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Pension auf drei Säulen

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In ganz Europa ist ein allgemeiner Trend von der staatlichen zur beruflichen und privaten Altersvorsorge zu beobachten. Favorisiert wird das sogenannte „Drei-Säulen-Prinzip". Danach würde eine umlagenfinanzierte Pflichtversicherung lediglich den Grundbedarf der Pensionisten decken, der durch eine kollektive, obligatorische oder freiwillige Zusatzversicherung auf betrieblicher oder überbetrieblicher Ebene ergänzt wird. Schließlich bliebe es der privaten Initiative des einzelnen überlassen, ob er durch eine private Lebensversicherung für die Fortführung seines gewohnten Lebensstandards auch im Ruhestand Vorsorge treffen will.

Dieses System wird bereits in vielen westlichen Industrieländern angewandt. Wo die betriebliche Altersversorgung als zweite Säule schon fest verankert ist, dürfte ein geringerer Reformbedarf gegeben sein als in Staaten, die sich wie Osterreich auf das Umlagesystem stützen. So stellt beispielsweise die zusätzliche berufliche Altersvorsorge in der Schweiz und in den Niederlanden einen wichtigen Faktor dar.

Man schätzt, daß etwa 80 Prozent der Niederländer in den Genuß der sogenannten zweiten Säule kommen. Dadurch werden die demographischen Probleme entschärft. Die Schweiz wiederum ermöglicht seit kurzem die Verwendung der Gelder der beruflichen Vorsorge zur Finanzierung von Wohnungseigentum. In Österreich ist die zweite Säule noch wenig entwickelt: Nur 190.000 aktive Arbeitnehmer in österreichischen Unternehmen haben Anspruch auf eine Zusatzpension von ihrer Firma.

Die meisten Experten halten den allmählichen Übergang zum Drei-Säulen-System nicht nur für notwendig, sondern auch für nützlich, da das Kapitaldeckungsverfahren im Prinzip den Aufbau von Sparkapital begünstigt, damit Investitionen ermutigt, wodurch die Produktivität gesteigert werden kann. Es gibt einen größeren Kuchen, was auch der nichterwerbstätigen Revölkerung zugute kommt. Diese Überlegungen werden übrigens auch von der Weltbank geteilt, die in einer Studie eine Kombination zwischen Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren empfiehlt.

Österreich hinkt beim Ausbau der „Drei Säulen" nach. Dies hat weniger wirtschaftliche als mentale Gründe. Der Glaube an die Hauptverantwortung des Staates für das persönliche materielle Wohlergehen auch jener Bevölkerungsschichten, die keiner Hilfe bedürfen, ist in unserem Lande besonders ausgeprägt und wird von vielen Politikern oft wider besseres Wissen gefördert.

Dabei verfügt Österreich über ausreichende Freiräume für die notwendige Kapitalbildung zur Finanzierung der Alterssicherung. Österreich ist kein armes Land: Bei einem Bruttoinlandsprodukt von 2,3 Billionen Schilling, bei einem Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit von annähernd 1,2 Billionen Schilling, einem geschätzten Barvermögen von drei Billionen Schilling sollte es doch möglich sein, den schrittweisen Übergang zu einer Misch form der Altersversorgung zu schaffen, die durch eine obligatorische Sozialversicherung die Grundbedürfnisse jedes Bürgers zur Existenzsicherung garantiert, weitere Ansprüche jedoch auf die berufliche und private Vorsorge verweist.

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