übertroffen wird, ergaben sich dabei Ziffern, die zeigten, daß die Hauptinanspruchnahme eindeutig durch Transitverkehr erreicht wurde. Denn nur 6,2 Prozent aller nach Salzburg

Eingereisten gaben einen längerfristigen Urlaubsaufenthalt an, während 70,4 Prozent nur Durchreisende waren und 23,4 Prozent zu einem Tagesbesuch nach Salzburg kamen. Obwohl man in Salzburg auf den starken Ausbau der Autobahnen und Schnellstraßen größten Wert legt, fürchtet man nunmehr angesichts der neuen Saison, daß sich dieser

Zug dadurch noch verschärfen könnte und, daß der Ausländer dann nicht einmal mehr zu einem „kleinen Gulasch“ innerhalb der Landesgrenzen von Salzburg Station machen wird.

Aus diesem Grund wurde schon im Vorjahr von den Fremdenverkehrsorganisationen in diversen Bundesländern Aktionen unternommen, um entsprechende Attraktivitäten für längerfristige Aufenthalte zu schaffen. So

• plant man in Salzburg eine Aktion „Anschlußurlaub“, um dem Fremden vor Augen zu führen, wie gesund und schön nach dem Urlaub in wärmeren Mittelmeerländern ein Aufenthalt für mehrere Tage in der Umgebung der Festspielstadt sein könnte;

• die Tiroler, jahrelang auf den Wiener Gast nicht besondere erpicht,starteten in jüngster Zeit mehrere Aktionen, um auch Inländer in das schöne Land am Inn zu bringen, • und auch die Werbung von Kärntner Orten am Wörthersee, seit Jahren „bundesdeutsche Riviera“ genannt, um den inländischen Gast verstärkt sich zusehends. Denn zu diesen Sorgen, ein Transitland zu werden, kamen durch die schlechten Wetterzustände in der Hochsaison des Vorjahres — es gab zwischen 15. Juli und 10. September überdurchschnittlich hohe Regenfälle — im heurigen Jahr noch viele Abbestellungen von Stammgästen in den österreichischen Fremdenverkehrsorten nördlich und südlich der Alpen.

War man in Österreich seit Jahren bemüht, auch in kleineren Orten die Wintersaison auszubauen, so fürchtet man nunmehr, von dieser überrollt zu werden. Denn während die Winterergebnisse stark zunehmen, nehmen die Urlaube auf Dauer im Sommer eher ab. Der amerikanische Brauch, auf dem Europatrip ein bis zwei Tage in „lovely Austria“ Station zu machen, droht nunmehr als neue Gefahr auch auf Gäste aus anderen europäischen Ländern überzugreifen.

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